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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-49 Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0130

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ihre großen Emnahmen für geschmälert halten.
Man vernimmt hierübcr Aeußerungen,. als ob
dic Existenz der ganzen Stadt von der leidigen
Frage abhänge. Dicses Benehmen ist unklug,
aber auch undankbar gegen dic Regierung.
Durch die ewigen Klagen wird dcr Credit im
Allgemeinen hcrabgedrückt, was zunächst dex
hiesigen Geschäftswelt nur Schadcn bringen
kann. Auf der andermScite vergißt man, daß
die Obsorge der Regicrung sür den Kurort
stets eine sorgfältige war und daß man von
dort her Entschädigung für das aufgchobcne
Spicl beansprucht. Am aller bchutsamsten
sollten abcr maßgebcnde Elemente der Gemeinde-
verwaltung zu Wcrke gehcn. Zum Belcg hie-
für wollen wir nur cine Thatsache anführen.
Zm vergangenen Iahr kaufte die Stadtgemeinde
auf eigene Faust das Gasthaus zur Stadt Lyon
nebst anstoßenden Gebäulichkciten auf den Ab-
bruch für mchr alS 50,000 fl. unter der ver-
meintlich stch von sclbst verstehcnden Voraus-
setzung , daß Benazet oder der Badsond die
Kaussumme übernehmen werde. Es hielt schwer,
bis das Ministerium die Genehmigung hiezu
ertheilte, da man von der richtigen Erwägung
aüsging, daß Ausgaben zur bloßen Vernich-
tung rentabler Gebäulichkeiten, lediglich um cine
Verschönerung der Stadt zu erzielen, im gcgcn-
wärtigcn Augenblick nicht zu rechtfertigen seicn.
So viel ift gewiß, daß die Negicrung ihre Zu-
stimmung nicht ertheilt haben würdc, wenn
man sie vor Abschluß des KaufeS darum an-
gegangen hätte, und daß man große Rücksichten
walten licß, um dicfeuigen nicht in allzu gro-
ßcn Schaden zu versetzen, welche, eigenmächtig
gchandelt.

c? Aus Baden, 3. Febr. Es ist wohl
keinem ausmerksamen Deobachter unserer poli-
tischen und kirchlichcn Verhältnisse entgangen,
daß ctwa seit Ansang diescs JahreS die erz-
bischöslichc Curie der Regierung gegenüber
sanstere Saiten aufgezogen hat. Der Ansang
hiezu wurde unmittclbar in der Sylvestcrnacht
in der Predigt eineS sonst sehr eisrigen Par-
teigängers der ultramontanen Faction in Fre i-
burg gemacht, in welcher dersclbe ofsen be-
kanntc, daß von kirchlicher Seite ebcnfalls ge-
fchlt -worden sei. Eine weitere Hinneigung zur
Versöhnung' und Verständigung hat sich sooann
in der Erledigung der Beckert'schen Angelegen-
hcil gezeigt, und endlich, laut den neuesten Bc-
richten, in der sofortigcn Zustimmung zu dem
Entwursc deS von der Regierung den Kam-
mernvorgelegt werdendcn Schulgesetzes. Manche
aufrichtige Freunde der libcralen Sache und
eisrige Anhänger der Fortschrittspartei sind deß-
halb schon mißtrauisch geworden, sie argwöh-
nen, daß hintcr dieser entgegenkommenden Ver-
söhnlichkeit irgend etwas Arges versteckt sei,
uud sie haben, eingedenk des alten SatzeS:
,,timt!0 Vangos et ckonu forentos^ bercits in
öffentlichen Blätteru ihre Warnungsstimme er-
tönen lassen.

