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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 50-75 März
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Utidclberger Zeilung.

Kreislierküudigungsblatt fitr öen Kreis Heidelberg unö amtliches Äerkünüiguugsblatt sür üie Amts^ unü Ämts-
Gcrichtsbczirke Hcidclbcrg uud Wicsloch unü dcu Auitsgcrichtsbezirk Ncclargeiuiiuü.

Rk «L


Somitag, 18 März


18««.

* Politifche Umschau.

Heidelberg, 16. März.

* Jn den lctzten Tagen ist die Spannung
zwischcn dcn deutschen Hauptmächten in ver-
schiedcnen Organen wiederholt als sehr ernst
und keineSwegs als beendigt geschildert worden.
Prcußen soll im Bcgriffe sein, die deutsche
Fragc von Neuem anzurcgcn, und cS kommen
auf diese in der That die Bismarck'schcn Or-
gane in dcr neuesten Zcit wicderholt znrnck.
Wenn dicseS nun überhaupt einen praklischen
Sinn hat, so kann eS, Angesichts dcr schles-
wig-holstkinischcn Frage, nnr der sein, daß man
preußischer'eits, während die deutschen Mittel-
und Kleinstaaten in ihrer großen Mehrheit zu
Oesterreich halten, eine Spaltnng in diese, und
in DeiUschland übcrhaupt hineinwerfen möchte,
um die Bevölkerungen von der Negicrung zu
trennen, beziehungsweise um in dic Kraftent-
faltung dieser Staaten lahmende Opposition
zu bringen und sodann auch die schlcSwig-hol-
ftein'schc Frage — auf die es am Ende doch
hauptsächlich ankommt — zu der von Preußen
erstrebtcn Lösung zu bringen. Unter andern
Verhältnissen wäre dieser Plan viclleicht nicht
so ganz ungeschickt angelegt, abcr wird und
kann daö Ministcrium Bismarck dem dcutschen
Volke ein Parlament anbicten, und hat es nicht
zunächst dasür zu sorgcn, daß es vor Allcm
mit dem eigencn Parlamente, dcssen gercchte
Wüusche cs bisher auf die schnödeste Weise
mißachtet hat, inS Neine kommt? Jn den
nächsten Tagcn bereitS muß eS sich zeigen, ob
daS Kriegsgewitter, daö sich von Nenem in
Berlin zusammcnziehen will, mehr ist alö blauer
Dunst, der nur mit blindem Lärm erschrecken
will. Daß die Spannung zwischen den bciden
Großmächten übrigens in eincn offenen Bruch
überzugehen drohe, wird durch eine Corrcspon-
denz dcs „Ftkf. I." auS Wien vom 14. eini-
germaßen glaubhaft gemacht. Jn dersclbcn heißt
cs: Die hiesigen und auswärtigen Blätter,
welche die Situation zwischen Oesterreich und
Prcußcn für imbedcnklich ansehen, laufcn Ge-
fahr, sich höchlichst zu irren. Es ist durchauP
keine MaSkerade, die sich in diesem Momente
zwischen Berlin und Wien abspiclt, um, wie
vereinzelte Stimmen auftauchcn, angebliche ge-
heime VerständigungSverhandlungcn zu dccken.
Wir könncn auf Grund durchans authentischer
Winke vcrsichcrn, daß ein Moment des tiefsteu
Ernstcs eingetreteu ist; ob auf Grund einer

Schwurgerichtsverhandlungen.

Mannheim, 14. März. Die erste Vierteljahrs-

Zwei Hauptgesckworene, die ausgeblieben sind, wur-
den wegcn Krankhcit entschuldigt. Ein dritter wurde
auf sein Ansuchen wegen eines körpcrlichen Gebrr-
chens der Dienstlristüng als Gcschworener enthoben.
Den Gegenstand der heutigcn Verhandlung bildcte
die Anklage gegen den lebigen, 26 Iahre alten
Maurer Martin Sack von Oberlauda wegen ge-

weife mittelst Aufbrechens eines SchreibpulteS, ent-
wendrt zu haben. Ferner lagen dem Angeklagten zwei
«ritere gcmeine Diebstähle von Geld im Betrage von
etwa 10 fl. zum Nachtheil drS KaSpar Wolbert in
Krauthrim und deS Wilhrlm Ruppert in Wölchin-

