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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 100-125 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0520

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belr., nach den Beschlüssen der zweiteu Kammer
angenommen.

Vor Schluß der Sitzung erNären die drei
Grundherrea Grafen H. und M. v. Kagepeck
und Frhr. v. Stotzinges ihren Austritt aus
der Kammer.

Graf v. Berlichingen verschiebt seinen
Austritt, bis eine Ersatzwahl für diejenigen
Grundherren, welche heute ihre MandatSnieder-
legung schriftlich anzeigten, stattgefundcn habe,
um wcnigstens in diesem Moment das Haus
nicht beichlußunfähig zu machcn.

^ Kartsruhe, 15. Mai. Wie wir auS
zuverlässiger Quelle vernehmen, hat sich die
Ministerconferenz in Bamberg für bewasfnete
Neutralität entschieoen. Wir haben dics als
ein Minimum erwartet, was von Seilen der
Mittelstaaten gegennber dem Conflicte der bei-
den deutfchen Großstaaten zu gcschchen hat.
HLtten die mittlern Staaten schon längst ihr
eigenes wie das wahre Jnterefse der Nation
erkannt. hätten sie schon früher über gemein-
fame Mittcl und Wege, die sie in den gemein-
samen deutschen Angelegenheiten einzuschlagen
haben, sich verständigt und gecinigt, so würde
ohne Zweifel unsere nationale Entwicklung
längst eine erfrcuÜchere geworden und wir wür-
den jetzt nicht an einem Abgrund stehen, der
nicht nur alle unsere nationalen Hoffnungen,
sondern unsere Existenz si.lbst zu verschlingen
droht. Die Mittelstaaten zujammen bitden im-
merhin eine nicht zu unterschätzende Macht, die
wenn sie auf die Sympathien des Volkes selbst
stch stützt, ein Faclor ist, mit dem jcder zu
rechnen hat, dcr in Deutschland eine Rolle spie-
len will. Ob von Seiten dcr Mittelstaaten in
dieser Richtung das Berfehlte nachgeholt wer-
den kann, ob man die rechte Zeit nichl frucht-
loS verstreichen ließ, wollen wir jetzt nicht un-
trrsuchcu. Jedenfalls ist aber der Vorschlag zu
eiuer stillestehenden Ncutralität, d. i.
nichts zu thun, fondern rühig abzuwarten, bis
einer nach hem anbern verfchtungen wird, fei
es von dem „großen" Manne i^Berlin oder
von den Concvrdatsstreitern, das Unseligstc, waS
man tbun könnte. Der Untergang, und zwar
cin sehr verdienter, wäre zweifellos, und an
Spott würde es auch nicht fehlen. Herr von
Edelsheim rvird heute Abend oder morgen hier
zurückerwartet; dann erst wird die Krage über
die Stellung, welche die Regierung der gegcn-
wärtigen ernsten KrisiS gegenüber einzunehmen
gedenkt, in der zweiten Kammer zur Sprache,
und wie wir Grund zu hoffen haben, zu einem
befriedigcnden Austrag kommen. Keinesfalls
wird uniere Negierung eine Sonderftellung ein-
znnehmen geneigt sein, wie dies von einer
grwisstn Scite her unbegrciflicher Weise ge-
wünscht wird. Badens Geschicko sind mit denen
Südvcutschlauds aufs engste verbuuden; mit
diefem wcrden wir stehen oder fallen.

ch Aus Süddeutschland, 14. Mai. Der
erste Schutz ist gefallen — auf den Urheber
dcs BürgerkriegS, Hrn. v. Bismarck, felbst —
abgedrückt von einer meuchelmördcrischcn Hand.
Aber auch diefe Hand wurde streng genommen
von der Kriegöfuric bewaffnet. Der Krieg ent-
fcffclt ebeu jcdL Lcideufchaft. BiSmurck hat die
drohende KriegSgefahr heraufbelchworen. Der
Mann dcs SchwerteS muß ihm feine Brust
darbieten, der Diplomat steht fern v.on diefer
Gefahr. Der Bruderkrieg in Amerika hat als
letztes Opfer durch Meuchelmord den Präst-
denlen der Union hinweggerafft, und in Dcutsch-
land ist auf dcn Mnistcrpräsidenten v. Bis-
marck die erste, von der Kriegsfurie geladene
Kugcl abgefeuert «orden. Man weitz es, Graf
Bismarct kommt so leicht nicht aus der Fas-
syng, er hat es wieder bei diefem Anlaffe be-
wiefen. Aber dieser Mordanfall ift im Augen-
blick Loch gttiguet, einen ernften Eindruck auf
den Mann „von Blut und Eifen" zu machen.
Wir stehen vor.einem Bruderkriege, einer euro-
päifchen Kriegsumwäizung. Jeder Krieg, der
nicht-evident gerecht ist. rst — nngerecht und
verwerflich. Freilich gibt eS keinen irdischen
Nichter, der die Kriegserklärung eines Fürsten
zu vcrurtheilen hat. Aber die öffentliche Mei-
nung, das Volk von ganz Deutfchland hat ge-
sprochen und sein Urtheil unzweideutig zu er-
kennen gegeben, das übrige bleibt einem höhern
Richter vorbehalten, vor dem die Könige und
ihre Rathgeber Rechenschaft abzulegen haben,

wie der geringste Unterthau. Weiter als der
Arm der Gcrechtigkeit reicht das Privatgewissen
und die öffenttrche Moral. Sie verdamvu oeu
MeuchelmordIsie verdammt abep auch jeden
frevelhaft beg«nenen Krieg und macht den für
alle Greuel des Kriegs verantwortlich, der ihn
frevelhafr heraufbcjchworen.

