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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-49 Februar
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Ieiiung.

Mlage zur Heidelberger

28. Samstag, den 3. Februar 186«.

j-f Das Heidelberger Stadt- und
Acticn-Theater.

Das Znteresse an den Knnstleistungen in
unserem Theater ist in diesem Winter tzcdcutend
gestiegcn. Schon seit einer Reihe von Zahren
erreichtc dic Abonnentenzahl nicht dieje Höhc,
cbenso hat auch dcr Besnch deS TheaterS durch
die Fremden in gleichem Maaßc zugenommen.
Vom richtig aufgefaßten finanziellcn und
M ästhctischen Standpnnkte vcrwilligte erst knrzlich
D wieder der hochlöblichc Gemeindcrath der Sladt
WHeidelberg mi! Zustimmung des AuöschusseS
M cincn namhasten Zuschuß der Theatcraciien
M «cMschast unterderBedingung, daß der jewcilige
WTHeaterdircctor von der Entrichtung dcr Thca-
Mtcrmiethe gänzlich befrcit werde. Es haben die
MBehörden unserer Stadtgcmeinde durch dicsen
H Beschluß gewiß de» Dank aller Freunde der
, wohl verstandenen finanzicllcn und ästhetischen
A Jntcressen, dcn Dank nnserer Mitbürger u»d
allcr übrigen Bewohncr unserer Stadt im
vollstcn Maaße verdient. Ein Kunstinstitut
unscrcr Zeit muß den gerechten und billigen
Anforderungen kunstsinniger Theaterbesucher
entsprechcn können. DiejcS wird abcr nur dann
der Fall sein, wenn der Dircctor durch finanziclle
Erleichterung und Uuterstützung iu den Stand
gesctzt wird, möglichst tüchtige Kräfte in allen
Zweigen dcr darstellcndcn Kunst zu gcwinncu.
Wie vicl die Acqnirirung solcher Krätte, cnl-
spicchcndcr ncucr Bühncnstücke, musikalischcr
Partiturcn, Dekorationen, Kostüme, Meubics,
Versetzstücke nnd auderer nothwendiger Utcn-
, silicn kostet, ist jcdem nur einigermaßen mit
lheatralischen Verhältnisscn Vertrauten zur Ge-
nüge bckannt. Bei allen bessern Thcatern,
zumal solchen, welche Opern haben, erhäll dcr
Dircktor von den städtische» Behörden dkntcr-
z stützung, was sich lcicht aus Sachse's neuestem
statistischem Handbuche deS deutschen Theaters
»achwcesen läßt. Jn Heidelberg .erhielt dcr
Dircctor bisher nicht nur keine Geldunterstütz-
ung, sondern cr mußte »och für das Theatcr-
gebäude der Theatcracticngesellschaft cine jähr-
icche Micthe zahlen, die, ursprünglich Ai der
Gründung dcs TheaterS auf 1200 fl. bcstimmt,
zuletzt in diesem Jahre auf 400 fl. heruntcr-
gesetzt wurde und in Folge dcs städtischcn Zu-
schnsseS nun gänzlich aushört.

