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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-25 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0094

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begründeten Vertraucn, das Baden auf dem
großcn Geldmarkt im Allgcmcinen genießt,
meist zu 3^/r pCt. erhalten; nur dcr wcit ge-
ringereSchuldtheil ist mit L pCt zu vcrzinscn.
Im Durchschnitt erfordert unsere Eisenbahn-
schuld cine Verzinsung von 3V» vom Hundcrt.
Vergleicht man nun diesen ZinS mit dem Er-
trägniß der Eiscubahn, so ergibt sich immer-
hin noch cin erkleckliches Mehr zum Vortheil
unserer öffcntlichen Einnahmeu oder der StaalS-
kaffe überhaupt.

Dabei siud aber noch vor Allem in Nech-
nung zu zichcn die großen Wohlthaten, die der
erleichterte und wohlfeile Verkchr, den die Ei-
senbahnen jcdem Einzelnen bieten, in wirth-
schaftlicher Bezichung Iedem und Allen zusam-
men bringcn,- Vortheile, die nicht hoch genug
anzuschlagcn sind. Uebcrdies hat eine zahlreiche
Klasse vou StaatSangehörigen bei dem Eiscn-
bahnbau und Eiscnbahnbetrieb thcils vorüber-
gehend, theils lebenSläng^ich gewinnbringende
Beschäftigung und ein genügcndcS Unterkommen
gefunden.

Vom Ncckar, 24. Jan. Die Ver-
handlnngen der Vcrtreter der Negicrung und
deS Oberschulraths mit den Bcauftragten der
beiden Kirchen in Betreff des den Kammern
vörzulegenden Schulgesctzes sind nun bcendigt
und haben, wie man versichert, zu cinem bc-
friedigenden Ergcbniffe geführt. Der Entwurf
soll hicrnach die Confessionsschule zwar als
Grundsatz aufstellen, jedoch mit dem Zugcständ-
niß an die Gemeinden, gemischte Schulen ein-
zuführcn, wenn die Mehrhcit der dabei bethei-
ligtcn Confessionsgemcinden sich dafür entschei-
det. Wir glauben, daß bei den so weit auS-
einandergehenden Wünschen der extrcmen Par-
leien durch jene Bestimmung allen billigen
Erwartungen Ncchnung gctragen und nach
keiner Seite hin dem Gewissen ein Zwang
angethan sei. Der „Mannh. Anz." ist zwar
der Meinung, daß für die Communalschule
wcnig AuSsicht vorhandcn sei, weun eö der
Hartköpfigkeit einer viclleicht kleinen Confes-
sivnsgemeinde möglich gemacht werde, daS Zu-
standekommcn derselben zu verhindern. Aüein
wenn diescr Fall, der viclleicht zu bedaucrn
sein mag, eintreten sollte, so liegt die Schuld
nicht am Gcsctze, welchcs die Wahl freistellt,
sondern an dcm bcschränkten geistigen Horizont
der Gemeinde, deren „Hartköpfigkeit" immerhin
eine gewiffe Schonung verdieut uud fcdcnfalls
nicht durch ein Dictat cntfernt wcrden kann,
sondern nur allmälig der Macht der Wahrheit
weichen wird. Wenn der „M. Anz." an die
Stelle jcner Bestimmung die andere setzen
möchte, daß die politische Gemeinde über jene
Frage abzustimmcn habe, so müffen wir dage-
gen bemerkcn, daß dicscs mit dem dem Gesetz-
entwurf zum Grunde licgenden Priuzip im
Wideripruche stehcn würde; denn so lange die
ConfessiouSschule zu Nc'cht besteht, muß eine
Abweichung vvn dieser Ordnung auch der freien
Entscheidung der Confcssiousgemeiuden anheim-
gestellt und kciner dcrsclbcn darf in ihrcr Ucber-
zcugung dnrch einen Majoritätöbcfchluß der
politischen Gemeinde zu nahe getretcn werden,
zumal da auch das confcssionelle Schulvermö-

ken klebten, dann 138 Couverts, gleichfallS mit !
den Marken darauf. Br. sowohl als ein fünfzehn- !
jährigrr Verwandter, den rr als Mitschuldigen !
angab, wurden verhaftet, und gestand drr Letztere !
sogleich die von ihm begangenen Entwendungen '
von Briefen ein, sowie daß er das Geschäft schon
seit dem August vorigen Iahres getrieben habe. !
Die Entwendungen hätte er immer Abends in der !
Stundc zwischen 7 und 8 Uhr, wo die Briefladen ?
am gefülltesten sind, ausgeführt, die Marken mit
Wasser abgcweicht, sie getrocknet und neu gummirt.