München, 14. Mai. Die Regierung hat
die Rcdactionen der in Bayern erscheinenden
Zeitungen ersucht, über Lruppenmärsche. Dis-
locationen u. s. w. nichts mehr zu veröffent-
lichen.

Berlin, 14. Mai. Das hente an der
Börse circulirende Gerücht. es habe die Bank
10 Millionen Thaler Silber aus dem Staals-
schatze erhalten, ist dahin zu präcisircn, daß
dic von der Bank und deren Filialen im Auf-
Irage des Staates für die AuSrüstung der
Truppen und den Ankauf von Pferden in
Noten gemachten Zahlungen aus dem Staats-
schatze in Silber constituirt worden sind.

Berlrn, 14. Mai. Eine Sommation an
Hannovor soll vorgestern Abend abgegangen
sein. Da Preußen Vorkehrungcn wegen der Vcr-
bindung der beiden Theile der Monarchie in
militärischer und administratlver Beziehung zu
treffen hal, so wird Hannover aufgeforderl, sich
in kürzesier Frist über seine Rüstungen und
Stellung zu erklären. Jn noch nrcht verbürgter
Weise verlautet gerüchtsweisc von einem beding-
ten und eventuellen Abkornmen zwischen Preu-
ßen und Jtalien. Wenn Oesterreich angreift,
follen Separal-Verträge ausgeschloffen sein.

BerliN. Die ganze preutzische Armee ift
nunmehr mobil gemacht. Es können dcmnach
jetzt unter die Waffen gerufen werveil: 243
Bataillone Jnfanterie mit (in runder Summe)

243.000 Mann, 10 Jäger- und Schützenba-
taillone mit 10,060 Mann, 116 Landwehr-
Infanteriebataillone (ersten Aufgebots) mit

58.000 Mann, 81 Ersatzbataillone, die gleich-
falls auf 81,000 Mann zu bringen sind, 10
Ersatzcompagnien für Jäger und Schützen mit
2000 Mann, und es können die Ersatzmann-
schaften erhöht werden. Die Summe der Jn-
fanterie kann also auf etwa 394,000 Mann
gebracht werden. Dic Cavallerie gibt 63,000
Mann, die Feld- und Festungsartillerie 37,000
Mann, 15,000 Pferde und 3714 Feldgeschütze,
die Pionicre geben 10,000 Mann, die Train-
bataillons 11,000 Mann, Nichtcombattanten
(Acrzte, Krankenwärter; Handwerker u: s. w.)
etwa 10,0M Mann. Die Landwehr zweiten
AufgebotS kann 120,000 Mann und 22,000
Pferde ergeben, alfo im Ganzen 645,000 Mann,

100.000 Pferde, 3714 Geschütze, ohne die Be-
spannung der Feldequipagen, Pontontrains
u.s.w. ES versteht sich von sclbst, daß diese
Masscn nur im Nothfalle zusammeükommcn und
im Felde natürlich nicht so viele stehen. Mit
der Mobilmachung tritt nun anch das Gefetz
vom 27. Februar 1860 wegen Verforgung der
Znrückgelassenen der einberufenen Reservistcn
und Landwehrmänner in Wirkfamkeit. Ebenfo
haben die Minister des Jnnern, dcs Kricges
und der Finanzen den 20. d. M. als den Tag
bezeichnel, mit welchem die Landlieferungen zu
Heginnen haben. Es find dies aüe Leiftnngen
für Kriegszwecke. Die Entschädigungspfiicht des
Staates ift darin gleichzeitiqgeregelt. Die Ver-
theilung des Bedarfs erfolgt 1) auf die Pro-
vinzen durch den Minister des Jnnern. unter
Berücksichtigung der LeistunMähigkeit und Lage
derfelben, dabei ist auf eine möglichst billjge
AuSgleichung Bedacht zu nehmen; 2) innexhalb
dcr Plovinzen anf die Kreife durch die Ober-
präsidenten uuter Zuzichung eines pvn der Pro-
vinzialvertrctung gewähltev AusfchusseS; 3) in-
nerhalb der Kreise auf die Gemeinden durch
die Landräthe unter Zuziehung eines von her
Kreisvertretung gewähltrn Ausschuffes.