Es hat stch das Theater scit seincr Eröff-
nung uutcr den Auspicien unseres allverchr-
tcn GroßherzogS Friedrich als ein wirklicheS
Bcdürfniß immer mehr sür Heideiberg hcrauS-
gcstcllt. Die zunehmcnde ständige Theilnahme
der Einwohner und dcr Fremden beweist die-
scs und die Thatsache, daß Stadte von weit
geringerem Umfaugc und unbedeutendercn Mit-
tclu im Bcsttze von Theatern sind, die sich alS
x lcbcnskräftig erwicsen habcn. Eine namhafte
l Summe wird durch das Theater >» Umlauf
gesctzt und die bcdcutcndeu Einnahmcn der Di-
rcction und die namhasten Bezüge der darstel-
lenden Theatcrmitgliedrr blcibe» i» unsercr
Stadt. Die Fremden finden in den langen
f Winterabcndc» ihre apgenehme Unterhaltung
Hund unfere Gaftwirthc wcrden dafür Zcugniß
' ablegen könne», wie häufig von dcn Fremdcn
EiutrittSkarten in daS Theatcr verlangt wcrden.
Untei'solchcn Umständcn wird einc kurze über-
stchtliche Darstcllung dcs finanzicllcn Zustan-
des unsercS TheaterS, anS welcher dessen Le-
benssähigkeit zur Gcnüge hervorgeht, nicht nn-
willkoinmcn sein. Am jst. März 18S2 wurde
dcr Bauplatz zu unserem Theatcr acquirirt,
wclches in dcr schönen, von ihm de» Namen
sührenden Theaterstraße aufgebaut wurde. Es
halte sich ein Comitö von Profcfforen und
Bürgern gebildet, und der gegenwärtige zwcite
? Bürgermeistcr unserer Stadt, dcr auch durch
die musterhaste Vcrwaltungder städtischcn Spar-
kasse sich den Dank allcr Heidelberger im voll-
stiu Maße crworben hat, übernahm mit seincr
vielfach bewährte» VerrechnungStüchtigkeit die
^ Besorgung der Theaterbaukaffe. Kunststnnige

Einwohner Heidelbergs, Professoren und Bür-
ger, gaben sreiwillige Beiträge zur Gnindung
deS TheaterS, welche die Sllmme von 9238 fi.
5t kr. erreichtcn. ES wurde eine Summe von
25,000 fl. auf 100 Acticn, jede Actie zu 250
fl., aufgenommen. Der Vcrkauf cincs Wasser-
antheils und des GraSwuchses ergad die Summe
von 629 fl. und die Zinse-der dexonirtcn Sum-
men belrugen 431 st. 6 kr. So gründete man
unser Theater mit cinem Kapitalvermögen von
39,819 st. Dabci wirthschaftcte ma» so um-
sichtig, daß alle AüSgaben für den Bauplatz
und die Herstellung desselben, den Bau des
HauseS, die Acquirirung dcr Znventarstückc,
Dccorationen und Bühneneinrichtungcn, Steu-
ern und Sporteln, Brandkasseneinschätzung und
Assecuranz, Besoldung und Belohnung deS
DienstpersoualS, Eontoverlust und rückbezahlte
Vorjchüssc gerade dic Sumine der Einnahincn
crrcichtcn, ja »och 12 kr. baar ru der Kasse
blieben.