-s- Vom südlichen Schwarzwalde,

25. Jan. Unscre jungen Kleriker, wclche in
der Absicht, fette Pfründcn zn erhalten, bisher
unermüdet in das Freiburger ultramontanc
Horn bliesen, erndten bereits ihren Lohn, über
den sie nicht wenig stutzig sind. So erhielt
ern bei der Wahl-Agitation gcgen die' Schul-
reform rc. äußerst thätiger Pfarrverweser
die schleunigste Wcisüng, seine einträglichc Stelle
zu verlaflen und— an einem sogar schon fest-
bestimmten Tage — auf einek sehr mageren
Stelle an der obcrn Gutach einzutreffen. Die-
fer Herr baute auf die treueste Ergebenheit sei-
ues Anhanges, und eben das zu große Ver-
trauen — soll die so schleunige Entfernung
nöthig gemacht haben. Es ist ein alter Grund-
fatz: wer EtwaS erhaschen will, muß vorsichtig
fein. So wie' diesc Abhilfe, wäre noch manche
bei uns nöthig.

Berlin, 30. Jan. Das Rechtsgutachten
bezüzlich der Herzogthümer Schleswig, Holstein
und Lauenburg, erstartet auf Grund des Aller-
hychsten Erlafles vom 14- Dccember 1864 vom
Kron-Syndicat, ist so eben im Verlage der
königlichen Geheimen -Ober - Hofbuchdruckerei
(R. v. Decker) crschienen. Es zerfällt seinem
Inhalte nach in folgende fünf Äbtheilungen:
I. Nechtliche Stellung von Preußen und Oester-
reich in Gemäßheit des FriedenSschlufles vom
30. Okt. 1864. — II. Die Ausprüche des kö-

uiglichen Hauses. — HI. Erbansprüche des
Großherzogs von Oldenburg und des Erbprin-
zen von Augustenburg auf die Herzogthümer
Schleswig und Holstün. — IV. Die ^bfolge-
rechte an den Herzogthümern -schleswig und
Holstcin in Hinsicht auf einzelue Theile dersel-
bcn. — .V. Erb- und Eigenthumsansprüche auf
daS Hexzogthum Lauenburg. — Die vorliegende
Schrift umfaßt 232 Seiten und ift am Schlnß,
datirt den 11. Sept. 1865, unterzeichnet: Graf
zur Lippe. Bauerband. v Bernuth. Bloemer.
v. Caprivi. v. Daniels. Dr. v. Duesberg.
v. Frankenberg - Ludwigsdorff. Dr. Goetzc.
Grimm. Hefftcr. Homeyer. Jaehnigen. Graf
v. Rittberg. Dr. v. Schlicckmann. Simons.
Uhden. v. Zander.

Berlin, 2. Febr. Der fchleswig'sche Gou-
verneur nahm die Adresse der Patrioten an.
Der Jnhalt ist unbekannt.

Berlin, 3. Febr. Die Veriammlung der
Meistbetheiligten an der preußischen Bank ge»
nehmigte die Erhöhung des Einschußkapitals
um 5 Millionen Thalcr, sowie die Abänderuug
der den Rescrvefond betreffenden Paragraphen
18 und 38 der Bankordnung.

