Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 126-151 Juni
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0591

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KrcisverkündigMgsblatt für den Kreis Heidelberg unü amlliches Verkündigungsblatt für die Amts- unü Auits-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wicslnch nnd dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargeinünü.


M 128


Sonntag, 3 Zum


18««

* Politifche Umschau.

Heidelberg, 2. Juni.

* Die Friedenshoffnungen haben im Grunde
durch die Aussicht auf den Congreß nicht viel
gewonncn, und doch mehrt sich die Zahl derer,
ivelche an Erhaltung des Friedcns glauben,
tagtäglich. Aus verschiedenen andern Ürsachen,
— die wir s. Z. vielleicht noch berühren wer-
den — sucht man in Preußen selbst den trif-
tigsten Grund in der Person des Königs. Daß
derselbe dcr Bismarck'schen Eroberungspolitik
abhold gewesen, und daß es besonders schwer
gewvrden, ihn zu cinem Bündniß mit Jtalien
zu bewegen, sind bekannte Thatsachen. Haupt-
sächlich die Vorspiegelung, daß es zur Demo-
ralisation des Heeres gereichen würde, wenn
rnan die Eroberung, die es mit seinem Blute
gemacht, nicht behauptetc, und daß die Bevöl-
kerung Schleswig-Holsteins selbst die Annexion
verlange, soll den König endlich bewogen haben,
dem Andringen Bismarck'S nachzugebxn und
auf den Krieg gcgen Oesterreich einzugehen.
Diese Absicht haben zwar manche dem König
nahe stchende andere Personen wankend gemacht,
aber nie völlig erschüttert. Jetzt haben dieselben
aber eine starke Unterstützung an den Friedens-
adrefscn, welche aus allen Theilen des Landes
eingehen, gefunden, und man hofft, daß ihre
Bemühungen jetzt erfolgreicher sein werden.

Nach der „Weser-Ztg." werden in eincm
Rundschreiben Preußens an deffen Agenten im
Auslande die Reformvorschlägc mitgelheilt und
entwickelt, daß deren Ausführung das Gleich-
gewicht Europas nicht bedrohe und folglich auch
nicht der Competenz der Pariser Conferenz zu
unterziehen sei. Preußen verlange von andern
Souveränen keine größeren Opfer, als von
sich selber.

Es verlautet, daß die Antwort Kurheffens
auf dic preußische Anfrage in Betreff der dieö-
scits einzunehmenden Stellung abgegangen sei
und einen Preußen zusriedcnstellenden Jnhalt
gcfunden habe.

Dr. Nelaton soll geäußert habcn, Garibaldi
sei feiner Ansicht nach durch -seine Bleffur bei
ASpromonte außer Stand, zu Fuß oder zu
Pferd eine Compagne mitzumachen.

Deutfchl«, nd.

Karlsruhe, 1. Juni. Se. Kgl. Hoheit
der Großherzog ist heute mit dem Schnellzug
1 Uhr 25 Min. nach Pillnitz bei Dresden ab-

gereist, woselbst Allerhöchstderselbe mit Seiner
Majeftät dem König von Sachsen in Gemäß-
heit des gegcnseitig ausgesprochenen Wunsches
zusammentrcffen wird. Die bedrohliche Lage
der deutschcn Verhältniffe und der allseitige
Wunsch nach ciner friedlichen Lösung der be-
stehenden Differenzen auf dem Wege der Bun-
desresorm sind die bestimmenden Ursachen für
dic Rcise deS Großherzogs. (K. Z.)

§* Karlsrrthe, 1. Juni. Unserem'Ver-
sprecheu gemäß theilen wir hier die wesentlichen
Bestimmungen zur Abänder ung^der Ge-
meindeordnung nach den Anlrägen der Ma-
jorität der Commission mit, um jene ihrer ur-
sprünglichen demokratischcn Grnndlage wieder
näher zu bringen. Wir bemerken übrigens zu-
glcjch, daß noch manche Verbefferung bei den
Verhandlungen in dcr Kammer sclbst zu er-
warten sein dürfte.

Vom großen Aus-schuß. §14. Jn allen
Gemeinden von 250 uud mehr Bürgern wird
ein großer Ausschuß durch Wahl gebildet.

