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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 100-125 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0512

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Ueber den plötzlichen Schrecken, welcher theil-
weise grundlos in die Besitzer von Papiergeld
gesahren, äußert die N. F. Z. in ihrem Bör-
senberichte: Große Aufregung verursachten in
den letzten Tagen die Maßregeln der preußi-
schen Bank, welche die präsentirten Nolen nur
äußerst langsam einlöste und fast kein Silber,
sondern nur Staatspapiergeld (Kassenscheine)
für dieselben auszahlte. Rasch fielen preußische
Wechsel auf ein Disagio von 2*/, pCI. und
eine Art von Panique hat sich der Besitzer von
Papiergeld bemächtigt. Die preußische Bank
selbst hat durch. Erhöhung ihres Diskontos auf
9 pCt. alles gethan, was in ihren Kräften stand,
um eine Verminderung ihrer schwebenden Ver-
bindlichkeiten herbeizuführen. Man kann nun
allerdings nicht wifsen, mit welchen Plänen
Herr v. Bismarck umgeht, der bekanntlich er-
klärt hat, er werde Geld nehmen wo er es
findet; wird aber die Bank in ihrem Betriebe
nicht von der Regierung durch einen etwa ihr
aufgenöthigten Zwangskurs gestört, so ist nach
unserem Dafürhalten für das Znstitut keine
Gesahr vorhanden. Noch viel weniger ist be-
züglich der übrigen deutschen Bankinstitute —
etwa mit Ausnahme der von uns schon häufig
in nicht sehr rühmlicher Weise genannten Thü-
ringer Bank in Sondershausen — zu befürch-
ten. Die Lage der deutschen Zettel- und Dis-
contobanken ist eine durchgehends gesunde und
ihre letzten Ausweise zeigen, daß sie für alle
Eventualitäten gerüstet sind. So entschieden
wir uns daher seither gegerl die übermäßige
Ausgabe von Papiergeld ausgesprochen haben,
und so sehr uns die eingetretene Krisis Recht
gegeben hat, eben so ist es aber auch jetzt un-
sere Pflicht, dem blinden Schrecken entgegen-
zutreten, der sich, wie zahlreiche Zeitungsberichte
beweisen, gegenwärtig der Jnhaber von papier-
nen Werthzeichen bemächtigt hat, indem in den
thatsächlichen Verhältnissell dazu kein Anlaß
gegebeil ist.

Die danische Flotte wird auf Kriegsfnß'
gestellt.

Die „Alleanza" berichtet, daß Kossuth in
Florenz crwartet wcrde. Alle italienischen Ge-
nerale, wcnn auch Deputirte oder Senatoren,
haben sich bei Vermeidung der Absetzung an
ihre Posten zu begebcn. Dic Blätter, welche
Kriegsmittheilungen machen, sind mit Unter-
drückung bedroht.

Deutschland.

