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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-25 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0090

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so viele außerordentliche Attforderüngen an die
StaatSkasse. bezichungSweise an den Beutel der
Bürger, nothwe^dig werden, um unser öffcnt-
liches Lcben nach seinen uothweildigen Bedürf-
nisien zn vervollsländigen, erschien-eS der Ma«
jorität.dcr VolkSvertretung nicht an der Zeit,
, durch übermäßige Bautcn, wie wohl gemeint
sic ihrcm Zwecke nach sein mögen, die öffent«
lichen Mittcl zu erschöpfen, wcnn nicht daS
unumgängliche Bedürfniß der Sache klar nach-
gewicsen sei. DicS war nach den der Kammcr
gemachten Vorlagen keineSwegS der Fall; na-
mentlich war nicht nachgewiesen, daß nicht ctwa
durch wcitere bauliche Vcrbcsserungcn der Pforz-
heimer Anstalt vorerst dcm wirklichcn Be-
darf entsprochcn wcrdcu könne. Hierzu hat
denn auch die Kammer dcr Regierung cine
hinlängliche Summc zur Vcrfügung gestellt.

Jndesicn ist der alrc Plan, wenn auch iu
etwaS crmäßigter Form, von dcn Vorständen
unserer Jrrenanstalten wieder aufgegriffen wor-
den. Jn einer' erst kürzlich zu Karlsruhc in
der Müller'schen Hofbuchhandlung erschienenen
Broschüre versuchen die Vorstände der Anstal-
ten zu Jllenau und Pforzheim, Dr. Noller
und Dr. Fischer, den altcn Plan mit Wärme
und Geschick zu rechtfertigen und dcsien Aus'
führnng alö dringendeS Bedürfniß darzustcllcn.
Wir sind weit entfernt, mit diesen Fachmännern
unS in einen Streit eiuzulassen; wir zollen
ihrcn edlen Motivcn unserc volle Anerkennung.
Die cigeutliche Frage ist nur über das Mehr
odcr Minder, und ob es bei den gegenwärtigen
vielcn und großen Antprüchen, bie an die
StaatSkasse, namentlich jetzt auch im Jnteresie
der VolkSschule, geschehen, nicht gerathen sei,
sich zu mäßig?n, mit dem Kleinern anzufangcn
und dann allmälig zum Größern fortzuschrei-
ten, je nachdem daS Bedürfniß sich heraus-
siellt.

Da die Sache auf gegenwärtigem Landtag
wieder zur Sprache kommt, und zu irgend einer
dcfinitiven Entscheiduug gefühpt werden muß,
so wollen wir zur Vergleichung und zur Be-
urthcilung dcr Stellung unsercS LdndeS auch
nach dieser Seite des siaatlichen Lebens zu an-
dern Ländern cinige statistische Notizen an-
führen.

Würtemberg mit 1.720.000 Einwohnern hat
zwci Anstalten, zu Winnenden und Zwiefalten,
zusammcn für etwa 280—300 Kranke. Bcs
schlosien ist dort eine wcitcre Anstalt für 300
bis 400 Kranke. Das Großherzogthum Hessen
mit 856,000 Eiuwohnern hat zur Zeit nur eine
Anstalt in Hofheim für ctwa 350 Kranke.
Eine weiterc Austalt ist zu Heppenheim im
Bau begriffen. Baicrn mit etwas mehr als
5*/z Milk. Einwohnern besitzt zwar 12 öffent-
llche Anstalten, sie sind aber so beschräukt, daß
sie nur für die Aufnahme von etwa 1600
Kranken Nanni bictcn.

Die beiden badischen Anstalten, Zllenan und
Pforzheim, bietcn hinrcichcnden Raum zur Auf-
nahme von 950—lOOOKranken. Hieraus geht
hervor, daß Baden nach seincr gcgenwärtigen
Seelenzahl auch in dicser durch die Humanität
gebotenen' StaatSfürsorge für die unglücklichste
Klasie unserer Mitmenschen zur Zeit noch im-

* Theater.

auf unserer Bühne einrn großen Erfolg crrungen
und dürfte sich ebenfalls zu einem Lassastück für
die dieSjährige Saison gestalten. Wir haben hier
ein wahrcS Volkssiück vor uns, voll spannender
Handlung. Die Aufführung war eine gänz vor-
treffltche. Das Stück wurde nach der Berliner Ein-
richtung in 4 Acten gegebcn, was jedenfalls dem
Ganzen zum Vortheil gereicht. Mit. Spannung
schen wir einer Wiederbolung entgegen. — Mor-
gen kommt Bellini's „Norma" zur Aufführung,
und wir'können dte Theatcrfreunde mit Rccht aUf
die bedeutende Lcistung des Fräul. Pichon in der
Titelrölle aufmerksam machen. — Eine neue rei-
zrnde Oper von Franz von Suppse „das Pen-
sionat" ist in Vorbereitung.

Auflösiing des viersilbigen Näthsels in Nr. 19.
Menschenfresser.

mer andcrn deutschen Mittelstaaten gegenüber
die erfte Stcllc einnimmt.