Jn allcn übrigen Gemeinden kann die Ge-
meindeversammlung die Wahl eines großen Aus-
schusses beschließen, diese Einrichtung aber auch
durch Gemeindebeschluß — jedoch nicht vor Ab-
lauf von 6 Jahren — wieder abändern.

§ 15. Die Zahl der Mitglieder des großen
Ausschusses soü in Gemcinden bis zu 100 Bür-
gern — 24, zu 200 — 33 , 300 — 42, 400
— 48. 500 — 54, 700 — 60, 1000 — 72.
1500 — 84 und in Gemcinden bis zu 2000
Bürgern und mehr 96 betragen.

Jn Bezug auf das Wahlrecht gelten die bis-
herigen Bestimmungen der Gemeindeordnung.
Ebenso ist die Eintheilung der Wahlberechtigten
in drei Klaffcn nach Maßgäbe der in den Ge-
meindekatastern gehörigen Steuerkapitalien bei-
behalten. Dieö ist einer der streitigen Punkte,
der in der Kammer selbst auf starken Wider-
stand stoßen dürfte.

§ 20. Jcde der drei Vermögensklassen wählt
für sich besonders den dritten Theil der Mit-
glieder des großen AuSschusies, nebst einer An-
zahl Ersatzmänner. Es findet aber keinerlei Be-
schränkung der Wahl auf die einzelnen Klassen
der Wahlberechtigten statt.

Die Wahl geschieht mittelst geheimer Stimm-
gebung und nach rclativer Stimmenmehrheit.

Hinsichtlich des passiven Wahlrechts oder der
Wählbarkeit in dcn großen Ausschuß gelten die
bisherigen Bestimmungen der G.-O.

Von dem Gemeinderath. Auch hicr
bleibt die Gemeindeordnung wesentlich nnver-
ändert. — Sämmtliche Wahlen, der Gemeindc-
räthe und des Bürgermeisters, geschehen mittelst
geheimer Stimmgebung.

Nnch § 30 wird das Amt des Bürgermer-
sters und der Gemeinderäthe auf 6 Jahre be-
schränkt.

Von dem kleinen Ausschusse. § 43.
Die Zahl der Mitglieder des Bürgerausschuffes
ist der Zahl der Gemeinderäthe, mit Einschluß
des Bürgermeisters, gleich. Sie werden von der
Gemetnde, beziehungsweise dem. großen Aus-
schuß, gleich wie der Bürgermeffter und die
Mitglieder des Gemeinderaths gewählt.

Die Wahl aber geschieht durch geheime Stimm-
gebung.

§ 44. Jn Gemeinden, welche nicht durch
einen großen Ausschuß vertreten sind, werden
die Mitglieder des kleinen Ausschuffes zu je
einem Drittheil von drei Klaffen der Bürger-
schaft gesondert gewählt.

§ 47. Das Amt eines Mitglicdes des kleinen
Ausschnsses dauert sechs Jahre. Der Ausschuß
wird alle drei Jahre zur Hälfte erneuert.

§ 163. Die Gemeinderäthe, wie die Mitglie-
der des kleinen und großen Ausschuffes sür die
Gesammtgemeinde, sind aus sämmtlichen Orten
zu wählen, über welche sich der Gemeindever-
band erstreckt.

Die Staatsbehörde hat nach Vernehmung der
Gemeinde und mit Berücksichtigung der übrigen
Verhältniffe und dcr Bürgerzahl jcden Orts zu
bestimmen, wie viel Gemeinderäthe und Mit-
glieder dcs kleinen und großen AusschusseS aus
jedem Orte von den einzelncn Odten gewählt
werdcn müffen.