hiehcr gelangten preußischen Eröffnung bedenk-
licher Art, sind wir augenblicklich noch nicht in
der Lage anzugebcn , wohl aber erfahren wir,
daß plötzlich eine militärische Disposition von
d'er größten Tragweite gelroffen wurde, wclche
anf nichks AndereS alS eine bis zum Neißen
gcsteigerle Spannung zwischen dcn deutschen
Großmächten deutet. Machen Sie sich darauf
gefaßt, in dcn nächsten Tagen von großarligen
öslerreichischen Mililärbcwegungen zu hören,
die diesmal in der Nichtung gegen die preußi-
schen Grenzen zu erfotgen werden." So un-
verdächtig die Quelle auch sei, so könne eS, be-
mcrkt das „F. I ", jedoch kcine Bürgschaft für
diese allarmircnde Nachricht geben.

Zuchlhaus bis zu zehn Zahren — daS ist
also nach dem gestrigen Telegramm aus Schles-
wig die Vorschulc, in welcher die Schleswig-
Holsteiner znr besicrn Einsicht über ihr wahres
Wvhl gcbracht werden sollcn. Wahrlich, die
Ungejchicklichkeit. einer StaatSleitung, wclche,
um politische Erfolge zu erringcn, kcine an-
deren Mittel kcnnt, als die politischen Gcgner
einzukerkern, muß zu cinem hohen Grad ge-
diehen scin. Es ist nur gut, sagt der „Schw.
M.", daß eS keine so großen Zuchthäuser gibt,
um eine ganze Bcvölkerung darin einznsperren.
Denn bahin hat eS in der That die preußische
Vcrwaltung in Schleswig gebracht, daß dieje-
nigcu Schleswiger faft an den Fingern abzu-
zählcn sind, wclche, über die Mißgriffe der
Werkzeuge der preußischen Negierung wegsehend,
ihte Ucberzcugung von dcr Nothwcndigkcit dcs
Anschlusscs an den prcußischen Staat festhaltcn.
Man darf billig fragen, ob denn gegen dicje-
nigen preußischcn StaatSmänner, welche seiner
Zcit der Ncgierung angerathen habcn, auf der
Londoner Confercnz dcn Herzog Fricdrich für
dcn bestberechtigten Prätendenten auf den schles-
wig-holsteinischen Thron zn crklärcn, keine
pcinliche Untersuchung eingeleitet werde. Seit-
dem haben freilich die preußischen Krynjuristen
die bessere Berechtigung anderer Ansprüche be-
hauptet. Und was Kronjuristen finden, daö
muß wahr sein, und wcnn eS auch crwiescn
ist, daß noch zu jeder Zeit die Kronjuristen
eineS jeden StaatS die ausschließliche Necht-
mäßigkeit hcssen gefunden haben, waS sie auf
Gcheiß ihreS Staats im Jntereffe dcffelben
für rechtmäßig findenmußtcn. Währcnd Prcnßen
im Ningen mit Oesterreich von einem Erfolg
noch so weit entfcrnt ist als je — wiewohl bei dem

gen zur Last, welche gleichsalls im verflossenen
Spätjahr verübt wurden. Der Angrklagte stellte
den 'zulept erwähnten Diebstahl vollstänbig in Ab-
reve, während er die übrtgrn zugestand und nur
hinsichtlich des BetrageS ber Entwendungen in eini-
gen Punkten von brr Anklage abwich. Nach dem
Wahrspruch der Geschworenen wurde er indessen
vollständig im Sinne der Anklage für schuldig er-
klärt und demgrmäß zu riner Zuchthaussirafe von
4 Iabren und zur Stellung unter polizeiliche Auf-
sicht auf die Dauer von 1 Iahr verurtheilt. (L.-Z.)

Stuttgart, 10. März. „G. Werner, Besitzer
deS zoologischen Gartens in Stuttgart, 5 Secun-
den im Löwenrachen. Von ihm selbst grschrieben,"
so ist folgender Artikel in der diesen Abend erschie-
neNen „Bürg.-Ztg." überschrieben: „Am 22. Dec.
1865 trat ich während der Nachmtttagsfütterung
meiner Thiere in die Nähe des Löwenkäfigs, wel--
cher von Zuschaurrn umstellt war. Der Löwe nickte
bet meinem Trscheinen mehrere Male mlt gerun-
zelter Stirn bösartig gegen mich, welcheS ich als
sein längst bekannter Bändigrr nicht rrtragen konnte;
ich trat trotz drr gefährlichrn Stimmung deS Löwen

Charakter der österreichischen Politik jcder Tag
hierin einen Wechsel bringen kann — wirft cs
sich auf einen ihm preisgegebenen machtlosen
polilischen Gegner, um an ihm cine fast per-
sönliche Verstimmung übcr dcn Mißcrfolg im
Großen auszulasscn. Jst daS staatSmännische
Größe, ist es auch nur politische Klughcit?