Karlsruhe, 11. Mai. (38. öffentliche
Ditzung dcr zweiten Kammer.) Generallieut.
Ludwig erhält das Wort, um in allerhöch-
stem Auftragc Sr. K. H. des Großherzogs bei
den Ständen zur Bestellnng von 1400 Mili-
tärpferden, nämlich 600 Ncit- und 800'Zug-
pferden, und für deren Unterkunft, Verpflegung
und Wartung auf die Dauer von 8 Monaten
einen außerordentlichen Credit von 1,070,800
Gülden in Anforderung zu bringcn. Er glaube,
daß stch empfehle, die Hauptsummcn'in kurzeü
Sähcn vorzuführen. Die 1400Pferdc wcrdcn
kosten 560,000 fl., deren Unterhaltung auf 8
Monate 268,264 fl., Verpflegung der zur War-
tung nöthigen Mannschaft 237,528 fl. und
sonstige Kosten 5008 fl., zusammen 1,070,800fl.
Jm großh. Armeecorps stelle sich ein Bcdarf
von 3000 Stück Pscrden herauö, wenn dasselbe
auf die Kriegsstärke gebracht werden solltc;
diesc Pferde bedürften, um sie gebrauchen zu kön-
nen, einer längeren Abrichtuug, und man sehe
sich deshalb nntcr den gegcnwärtigen Verhält-
nissen veranlaßt, diejenigen Pserde zu erwerben,
welche in erster Linie erforderlich seien für Nei-
tcrei, Artillerie und Brückenzug. — Knies
stellt den Antrag, diese Vorlage nicht der Bud-
getcommission zu überweisen, sondern dasür eine
eigene Commission niederzusetzen, weil die poli-
schc Stellung der Frage von höherer Bedeulung
sei, alS die finanzielle. — Eckhard unterstützt
aus demselben Grunde diesen Antrag und glaubt
darauf aufmcrksam machen zu müssen, daß die
badischen Kammern zur Zeit allein versammelt
seien, sie also auch zuerst ihre Ansichten auS-
sprechen könnten. Aber bald würden auch in
andern Staaten den Ständcn derartige Vorla-
gen gcmacht mcrden und die Vorlage werde eine
andere Bedeutung erhalten, wenn alle Kam-
mcrn sich über die Sache aussprechen werden.
Von Außen werde man also aufmerksam aus

dieses Haus blicken, wcßhalb die Frage reiflich
und eingehend bejprochen wcrden müsse. —
Kirsner unterstützt ebcnsalls den Antrag we-
gen der politischen Wichtigkeit der Frage. Die
Kammer tritl dem Alltragc bei und wird auf
Kirsner's Antrag die von den 5 Abtheilungen
zu wählende Commijsiou um 6 Milglieder ver-
mehren. — Roder begründet nun seine Mo-
tion, belreffend die Trennung der Verwaltung
des weltlichcn und kirchlichen Stiflungsvermö-
gens und gelangt zu dem Antrage: Die Kam-
mer wolle in unlerlhänigfter Adresse um eine
Gesetzesvorlage billen, worin festgcsetzt sei: 1)
was als weltlicheö Sliftungsvermögen zu be-
trachten sei und 2) wer dieses Vermögen zu
verwalten habe. — Heilig stellt den Äntrag,
biese Motion in Betracht zu ziehen und an eine
Commisston zur Berichlerstattung zu verwcisen.
— Sachs, Paravicini, Huffschmid.,
Beck, welcher erwartet, daß vie niederzusetzende
Commission in ihreu Anträgen weiter gehe, als
der Motionssteller, und Kirsner, melcher bei-
sügt, daß der kath. Oberftiftungsrath nicht die
Dtelle eiunehme, welche er einnehmen sollte,
unterstützen biesen Antrag. — Slaatsrath Dr.
Lamey: Die großh. Regierung habe gegen
denselben nichts einzuwenden, um so weniger,
als sic bcreits mit dem Gegenstande beschäfligt
sei; jetzl wolle er sich in die Sache nicht ein-
lassen, obgleich viele Unrichligkeitcn in den Vor-
trägen zu berichtigen wären, wie z. B. die, daß
alle welllichen Stiftungen unter'dem katholischen
OberftiflungSrathe slünden. Das sei nicht der
Fall. Uebrigens sei es nicht die Aufgabe der
Regierung, eine polemische Gesetzgebung gegen
die Kirche ergehen zu lassen, sondern nur rechl zu
thun. — Knies ist mit Vorredner einverstan-
den; die nach 1860 nothwendig erfolgte Ver-
änderung der Stiflungscommissionen habe die
Motion nothwendig gemachl, nicht die vorheri-
gen Zustände, denn die früheren Stiftungs-
commissi-nen seien keinc confesstonellen Stellen
gewesen, sie seien es erst nach 1860 geworden.
Der Antrag des Abg. Hcilig wird einstimmig
angenommen. Von Seite ver Petitionscommis-
sion wcrden hieraus Berichtc über an die Kam-
mer gerichtele Bittgesuche erstattet. (Schl. f.)