Der ActienschuldentilgungSplan wurde nach
einem Vertrage dcr Actionäre unter stch vom
7. Mai 1853 u»d nach einem Vcrtrage mit
der Sladt Heidclberg voi» 7. April 1853 ent-
worfen. Die 100 Acticn, jcde zu 250 sl., im
Gesammtbctrage von 25,000 fl., sollten zu 4
Procent den Jnhabern vcrzinSt und im Laufe
von 18 Zahren (vom 1. Aprii 1854 bis 1. April
1871) durch Verloosung zurückbezahlt wcrden.
Die Stadt Heidelberg gab eincn jährlichcn Zu-
schuß von 1000 fl. sür die Dauer deS Ver-
tragcs. Die Actien warcn nach dcm ursprüng-
lichen Planc in der Weise heimznzahlen, daß
in den erstcn vier Jahrcn (1854—1857) 4,
in den nächsten vicr Jahren (1858—1861) 5,
dann alnvechselnd 5, 6, 7, und zwar dreimal
7, endlich cinmal 8 Actien abgezahlt werden
solltcn. Dabei hatte man, um diesen Plan bci
dcm vcrhältnißmäßig gcringercn städtischcn Zu-
schusse durchzuführen, die Thcatermicthc dcS
DirectorS im Auge, welche das Fchlcnde cr-
jetzcn sollte. Man sah sich gcnöthigt, ursprüng-
lich einc Theatermielhc von 1200 fl. festzustcl-
lcu. Nicht nnr aber crwicS sich diescS, wenn
eine dramatische Gescllschast hier bestchen und
nur einigermaßen ErkiccklicheS leisten sollte,
gleich als unpraktisch und unausführbar, son-
deru eS stellte sich auch bald herauS, daß vvn
de» von dem früheren Karlsruher Hoftheater-
gcbäude (dem svgenannte» wcgen des Hvfthca-
terbrandeS errichteten interimistischen Noththca-
ter) erhaltenen Dccorationen, Maschinerien,
Verjctzstücken, MeubleS und anderen Utensilien
cin großer Theil StaatSeigcuthum war und
dahcr von der Theateractiengesellschaft bezahlt
werdcn mußte. Eine Summe von mchr als
1600 fl. mußte dafür Großh.Finanzministerium
jährlich verzinst, ja, alS dieseS der Ab-
rechnuiig wegcn auf der Abzahlimg bestand, die
ganze Schuld adgctragen wcrden. DicseS, so-
wic die Bestreitung anderer AuSgabc», war
abcr ohne Aufnahme eincS Kapitals von 2000
fl. unmöglich, daS ebcnsalls iviedcr verzinSt
und zulctzt heimgezahlt werden mußte. Daz»
kam der Vertrag mit dcr rheinischcn Gasgcscll-
schaft, nach wclchcm die uriprünglichen Gas-
cinrichtungcn zu 1500 fl. bcrcchnet und bis zur
Abtragung der Schuld mit fünf Procentcu ver-
zinSt werden mußtcn. So mußte man den
SchuldentilgungSplan um so mehr Lndern, als
dcr Thcaterpacht auf 960 fl. unt» zulctzt auf
800 fl. und 600 fl. herabgcsctzt wcrden »inßte.
Man creirte dcmnach 8 PrioritätSactien zu je
250 fl. nud vcrschob dic Zichung dcr ursprüng-
lichen Acticn. Die Privritätcn wurden abgc-
tragen und die Ziehung der Actie» wurde fort-
gesetzt; doch konnten nie mehr als 4 Actien
jährlich gezogen werdeu. Die Thcatermiethc
mußte aus 500 fl. herabgesctzt werden und die
finanzielle Eristcnz dcS TheaterS war gefährdct,
so daß es dringend gcboten erschien, fich an die
Stadt Heidclberg um die Verwilligung cineS
stLiidtgen.ZuschufseS zu dcn nach dem ursprüng-