X Vorn Hotzenwalde, im Jan. Daß
die Ultramontanen bei unö kein Mittcl schcuen,
um Unwahrheiten, Trng und-Entstellung, alS
ihrcn Zweck heiligendc Mittel, in ihrcm Organ,
dem berüchtigten „Säckinger Trompeter", auö-
streuen zu können, wollen wir beweisen. Zu-
erst brachte diescS sanbere Blatt eine Darstel-
lnng dcr badischen SlaatsauSgabcn und stcllt
dabei die Finanzwirthschaft der gegcnwärtigen
Negierung als eine unvernünftige und ver-
schwenderische hin (Nr. 121.) Die Wahrheits-
liebe scheint dabei von dem geisilichen Einsender
nichts weniger als beachtet worden zu scin,
uud doch will er an Gottes Statt Sünden ver-
geben.

Jn Rr. 143 bläst er über Hrn. KreiSschul-
rath.Blatz eine Lüge in die Welt hinauS,
welche wir in diesem Blatte (Nr. 300) schon
als unverschämt bezeichneten, worauf die trom-
peterischc Redaction den Bewcis liefcrte, daß
sie jeden Schamgefühlcs ledig sei.

Jn Nr. 150 fährt dieses Heldenblatt über
Herrn Geh. Nath Dr. Bluntschli her,
dricht mit jesuitischem Hasie den Stab über
diesen geachteten Mann wegen cinnn Buche.
Hr. Bluntschli hat in öffentlichcn Blättcrn jeden
Vcrdacht der Autorschaft von sich entfcrnt,
jeder denkende Mensch hat die Ueberzcngung
gewonnen, daß hier -eine Namcnsähnlichkeit
vorherrscht und Herrn Geheimerath Bluntschli
eine Unbill wiederfahrcn ist. Aber dicseS will
der Trompeter nicht gestehen, denn er schwört
nicht höher, als bei dcm Gz;undsatz: „Der Zweck
heiligt die Mittel". *

Des TrompeterS Treiben bei der Abgeord-
neten-Wahl wollen wir mit Stillschweigen über-
gehen, weil die ultramontane Ehrcnhaftigkeit
zn grell an daS Tagcölicht tritt. Nur die
Zwanzig-Frankcn-Geschichte werden wi'r später
beleuchten. Vorerst soll die Stiftungs-Nevision
diese L-ache bereinigen.

Duistzurg, 21.Jan. Dic auf heute än-
beraumte Centralvcrsammlung des ullgemeinen
deutfchcn ArbeitervereinS sür Nheinland und
Wcstphalen ist durch Verfügung des hiesigen
Lanbrathamtcs vcrbolen und dt^ hicsigc Zweig-
verein des Arbeitervereins aufgelöst worden.

Berlin, 23. Jan. Jn die Commission für
den Antrag des Abg. Virchow betreffs Lauen-
burgs sind folgende Mitglicder gewählt: Gncist,
Techow, v. Mittelstedt, Dahlmann, Parrisius
(Gardelegen), Frech, Dnncker, Häger, Twesteii,
Dr. Bender, v. Kirchmann, Asmann, Schulze
(Berlin), Pauly.

Braunschweig, 18. Jan. Dcr Ausschuß
der Landesverjammlung hat die Vorlage der
Ncgierung, den Handetövertrag zwischen vem
Zollverein und Jtalien mit der Klauscl, daß
die Annahme deS Vertrages die Ancrkennung
deS Königreichs Jtalien in sich schließe, ange-
nommen.

Altona, 23. Ian. Die Masicnversamm-
lung der Schleswig-Holstein-Vereine und der
Kampfgenosien war sehr stark besucht. Auf
dcr Tagesordnung stand: Besprechung der po-
litischen Lage des Landes. Nesolutionen durf-
ten nicht gcsaßt werden, dä dcr engere Ausschuß
der Schleöwig-Holsteinvercine, dessen Präsident
den Vorsitz in der Versammlung führte, sich
der-Landeöregierung gegenüber dazu verpflichtet
hatte. Die Herrcn Müller und Kolb auS Frank-
surt, Mctz ans Darmstadl und PreetoriuS aus
Alzey wurden vom Präsidenten bewiükommt,
von der Versammlung jnbelnd begrüßt. Die
Nednerbühne war mit der Büste des HcrzogS
geschmückt. Nachdem mehrere Nedner gcspro-
chen, betritt Hr. Metz dic Tribüne und belobt,
forlwährend vom Jubel der Bcrsammlung un-
tcrbrochen, die Haltung der Schlcswig-Holstcin-
Vereine, betont die Nothwendigkcit, ein deut-
sches Parlament zu erwirken, und hofft, daß
mit GolteS Hilfe die verachtcte öffentliche Mei-
nung zu einem Strom anschwellcn werde, der
Jnnkerthum und Despotie niedcrreißt! Mehrere
Redner dringen auf Einberufung der Stände,
darunter Hr. Riepen aus Ncumünster, welcher
unter großcm Beifall dcr Vcrsammlung aus-
ruft: „Die Bundesgroßmächte können mit uns
nicht wciter, und wir wollcn mit dcn BundeS-
großmächten ntcht weiter!" Hr. Guirlitt aus
Husum brachte cin Hoch auf den Herzog aus.