Ucber folgende Bittgesuche wird zur Ta-
gcsordnung übergegangcn: 1) aus Kraut-
hcim, AmtsgerichtSsitz, aus Neckarbischofsheim,
Sitz eines Bezirksamtes, aus Tauberbischofs-
heim, Gemeindeschafweiden, der Schmalmetzger
des Landes, Aufhebung, beziehw. Herabsetzung
der Fleischaccise, und über verschiedene Gesuche,
Abschaffung des Recognitionsgeldes betreffend.
Nur die Bitte der niederen Clvildiener um Re-
gelung ihrer Ruhegehalte rc. wird empfehlend
der L-taalsregierung überwiesen, nachdem Mi-
nisterialrath Walli erklärl hatte, daß ein von
der Regierung vorbereiteter Entwurf den ge-
rechten und billigcn Wünschen der Bittsteller
vollständig enlsprechen werde. (B. L.-Z.)

Kartsruhe, 12. Mai. Die Vertreter der
Grundherren in der 1. Kammer haben in Folge
der in der 2. Kammer abgehaltenen Bespre-
chungen der Andlaw'schen Beschwerde gegen
Staatsrath Dr. Lamey und der Reden dieses
Ministers an gleichem Tage ihren Austritt an-
gezeigt. Graf v. Helmstatt und die Frhrn.
v. Gcmmingen und v. Göler sind schon
in heutiger Sitzung nicht erschienen, die Grafen
v. Berlichingen', H. v. Kageneck, M. v.
Kageneck und Frhr. v. Slotzingen haben
am Schlussc der heutigen Sitzung ihr Man-
dat niedergelegt, Graf v. Berlichingen hat
jedoch besouders aus Gesundheitsrücksichten ge-
handelt und zugesagt, seinen Austritt erst nehmen
zu wollen, sobald für die 3 Erstgenannten die
Stellvcrtreter eingetreten scin wcrden, um das
Haus nicht in die Lage zu versetzen, beschluß-
unfähig zu werden, denn das möchten die Grund-
herren uicht; er bat aber um Urlaub und um
telegraphische Benachrichtigung, falls sein Er-
scheinen nothwendig werden sollte. Freiherr v.
Andlaw hat zwar seinen Austritt noch nicht
angezeigt, wird dies aber wohl schriftlich thun,
denn er hat gleich nach seincr hentigen Rede
den Sitzungssaal verlassen. — Am nächsten
Montage wird die deutsche Frage in der
1. Kammer zur Verhandlung kommen, wenn
der Minister des Auswärtigen dazu bereit sein
wird. Bluntschli wird die Ansrage stellen.

(B. L.)

Aus Bnden, 11. Mai, wird der „Köln.
Ztg." geschrieben: Auf den abcrmaligen Kvn-
fereuzen, die demnächst zu Augsburg statthaben
werden, wird Frhr. v. Edelsheim die Neutra-
lität det süddeutschen Staalen fordern. Jn den
Kammern werdc das Ministeriurn mit einer
ähnlichen Erkläruüg erscheinen.

Darmstavt, 12. Mai. Heute ist Konferenz
der KriegSministcr und Generalstabschefs ver-
schiedener Mitlelstaaten in Bruchsal. Zweck der
Versammlung ift Vcrständigung über die Auf-
stellung des achtcn Armeecorps.

^rankfurt, 12. Mai. Der Bundesreform-
ausschuß wählte den bayerischen Bundestags-
gesandten von Schrenk zum Refereuten.

Leipzig, 9. Mai. Auch die Kriegsreserve
ist einberufen. Die sächsische Armee zählte bei
der Mobilmachung vom November 1850 im
Ganzen 26,192 Mann mit 6418 Pferden,
wobei auf die 20 Jnfanteriebatailloue durch-
schnittlich je 1000 Mann kämen. Wir hören
von beschleuuigter Ausrüstung der Feldlazarethe
und selbst der Feldpost.