Berlin. 13. Mai. Gestern Vormittag platzte'
auf dem Opernplatz in der Mhe dcs Arbeits-
zimmers des Königs ein Kavoncnfchlsg. Der
Thäter konnte nicht ermittelt werden, da er die
Patrone in ein Bosquet gelegt und wahrschein-
lich durch einen läygcren Zündfaden zur Explo-
sion gebrachl hat.

B-rlitt, 15. Mai. Der „Staatsanzeiger"
schreibt: Die Ersatztruppentheile sammtlicher
Waffen sind ermächtig't, Freiwillige mit
einjähriger und dreijähriger Dienstzeit, welche
ihre Qualification nachgewiefen, in unbeschrank-

ter Zahl bereits jcht einzustellen. — Nach zu-
verläsfigen Nachrichten werden seit dem 11. d.
von Wien aus geschlossene Truppenkorper nach
Norden transportirt. Me planmäßige Beför-
derung von Truppen zu Concentrationen an
der preußischen Grenze hat damit begonnen.
Die Armeestäbe und die Corpsstäbe sind for-
mirt und der Feldzeugmeister o. Benedek ist
am 12. in Wien eingetroffen.

Görlitz, 12. Mai. Jn einer von mehr
als 500 Urwählern besuchten Bersammlung
wurden folgende Ncsolutionen beschloffen:

^^ ^ ^^^ö^ih

Politik zu bewilligen. 2) Mit aUen Kräften isr dahin

Weimar, 14. Mai. Die Nachricht, wo-
nach die Filiale der weimarischen Bank in
Frankfurt die Eiiilösung unferer Noten verwei-
gerl hätle, ist falfch, ba wir daselbst gar keine
Filiale besitzen.

Hamburg, 15. Mai. Das österreichische
Feldlazareth Nr. 9 ist bereits aus RendSburg
nach Oefterreich übersiedelt. Gleiches steht mit
den Lazarethen in Altona bevor.

Hamburq, 15. Mai. Die Gründung einer
Disconlogesellschaft nach dem Mustcr der Ber-
lincr geht ihrer Realisirung entgegen.

Wien, 14. Mai. Triester Berichte melden
die Ausstellung der von Tarent ausgelaufenen
italienischxn Flotte unter Vacca zwischen Ancona
und der dalmatinifchen Jnsel Grosfa.

F r a n k r e i ch.

Paris, 14. Mai. Der Abend-Moniteur
meldet: Der „Courrier dimanche" und die
„Uniou ouest" von Angers wurden wegen Ver-
läuindung der Regierung verwarnt; indem fie
in dem Augenblickc, wo dic Regieruyg ihre
Anstrengungen zur Erhaltung des Friedeys ver-
doppele, behaupteten. sie reize zum Kriege inf.
Dw „Patrie" sagt, es heißc, ein türkisches Ar-
mcecorps sei in die Donaufürstenthümer efn-
gerückt.

Z t a l i e Zl.

Fkorenz, 14. Mai. Ein königliches Decret
befiehlt die Einreihung der Soldaten der be-
reits vor zwci Monaten in Dicnst bernfencn
zweiten Katcgorie von 1844. — Nack Berick-
ten auS Nom geht daselbft das Gerücht, der
General-Kanzler habe seine Entlassung genom-
men und würde durch den Grafen v. Merode
ersetzt werden. — Die „Opinione" schrciht:
Keine der Mächte hat einen Congreß förmlich
vorgeschlagen; aher Frankreich und Rußland
sind übereingekoinmcn. bei denjenigen Staaten,
deren internationalc Fragen den Frieden Eu-
rvpas bedrohen, einzeln anzufragen, ob fie den
Schiedsspruch eines Congreffes annchmen wür-
den. Wenn die vorläufigen Schritte einen
günstigen Erfolg haben, so werden Frankreich
und Rutzland einen Congreß vorschlagen. Was
Jtalien betrifft, so geht die Meinung der
„Opinione" dahin, daß dasselbe deu Congreß
unter der Bedingnng annehmen soüe, daß es
seine Mstpngen fortfetzen dürfe und daß die
Abtrelung Venetiens in dgs Programm des
Eongrcffes aufgenoimnen werde.

Mailand, 14. Mai. Nach der „Perseve-
ranza" sind in Venedig 2000 zur Vcrthndi-.
gung der Lagunen bestimmte Mntrosen einge-
troffen. Durch Mitre (?) stnd in 24 Stunden

22,000 Mann marschirt.

Florenz, 15. Mai. Die „Jtalst" sagt, daß
von einer Verlängerung der französifchen Oc-
cupation Roms über den Monat September
hinaus mcht die Rede sei. Rych der „Razione"
geht das Gerücht dxr Ankuuft einer fran-
zösißchen Note mit dem Vorfchlag eiues Con-
gresses. Darin hätte Frankreich erklärt, daß
es ihm bei dem Vorschlag um Vermeidung des
Krieges zu thun sei, nicht aber um eine Vor-
fchrist der Mittel zur Lösung der schwebenden
Fragen. Das italienische Cabinet hätte geant-
 
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