Darmftadt, 17. Jan. Man erzählt sich hier
folgendes nette Geschichtchen. Lin hiesiger Beamte
crhiclt von einem auSwärts wohnenden Bruder eine '
auSgezeichnete Cervelatwurst zum Präsent über-
schickt. Die Furcht vor Trichinen veranlaßte jcdoch !
die zärtliche Gattin auf das Bestimmteste zu er- !
klären, daß dte Wurst nicht in der Famtlie ver- ?
speist werden dürfte, es sei'denn, sie set zuvor mi-

gen, dem Enlwurf zufolge, vorerst noch forlbe-
stchen sell und es milhin alS eine nicht zu
rcchlferligende Vcrgewalligung ciucr Gemeinde
erscheincn würde, wenn man sie zwingen wollte,
jhre Millcl sür eine Anstalt hcvzugeben, die
sie nicht gewollt hat. Einscnder dieseö ist auch
für die Communalschule, wcil cr übcrzeugt ist,
daß nur durch sie die Aufgabe der Volksjchule
in unserer Zeit vollständig gelöst werden kann.
Allein wir achtcn auch dic der unsrigen entge-
genstchcnde Ucberzeugung, und haltcn eS für
cbenso unrccht als unmöglich, die unsrige Je-
manden aufzuzwingcn. Es liegt im Jnteresse
deS auf freihcitlichen Grundsätzcn ruhenden
'Ncchtsstaateö, .daß in ihm „Jeder nach seiner
Faoon selig werde", bis daß Alle in dcn voll-
ftändigen Besitz der Wahrheit kommen und nur
durch sie beseligt sein werden. Darum nur
Geduld! Dieselbe Sonne, welche znerst nur die
Gipfel der Berge erleuchtet, wird, wcnn sie
hoch am Himmel steht, auch in die Ticfe der
Thäler ihre Strahlen senden; und der Mensch,
der Anfangs ein Kind war und kindische An-
schläge hatte, wird schon von selbst die Neise
deS männlichen AltcrS erreichen. Dem Kinde
aber, statt Milch, starke Spcise aufnöthigen zu
wollen, ist wider die Nalur ünd dieut nicht
zur Gesundhcit.

Freiburq, 24 Jan. Vor dem hiesigen
Kreis- und Hofgericht kam hcute die Anklage-
sache des Gr. Eisenbahninspcctors Hrn. Bürk-
lin gegcn den vcrantwortlichen sttedacteur des
BeobachtcrS Hrn. Berberich zur Verhandlung.
Bckanntlich hatte der bad. Beobachter im vo-
rigen Jahre in einem Artikel, alS dessen Autor
sich dcr anwesende Hr. Berberich bekannte, gegen
dcn Aufsatz „Peterspfennige" in der „Lahrer
Dorfztg." höchst verletzende Aeußerungen anze-
wandt, in dcnen der Verfasser der „Peters-
pfennige", Hr. Bürklin, eine Ehrenkränkung
seiner Person fand unv beantragte dersclbe,
vertreten durch Hrn. NechtSanwalt Näf, eine
dreimonatliche KreiSgcfängnißstrafe. Dcr Ge-
richtshof nahm an, daß in zwci Sätzen des
incriminirlen Artikels eine Ehrenkränkung 'ent-
halten sei und verurtheilte den Beklagten zu
einer, auf der Festung zu erstehenden, 14tägi-'
gen Gefäugnißstrafe und zur Tragung der
Koften.