Berlin, 3. Fcbr. Während der heutigen
Sitzuug deS Abgeordnctenhauscs waren die Tri-
bünen überfüllt. Am Ministertisch bcfandcn
sich die Minister v. Bodelschwingh, v. Noon,
Graf zur Lippe, v. Selchow und später Graf
v. Bismarck. Der Abg. v. Hoverbeck bringt
den Antrag gegen den bekanmen Beschlnß des
Obertribunals ein ttnd empfiehlt Schlußbera-
thung. Die Abgg. v. Stavenhageu und Graf
Schwcrin sprachen sich für Ueberweisung an
einc Commission aus, um auch dcn Schein der
Uebereilung zu vermeiden. Der Justizminister,
Graf zur Lippe, erklärt, von den Motivcu dcs
Obcrtribunalsbcschlufles offiziell nicht benach-
richtigt und daher außer Stande zu sein, Er-
klärungen darüber abzugeben. Der Abgeordnete
Gncist ist für Ueberweisung an eine Commis-
sion; sollte jedoch dic Schlußberathung beschlos-
sen wcrdcn, so wäre dazu der Iustizminister,
der alS Chef der StaatSanwaltschast über die
Beichlüsse dcs Oberrribunals Kenntniß fordern
könne. eiuzuladen. Für die Schlußberathung
spricht sodann der Abgevrdncte Schulze (Ber-
lin): Der Antrag sei präjudiciell, da von der
Entschcidung darübcr die Beantwortung der
Frage abhänge, ob das Haus weiter verhandcln
solle oder nicht. Dcr Abgcordnete v. Hover-
beck: Auch eine Commission würde keine wei-
teren Aufschlüsse als die vom Jiistizminister
ausgebenden geden können; gegenüber der außer?
gewöhnlichen Geheimhaltung des Obertribunals
sei desto größere Oeffentlichkeit geboten. Abg.
Waldeck: Eine Fachcommission sei überflüsfig,
da das Verfaflungsrecht nicht zweideutig sei ;,
bei benommcner Redefreiheit sei die Ausübung
der Fundamentalrechte des Hauses unmöglich;
kein Abgeordncter dürfe in einer Untersuchung
Rede stehen. Die Abgg. Virchow, v. Unruh
und Jmmermann sprechen noch für Schlußbe-
rathung. Diese wird unter glcichzeitiger Auf-
fordcrung deS Justizministers zur Theilnahme
au d/r Berathung beschlossen; zum Referenten
wird her Abg. v. Forkenbeck, zum Correfe-
renten der Abg. Aßmann ernaunt. — Schluß-
bergthung wird ferner beschlossen für den Adreß-
antrag deS Ahg. Reichensperger (Referent Gneist,
Corre'ferent Waldeck) und für den Antrag
des Abg. Jung über den Freiwilligendienst.' —
Der Kriegsmi'nister v. Roon bringt einen Ge-
setzentwurf, betreffend den außerordentlichen
Geldbedarf der Marineverwaltung, ein. Er
bezieht sich dabei auf die vorjährige Mstivirung,
bemerkt, daS damalige Bedenken, daß der Be-
sitz deS Kieler Hafens nur problematisch* sei,
sei nunmehr geschwunden, und appellirt an den
PatriotiSmus des Hauscs. Der Entwurf wiro
einer besonderen, aus 21 Misgliedern bestehen-
den Commission überwiesen. — Der Finanz-
minister v. Bodelschwmgh überreicht die allge-
meinen Rechnungen für die Jahre 1859 bis
1862. Gehen an die Budgetcommission; eben
so eln Entwurf über dic Grundsteuerregulirung.
Der Justizminister Graf zur Lippe überreichr
einen Entwurf über Ermäßigung des Gerichts-
kostenzuschlags. — Bcim Einiritt in die TageS-
ordnung erklärt derselbe, der dienftlich abwe-
sende Kriegsminister werde die Jnterpellation
der Abgeordneten WachSmuth und v. Bonin

in nächster Sihung beantworten. — Folgt Be-
rathung dcs Virchow'schen AnlragS bezüglich
der Lanenburgcr Angelegenheit.

Düfseldorf, 2. Febr. Der Justizminister
hat an den Präsidenten deS hiesigen Landge-
richts rescribirt, er habe zu seinem großen Miß-
fallen bemcrkt, daß an einem „freisptechenden"
Erkenntniß gegen dic „Nheinische Zeitung" ein
Aflcflor betheiligt sei, welchen er der betreffen-
den Kammer nicht zugetheilt habe, und müfle
er cs sich ernstlich vcrbilten, daß in Zükunft
an der „Entscheidung für Preßvergehcn" irgend
cin von ihm nicht beftimmter Richter Theil
.nähme. Der Präsident hat in Folge dcflen
deni betreffenden Ässessor daS Wort abgenom-
men, in Preßsachen ftets auf die Abstimmung
zu verzichtc». (F. I.)