EinTelegramm an den anwesendcnHrn.Sam-
mann aus Tönningen benachrichtigte diesen,
daß er und sechö andere Mitglieder deS dorti-
gen Deputirtencollegiums entlasien seien. Als
Grund der Entlasiung gab Herr Sammann
sclbft an, daß die Dcputirten untcr Andercm
ncuestcns gcgcn cinen Erlaß hcs Gouvcrncurs
fich erklärt hatten. Die Versammluug schloß
mit einem Hoch auf die vier Gäste.
Frankreich.

Paris, 23. Jan. Jn der hcutigen Siz-
zung des gesetzgcbenden Körpers hielt dcr Prä-
sivent WalewSky seine EröffnungSrede. in wel-
cher er des Hrn. v. Morny gedachte und anch
die Thätigkeit des Hrn. Schneider lobcnd er-
wähnte; er vcrtrauc anf die Mäßigung der
Kammer, und hoffe seine Mitwirkung werde
die Freiheit dcr gcwissenhaften Meinungsäuße«
rungcn bcschützcn.

Jn der französischen Akademie ver Wisien-
schasten wurde ein Vortrag über Cholera ge-
halten und die Behauptnng anfgestellt, sie ent-
stehe aus eincm geflügelten Thierchen von mi-
kroscopischer Größe, das in sumpfigen Gegenden
zu ftnden sei; einige Exemplare dcs ThierchenS
sollen demnächst vorgelegt werden.

L p a n i e n

Prim hatte, wie die „Patrie" mittheilt, nur
noch 350 Mann bei sich, als er die portugie-
sische Grenze überschritt; die übrigen von den
800, die ihm von Aranjuez und Ocagna ge.
folgi waren, hatten sich aus dem Marsche un-
Lerworsen oder waren von den königlichcn Trup-
pen gefangeu genommcn worden. Prim nnd
skine Leute wurden von einem portugicsischen
Regimente in Empfang genommen. Es rburde
Prim, der seh^ nicdergeschlagen und ermattet
schien, erklärt., daß er sich in Portugal nicht
anfhalten dürfe. Er verlangte, daß man ihm
gestatte, sich auf dem französischen Paketboot
einzuschiffen; es wurde khm erwidert, daß die-
seS Schiff schon.abaefahren sei; er möge fich
aus dem englischcn Dampfer von Southampton
einschiffen, von wo er sich ja hinbegeben könne,
Lvohin es ihm beliebe. Die Leute Prim's wer-
den bis auf Weiteres in Portugal intcrnirt.
— Das „Eco del Pais" erzählt dic Umstände,
die ven Tod des Admirals Pareja begleiteten,
fol'gendermäßen. Diescm Blatte zusolge hätte
der Admiral zuerst vom noVdamerikanischen
Consul , der ihm einen Besuch gemacht 'hatte,
das Gerücht der Wegnahme der „Covadonga"
vernommen. Am nächstcn Tage kam derselbe
Consul wieder nnd zeigte dcm Admiral Pareja
die chilenischen Blätter, welche die Wegnahme
der „Covadonga" -meldeten, und die Ein^elhci-
ten derselben angabcn. Pareja setzte seinen
Spaziergang auf dem Verdeck deS Schisies mit
dem Consul noch einige Zeit fort. ohne durch
seine Physiognotnie oder durch Worte irgend
seincn verzweifelten Entschluß blicken zu lassen.
Als dcr Consul ihn allein ließ, ging er in
scine Cajüte und crschoß sich. An der Wand
hatte er ein Papier bcfestigt, worin er darum
bat, daß man seinen Leichnam nicht in chile-
nischeS Gewäsier versenken möge. Diesem
Wunsche ist denn auch pünktlich Folge gegeben
worden. ^

A m e r t k a.

Newyvrk, 10, Ian, DaS „amrrikanische
Kind", daS „vom Usnrpator Atcxico'S abge-
fangen" worden sein soll, ist daS Kind vo»
Madame Zturbide, das Maximiiian zu adop-
tircn und jo zum Prinzen und mericanischen
Thronfvlger zu erheben gedenkt, DaS Abge-
ordnetenhans hat nun verlangt, zu wissen, waS
in dieser Sache ScitenS der Ver, Slaaten ge-
schehen, und ob denn nicht an den „Usurpator"
dic Forderuug gestellt worden sei, jcneS Kind
scincr Familie wicder auSzuliefcrn,

Neuestc Nnchrickten.

Berlit», 24, Jan Die „Provincialcorrc-
spondcnz" crklärt, daß der Ansprnch dcS Ab-
gcordnetcnhauscS, die Laucnburgischc Fragc in
den KreiS sciner B'crathungen zu ziehen, Sei-
te»S dcr' Regierung als verfassimgSwidrigcr
Eingriff in die Nechte deS Köiiig« gcbührend
werde zurückgciviescn werdeli, Dasselbe Blatt
steht in dcr sranzösischcn Thronrcde eineii Wider-
! spruch gegen die in östcrreichischen Blätlern
 
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