lichen Plane genehmigten 1000 fl. zu wenden.
DiescS g-schah in ciner dringenden, die finan-
ziellen und ästhetischen Verhältuisse dcS hicsigen
ThcaterS darstellcnden und die Nothwendigkeit
eineS Zuschusscs hinreichcnd motivircnden Ein-
gabe des Comite'S der Theateractiengesellschast
vom 9. April uud ciner erneuertcn Eingabe vom
17. September 1859. Jn Folge dcrsclben be-
schloß der große BürgcrauSschuß auf Antrag
dcs GemeinderatheS und engcren AuSschusstS
am 19. Scptkmdcr 1859, eincn jährlichen wei-
teren Zuschuß von 500 fl., aiso im Ganzen
die Snmine eineS jährlichen ZuschusseS von
1500 fl. untcr der Bedingung zu verwilligen,
daß dcr bisherige ActienjchuldcntilgungSplan
abgeändert und an der Actienschpld jahrlich»
nur 500 fl. adgelragen werden svllten. Die
Bedingung wurde, da eS fich um ei»e Bcsser-
ung der fiiianziellen und dkr dadurch bcding-
ten Kunstintercssen handclte, mit Dank ange-
nomincn u»d dcr neu eingcrichtete Schulden-
tilgungSplan von dem Comite pünktlich innc-
gehalten. Demnach wurden im Zahre 1860
ani 1. April nach demjelben zum erstenmale
zwei Actie» gezogen und wird diesc Ziehung
jährlich am genanntcn Tage vffcntlich vor eincm
großherzoglichen Notar, den vorgeschriebenen
Zeugen und UrkundSpersonen vorgenommen
und .in den öffentlichen Lvkalbläitern angezeigt.
Zuglcich wcrden am 1. April jedcS Jahres
außer den gezogenen Actien dic versaücnen
CvuponS auöbezahlt. Sett 5 Jahre» hat da«
Comitö der Theateractiengeselljchaft, welchem
nach de» Statute» daS Necht deS VertragS-
abschlusse« zusteht, daS hiesige Thcater dem
Dircctor Cart Widman» überlassen, u»d daS
Pnblikuin hat gewiß alle Urjache, mit der Prr-
jönlichkcit diejes ManneS u»d den Leistungen
seiner Gesellschaft zufricden zu srin, Die über-
schüsstgen Elnnahiiicn der Theatcracticnkaffe
wurdcn, wie dic Jedem zur Eiiistcht vorlicgen-
dcn ZahreSrechnungen nachweise», im Zntercsst
deS Theaters, alsv auch deS DirectorS uud
seiner dramatischen Zwccke verwendet. Es wurde
die nrsprünglich 1500 fl. betragcnde Schuld der
Gaseinrichiung, au wclchcr dcr jedcSmaiige Di-
rectvr zu zahien hatle, ganz abgetragen, der
Fcuersgefahr wegcn ein Bruimcn augclcgü cine
Ncihe vo» Dccorationen vom Theater i» Badcn
gekaust, neue Dccorationen gemalt uud rcparirt,
Mcubies angcfchafst, alle lanfenden Reparalur-
kosten, Skeucrn und Lasten bestritten,. Bäukeund
Stühle theiks neu a»gcs.1>affk, thcils bergcstkllt, ein
Schicferdach über ben Bühneniäumen angelcgt
u. s. w. Dcr cdeln Frcigebigkeit deS Herrn
GcneralconfulS. Krieger hatte inan caS Geschenk '
eincS zwickinäßigcn Iverth- und gefchmackvollen
LüstrcS zu verdankc». Den Directvr aber er-
leichtcrtc ma» durch Herabfetzung der Thcate»
miethe anf 400 fl. Zuglrich wuree nach dcffcn
Wunsche an dic Slelle deS der Theateractien-
kasse znfalleiideii hälftigcn Ertrages von zwei
Bencfizvorstellungen eine Paujchalfnmme von
200 fi. gesctzt, wobci jcdoch im Jnteresst deS
TheatcrS und des DirectorS von dcm letztercn
gemachte AuSlagen in Abrechnnng gebracht wer-
den konnten. Dcr Director kam allen dilligcn
Wünschen u»d Erwartungen deS PubliknmS
enigegen und gewann in diesem Winter dnrch
bedeutcnde Erhöhung deS GagenctatS nicht n»r
eine Reihe vorzüglicher Krafte für Trauer-,
Schau- nnd Lustspiel, sondcrn eine für die zu
Gcbote stehenden Mittel u»d die hicstgen Ver-
hältniffe wirkiich gut zu nennende Oper. DaS
Comito stcllte demnach am 29. Novcmbcr 1864
die Bitlc an dcn Gemeinderath der Stadt Hei-
delberg um eine Erhöhung dcr Th-akerdokation,
gelcitet von der Nvthivendigkcit einer Erleichter-
ung dcS DireclorS, wenn daS Thcater in cinem
gutcn Zustande erhalten werden solltc, und nahm
involler Würdigungdes gcmeinnützigenBeschlus-
jes deS Genieinderathes, deS engeren und großen,
AuSschusscS der Sladt Heideiberg (mitgetheilt
ai» 3. Januar 1886) den unter der Bcdingung
 
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