Die „Allg. Ztg." kommt iu ciner Betrach-
tung über die Aufgabe BayernS zu dem Schlusse,
daß dessen Bestrebcn dahin gehen sollte: Bil-
dung eineS engern BundeSstaats der Mittel- und
Kleinstaaten, geeignet, sofort mit den Groß-
staatcn oder einem derselben in einen Staatcn-
bund zu treten, geeignet aber auch, mit der
Zeit sich mit dcnselben oder eincm dcrselben zu
einem Bundesstaat zn vcreinen. DieseAnfgabe
zu erfütten, habe Bayern heute noch die Macht.
Es müßte sie jedoch ergreifen mit offenem Vi-
sir, mit Aufgebung jedes VergrößerungS-Ge-
dankenS, mit Annahme deS fast von allen mit-
tel- und kleindeutschen VolkSvcrtrctuugcn scit
Jahren ausgcsprochenen, ticf im Volke wur-
zelnden Verlangens eineö dcutschen ParlamentS.
Der Mittcl- und Kleinstaaten, wclche es wa-
gen könnten, einem solchen Aufruf nicht zu fol-
gcn, werden wcnige sein, und diese entbehrt
werden könncn. Der Versuch würde gelingcn.
Gelänge er aber auch nicht — das Eine fteht
fcst: Bayern wird burch denselbcn seine Macht-
stellnng und sein Ansehen in Dcutschland nicht
verringern."

Eine Depesche der „Hamb. Nachr." aus
Frankfurt meldet, daß nach einem aus guter
Quelle kommenden Londoner Tclegramm Lord
Clarendon einc Note nach Berlin gerichtet habe,
worin er der preußischen Negierung die schwere
Verantwortlichkeit für eine evcntuelle FricdenS-
stürung zu bedenken gibt. Die Wiener „De-
batte" meldet daS nämliche.

Nach der Berliner „Börs.-Ztg." ordnet eine
Verfügung des preußischen KriegSministerS die
Armirnng der schlcsischcn Festnngen an. — Ge-
neral Podbielöky, während des dänischen Kric-
gcs Chef dcs GcneralstabS, wurde zum Dircc-
tor dcs allgemeinen KricgSdepartements ernannt.
— Graf v. d. Goltz kommt nicht nach Berlin,
sondern vcrblcibt in Paris.

Die Wiener „N. fr. Pr." bezeichnet daS
Endresultat der in der österr. Hauplstadt ab-
gehaltcnen Marschalls-Sitzungeu als das Be-
reitsein auf alle Eventualitätcn. Fcrner sührt
dasselbe Blatt aus, daß das schleswig'jche Kö-

mit Peitsche versehen in seinen großen Käfig. —
Dressurgemäß sprang derselbe mir schon mehr alS
hundert Mal, während ich mich auf etne dazu er-
rtchtrte kleine Bank setzte, über mcinen Nacken.
DieSmal kam es anderS, anstatt auch nur einen
gehorsamen Sprung zu machen, kam der Löwe aus
einem Eckplatz hervorgrsprungen, faßte mich so
rnergisch mit dem Nacken von oben herab am rech-
ten Schnlterblatt, lüpfte mich in die Höhe bis in
die Mitte des Käfigs, schüttrlte mich gleich einer
Rarte bis auf drn Boden nieder, wo er mich, ohne
den ersten Biß loszulassen, mit drr rechten Vorder-
tatze zwischen die Schultcrn tief rinschlug, dke linke
Tatze srtzte rr auf meinen rechten Schenkel. Der
Löwe, nun seinrr Beute sicher, biß mein Schulter-
blatt in Stücke, wclchcs Krachen mir den Glauben
machte, daß kcinerlei Rettung mehr möglich sein
könne, als den Versuch zu machen, meinen Kopf
zwischen drm Rachrn und der rechten Tatze in mei-
ncr auf dem Gesicht liegenden Strllung durchzu-
drangen, um sein rrchteS, mir noch nächststehendeS
Auge zu erreichen, was mir mit LebenSgefahr ge-
lang. Ai'g' an Aug' schrie ich ibm sein bekannteS
Eommandowort (Mustapha) in das Gesicht, in
 
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