Zerbst, 28. Jau. Ju Folgc ber bedculkn-
den Geldverluste, wclche der hiesigc Darlehens-
kasscnverein durch das Entweichcn deS Kassie-
rers Partheil erlitten hat, und durch welche
meistens der kleinc Handwerkerstand betroffen
worden ist, ift cs gestern hier zu tumultuari-
schen Austritlcn gekommen, die ein militärisches
Einschreiten zur Folge hatten. Wegen des ge-
ringen PcrsonalbestandeS der hiesigen Bcsatzung
mußte daS Militär von Desiau requirirt wer-
dcn. Es habcn mehrfache Verwundungeu und
30 bis 40 Vcrhaftungen stattgefunden.

Kiel, 3. Febr. Die „Kielcr Ztg." meldet:
Die am 14. Januar von schleSwzg'schen Abge.
ordneien und Stellvertretern entworfene Adrefle
ift nunmehr dem Statthalter, Frhrn. v. Gab-
lenz, übergeben.

Scbleswig, 31.Jan. Der Lederfabrikant
und Bürgerworthalter Firjahn, welcher die Nicht-
annahme des ihm voni König von Preußen
verlichenen rothen AdlerordenS mit seinen „re-
publikanischen Grundsätzen" motivirte, ist seiner
Magistratswürde enthoben worden.

Wiew, 1. Februar. Ein kaiserlicheS, noch
nicht veröffentlickteS Decret verfügt dic Äufhe-
bung von 16 Polizeidirectionen der Monarchie
uud Uebertragung der Polizeifunctionen an
Gcmeindeorgane. Die Grenzpolizeibehördcn sind
ausgelöst. Fcrner sind Erleichterungen in der
Polizeiorganisation Vcncdigs und wesentliche
Reduclion des Polizeibudgets angeordnct.

Wien, 2. Fcbr. Morgen findet der Zu-
sammentritl dcr Ministerialcommission zur Vor-
bereitung der Einführung des metrischen Maßes
und Gewichtes nach Maßgabe dcr Bcschlüfle
der Frankfurter Confercnz statt.

Wien, 3. Febr. Das Ministerium hat die
Vorschläge des Comite'S dcr Creditanstaltsac-
tionäre angcnommen. Die Creditanstaltbiianz
bleibt hiernach unangcfochten, vorausgesetzt,«daß
der Specialreservcfond auS dem Gewinn deS
Actienrückkaufs durch Abziehung eines geriitgen
Coupontheiles verstärkt wird. Bezüglich der
Höhe des zurückzuhaltenden CouponantheileS
bleibt Vereinbarung vorbehalten.

Wicn, 3. Febr., Äbends. Die „General-
correspondenz" meldet: Die Fregatte „Schwar-
zenberg" uud die Corvette „Friedrich" unler
dem Admiral Tegethoff werden Ende April
abscgcln. nm mit China, Siam und Japan
Handels- und Schifffahrtsverträge abzuschlie-
ßen. Dem Abschluß der Verträge wird die
Einsetzung von Consulaten unmitlelbar folgen.
Der Admiral Tegethoff wird auf der Nückkehr
Chili, Peru und die La-Plata-Staaten be-
scheun.

Pesth, 3. Febr., Nachm. Graf v. MenS-
dorff ist gestern, Graf Belcredi heute hier ein-
getroffen. Am Vormittag fand eine Minifter-
conferenz statt.

Triest, 3. Febr., Nachm. Zwischen Ara^
bien und der Besatzung von Aden sind Feind-
seligkeiten auSgebrochen.

A r a n k r e i ch

Paris, 1. Febr. Der Moniteur de l'Armee
zeigt an, daß am 27. Dec. vor dem Kriegsge-
richt in Mcxico der Prozeß der in den unglück-
seligen Vorfällen von der Martinique schwer
bloßgestcllten Zuaven begonnen hat. Den Vor-
sitz führt Oberst Hugueney in dcm Kricgsge-
richte, deflen Mitglieder 1 Major, 2 Haupt-
leute, 1 Lieutenant, 1 Untcrlieutenant aus den
verschiedenen Waffengattungen und 1 Zuaven-
sergeant stnd. Die Vertheidigung der Ange-
 
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