StUttgart, 25. Ian. Die Stuttgarter
Kohlenconferenz ist am Widerstand BadcnS ge-
schcitert. Weder dcr Pfennig-Tarif noch eine
einheitliche ExpeditionS-Organisation ist erreicht
worden. (N. F. Z.)

Ulm, 22. Ian. Auf die Beschwerde deS
hicsigen Volksvereins gegcn das Festungsgou-
vernemcnt ift vom Ministerium die Anordnung
des GouvernementS aufgehoben worden, n»ch
welcher der Volksverein von jcder seiner Vcr-
sammlungen dem Gouvcrnement Anzeige machen
sollte.

Berlin, 24. Ian. Jn dem Etat dcs Mi-
niftcriums deS Jnncrn erscheinen wiederum
26,200 Thlr. DispositionSfondS und 35,000
Thlr. gehcime Ausgaben im Intercsse der Po-
lizei. — Nach dcm Budget sür 1866 besteht
daS preußische GcsandtschaftSpersonal gegenwär-

kroskopisch untersucht worden. Der Gatte folgte der
Anorbnung und ltrß dir Wurst untersuchen. Sie kam
auch bald mit dem schrrftlichenBrscheid zurück: „Tri-
chinenfrri" — unb dabei lag eine Nota, lautend:

„Für mikroskopische Untrrsuchung einer

Crrvelatwurst.1 fl."

Einen Gulden war bie ganzr Wurst nicht werth;
dies wußte bte gute Hausfrau, und ihr Spar-
samkeitsgrfühl trieb sie daher an, jetzt erst nicht
das Vrrzehren der Wurst'ZU erlauben, sonbern sie
verlangte, daß dcr Nota-Äussteller durch Rücksen-
dung dcr ganzen Wurst für seine Bemühungen
bezahlt wrrden sollte. Der Gatte folgte anch dies-
mal; der Nota-Aussteller accrptirte jedoch bie Wurst
nicht, unb so wanderte sie einigemal hin und her,
bis endlich von der erzürnten Frau ber Magd der
bestimmte Befehl gegeben wurde, die Wurst —
falls der Nota'Aussteller sie durchaus nicht accep-
tirru wollte — bei ihm auf den Tisck oder Stuhl
zu legen. Wie geheißen, so geschah es. Die Wurst
wurde auf einen Stuhl gelegt, wobei jedoch ber
Nota-AuSsteller auf das Positivste erklärre, er be-
trachte die Wurst als für ihn nicht eristirend. So
dachte aber der im Local befinbliche Jagdhund
nicht, sondern eroberte sich das corpus äelieti und
verzehrte es als „trichinenfrci" mit größtem Appe-
tit. Wie wir hören, will der Beamte den Gulden
nicht zahlen und der Nota-Aussteller die von sei-
nem Iagdhund aufgefressene Wurst nicht als Zah-
lung acceptiren, sondern seinen verdientev Gulden

tig auS 98 Botschaftcrn oder Gesandten bezw.
Minisierresidenten, 1 Gesandtschaftsrath, 20
Legationsftcretaircn und 36 Unterbeamten. Der
Gesammtaufwand dasür beträgt 512.720 Thlr.,
d. h. 28,600 Thlr. mchr alS in 1865.

Wien, 24. Jan. Hier und in Florenz
liegt gegenwärtH ein zu PariS entworfenes
Vcrtragsinstrumcnt zur Natificalion vor, wel-
chcs die Handelsbeziehungen zwischen Oester-
reich und Jtalien regeln soll. — Profeffor
Oppolzer ist am Typhus erkrankt.

F r a n k r e i ch.