Von den Uebergangsbestimmungen hebcn wir
folgende herauS:

a. Jn den Gemeinden, in welchen seither kein
großer Ausschuß gewählt wurde, bleiben die im
Amte befindsichen Bürgermeister, Gemeinderäthe
und kleinen Ausschüsse im Dienste bis zum 1.
März des Jahres, in welchem ihre AmtSdauer,
für welche sie gewählt sind, zu Ende geht.

b. Jn Gemeinden, ivelche durch ei nen großen
Ausschuß vertreten werdcn, hat die Neuwahl
des großen Ausschuffes nach den Bcstimmungen
des gegenwärtigen Gesetzes erstmals im Januar
1867 stattzufinden. Von den Mitgliedern der
Gemeinderäthe und kleinen Bürgerausschüffe
scheidet die zunächst am Austritt stchende Hälste

Cincinnati, 15. April. Heute erhielt der Scke-
risf die Nackrickt, daß man in ber Entfernung von

seine Bekleidung war gänzltch zerrissen und einer
der Schenkel halb aufgezehrt. Der anlGre Kadaver
trug Spuren großer und wahrscheinlich durch Hun-
ger verursachter Qualen an sich: die Augen warcn
aus den Höhlen getreten, die Geficktszüge verzerrt
und die Hände mit Blut bedeckt.

Die sofort eingeleitete Untersuchung ergab aus
den vorgefundenen Papieren, daß der mit Wunden
bedeckte Leicknam der ftühere in Newyork wohl-
bekannte Aeronaute Smitchell, der zweite-jedoch
etn Räubcr Namens Tom Vroower gewesen, den
dtc Polizei schon lange gesuckt hatte. Weitere in
Rcwyork hierüber angestellte Nachforfchungrn führ'
ten zur Verhaftung eines Kreundes von Tom,
welcher fick in letzterer Zett Ausgaben erlaubt hatte,
die tn ketnem Verhältntsse zu seinen Famtlienum-
ständen standen. Derselbe war geständtg, daß er
in Gesellschaft mkt Tom den Aeronauten ums Leben

> gebrackt, und nachdem sie ihn beraubt, demselben,
! um jede Spux des Verbrcchens zu verwischen, in
! die Gondel seinrS Ballons geschafft, diesen gefüllt,
und während nun Tom hiermit bcsckäftigt gewesen
und den Leicknam in der Gondel zureckt gelegt,
ihm der Gedvnke gekommen sei, er könne sick nun
leicht alle Befitzthümer des unglücklicken Aeronauten
anetgnen, wenn er die Scile, woran der Ballon
befestigt, durckschnetde. Kaum sei dieser Gedanke
bei ihm aufgestiegen, so sci er auch zur That ge-
worden. Tom, vom Hunger gepeinigt, werde fich
dann an den Schenkel ihres gemeinsamen OpferS
gemacht haben.

Da der Aeronaute in einem abgesonderten Hause
wohntc, so konnte daS Verbrecken mit Leichtigkeit
auf dte bezeicknete Weise ausgeführt werden.

Glasbrenner's „Montagszeitung" bringt fol-'
gende humoristisck.e Telegramme: Berlin,
23. Mai. Es hat fich hier vor vierzehn Tagen
ein „Club zufriedcner Preußen" gebildet.
BtS jetzt hat sich Niemand zur Aufnahme gemel-
det. Dte zwei Stifter deS Llub's find Ausländer
und Befitzer eines hiefigen RestaurationSlocales.

— Paris, 23. Mai. Die Augen des Kaisers

ackten. — Kassel, 23. Mat. Es ist noch nickt

Seine automatisck - rpidemisckkn Kußbewegungen
sckeinen gegen Preußen gerichtct. — Paris,
23. Mai. Der Abscheu vor 1815 ist seit einigen
Tagen zu einer (cov-)greßlichen Höhe gestirgen. —
Deutsckland, 23. Mai. Christus, welcher

untcrei n ancker!" wurde von hohen Personen
gefangcn genommen, verhöhnt und gekreuzigt. —
Schilda, 23. Mai. Genaue Nackforschungen
haben jetzt ergeben, daß Oesterreich fünf Minuten
früher als Preußen gerüstet hat. ES ist daher
zweifellos und aller Logik gemäß, daß Deutschland
in einen Bürgerkrieg gestürzt werden muß. —
Paris, 23. Mai. Dte Neurralität Louis
Napo leon's wird täglich mobiler. — Deutfch-
land, 23. Mat. Dte Sckatteti, wrlche geoße
Ereigniffe vorauSwerfen soüen, find bereitS an
mehreren hochstehenden Köpfen bemerkbar.
 
Annotationen