Leipzig, 11. Mai. Vom heutigen Tage
an beginnen die größern preußischen Truppen-
zusammenziehungen an Sachsens Grenzen. Von
Halle aus wcrden mittelst der Berlin-Anhalti-
schen Bahn täglich Truppen über Bitterfeld nach
der Gegend von Herzberg dirigirt, wo eine
Armee sich zu concenlrireu scheint.

Berlin, 9. Mai. Jn Görlitz hat nach der
Volksztg. am 7. d. M. bei dem Zusammen-
treten dcr Jnfanterie-Reserven und Landwehr-
männcr ein bedauerlicherConflict zwischen diesen
und dem dort stationirten JLgerbataillon statt-
gefunden. Am folgenden Abend kam es wieder
zu einem groben Exceß, der wohl im Zusam-
menhang mit eiuem unruhigen Vorgange am
Morgen stand. Vor ciner Weinstube, in der
das Offiziercorps versammelt war, sammelten
sich Menschenmassen und demolirten mit Stein-
würsen die Fenster. Erst um 12^/^ Uhr wurde
die Straße durch Militär, das scharf geladen
hatte, gesäubert.

Berlin, 10. Mai. Die Nachrichten von
Verlcgung kurhessischer Trnppen nach Danzig,
vom Rückzug der prcußischen Truppen aus
Rastatt, von Aufstelluug des achtcn preußischen
Armeecorps gegen Darmstavt und von preußi-
schen Forderungen an die Hansestädte und Han-
novcr bestätigt sich nicht.

Berlin, 11. Mai. Dem „Frkf. I." wird
geschricben: Mit jedem Augenblick wird die
Situation gefährlicher. Die letzten directen Ber-
suche in Wien, das österreichische Cabinet zu
Vergleichen zu bestimmen, sind gänzlich geschei-
tert, und damit im Zusammenhange steht' der
Befehl jüngsten Datums, die ganze Landwehr
zu den Fahnen einzubcrufen. — Der Landtag
tritt vor sechs Wochen nicht zusammen. Es gilt
für ausgemacht, daß ihm nur einc einzige Vor-
lage, und zwar wcgcn einer Anleihe, gemacht
werden wird. — Binnen Kurzem wird die
Wahlagitation in großem Maßstabe beginnen.

Berlin, 11. Mai. Diplomatische Kreise
halten die Friedensaussichten durch evenluelles
Entgegenkommen Oesterreichs fest. Ein binden-
des Uebereinkommen zwischen Preußen und
Jtalien wird noch jetzt zuverlässig dementirt.

Berlin, 12. Mai. MorgeN Sonntag wird
hier eine große Volksversammlung behufs Vor-
bereitung zu den bevorstehenden Wahlen statt-
finden.

Berlin, 12. Mai. Der „Staatsanzeiger"
meldet, daß das Verbot der Wicner Presse wie-
der aufgehoben ist.

Berlin, 12. Mai. Die Direction der An-
haltischen Eisenbahn macht bekannt, daß vom
15. Mai ab der von Berlin nach Nöderau-
Dresden nach Berlin abgehende Zug wegcn
andermeitiger Jnanspruchnahme der Betriebs-
mittel vorläufig eingezogen werden, sowie, daß
vom 15. Mai ab die reglementsmäßige Liefer-
zeit für Güter nicht gewährleistet werden könne.

Berlin, 12. Mai, Abends. Dem Könige
sind Anträge in Betreff der Formation der
Stäbe vorgelegt worden. Die Feldposten und
die Kriegskassen werden organisirt.

Derlin, 12. Mai. Der Chef des Püriser
Hauses Rothschild wird heute hier erwartet. —
Von sieben trotz erfolgter Nichtbestätigung hier
wiedergewählten fortschrittlichen Stadtverordne-
ten sind sechs jetzt bestätigt worden.
 
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