Paris, 22. Ian. Man schreibt der „Köln.
Ztg." bezüglich dcr Eröffnung der französischen
Kammern: „Die französischcn Kammern wur-
den heute in ßer gewöhnlichen Weise eröffnet.
Schlag 1 Uhr verkündete dcr Donner der Ka°
noncn deS Jnvaliden - HotclS, daß der Kaiser
die Tuilerien verlassen habe, .um sich durch den
Tuilerienhof und über dcn Carroussclplatz nach
dem Standesaale zu begeben. Dem kaiserlichen
Wagen voraus ritten afrikanische Jäger und
hinter demselben 30 Huudertgarden. Beim
Erscheinrn deS Kaisers rief die ziemlich zahl-
reich versammelte Menge: „Vive l'kmpereur!"
Das Gcfolge des Wagens, in welchem sich die
Kaiserin und der kaisexliche Prinz befonden,
hatte asrikanische Jäger zur Escorte. Sie fuh-
rcn vor bem kaiscrlichcn Wagen her, der mit
den Hundertgarden den Schluß dcS Zuges bil-
dete. DaS Gefolge suhr in vicr Wagen. Die
Wagen dcs Kaisers und der Kaiserin wurden
von sechs, die des Gefolges von zwei Pferden
gezogen. Die Kaiscrin wurde von der Menge
ebenfalls begrüßt. Diese Nufe wurden jedoch
von dem Kanonendonner so ziemlich erstickt.
Die Versammlung im Ständesaal war, wie ge-
wöhnlich, cine sehr glänzende. Um den Thron
herum befanden stch die Cardinäle, die Mini-
ster, die Mitglieder des geheimen Rathes, die
Präsidentcn und Vicepräsidenten deS Staats-
rathS, die Marschälle und die Admirale. Dem
Throne gegenüber hatten der Senat und der
gesctzgebende Körper, und hinter diesen die De-
putationen der großen Staatökörpcr Platz ge-
nommcn. DaS diplomatische Corps, die Frauen
der hohen StaatSwürdeckträger, und die, welche
sonst Zulaß crhalten hatten, befandcn sich in
den Galerien. Ein wenig vor 1 Uhr erschien
die Kaisertn und der kaiserliche Prinz, in Be-
gleitung der Prinzen und Prinzessinnen, in der
zur Rechten des Thrones reservirten Tribüne.
Donnernde Vivats ertönten bei ihrem Eintritt
von allcn Seiten. Der Kaiser wurde an den
Thürcn dcs Ständesaales von den Prinzcn der
kaiserlichen Familie und seinem Hofstaate em-
pfangen, mit welchen er im Ständesaal erschien,
um auf dem Throne Platz zu nehmcn. Selbft-
verstandlich wurdc er mit einstimmigen Vivats
empfangcn. Nachdem die Ruhe wieder herge-
stellt, las der Kaiscr mit lauter und vernehm-
licher Stimme die Thronrede ab.

Paris, 23. Ianuar. Dem gesetzgebenden
Körpcr wurden heute Gesetzentwürfe über die
Amortisation, die ordentlichcn BudgetS für 1867
und die Aushebung von 100,000 Mann vor-
gelcgt.

stadtgericktlich einklagen. Gewiß der erste TriLinen-
Prvceß in unftrer Stadt. (H. L.)

mereröffnung von einigen auSgewähiten Gehilfen
gesetzt. wetche von der Empfangnahme des Manu-
scripts an in der Druckerei eingesperrt bleiben und
keinerlei Verbindung mit der Außenwelt haben

gearbeitete, corrigirte Abzug kommt am Vorabende
dcr Eröffnung in die Druckerei zurück mit der Ün-
terschrift des Kaisers versehen. ViS zum andern
Mittage müssen mehrere hunderttausend Eremplare
gedruckt sein, da die Rede in ganz Frankreick über-
all öffentlick angescklagen wird. Das ganze Drucke-
reipersoual darf während bes Drucks die Localitä-
ten nicht verlaffen. üm Mittag versammeln sick
die Redacteure imb Correspondenten in einem Saal
der Druckeret und erwarten dasclbst eingesckloffen
den ersten Kanonrnsckuß, welcker die Ankunft oes
Katsers im Ständesaale anzeigt. Es ist ein llbr/
der Kanonensckuß ertönt. In dieftm Augenblicke
empfängt jeder Iournalist zwei Eremplare, und
alles ilürzt sich in die bereit stehenden Wageu.
Nun hcißt es möglichst scknell nack Hause zu kom-
men. Kutscker zwei Francs, drei Franks, fünf
FrancS Trinkgeld! VorwärtS! Es ist etne förm-
licke Steeple-Chase, wer zuerst anS Ziel kommt,
erhält den PreiS.
 
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