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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 126-151 Juni
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Mlage M Heldelderger Iettung.

M 13« Mittwoch, den « Jnni 18««.

Deutschland

Mannheim, 4. Juni. D-r Ausschuß dcS
deutjche» Handelstages hat auf dcn 8. Juni
d. Z. eine außerordentliche Sitzung uach Kassel
anbcraumt, um darüber zu deratheu, welche
Schritte zur Adwendung der den Fortbestand
des Zollvereins bcdrohendeu tzlefahren «eiter
cingelcitet werdcn sollen.

München, 30. Mai. Heute fand die erstc
Sitzung der Kammer der Rcichsräthe statt, in
welcher Prinz Otto in die Kammer cingeführt
wurde. Auf der Tagesordnung war dic Bera-
thung über die an den König auf die Thron-
rede zu erlassende Adresie. Keiner der Minister
war anwesend. Referent v. Harleß virlaS
den Enlwurf, dessen Grundgedanken folgende
sind i

Ncgierim,, mit gleichgesiimlen Re,,ieruiijien sich verbinde
nnd rechlzeilig und eiuschlossen sich rüste; die Modil-

reichen, und m totaler Verblettdung üb^r dem Jahre
1756 jenes von 1806 ganz vergesse. Frhr. v. Zu-
Rhein stellle deu Antrag, man möge in der Adresse

angeerbter Gier beherrschle preußische Politik ausspre-
chen, welche sich im schnurgeraden Gegensatz zu der
Aeußerung des preußischen Königs : „ich und mein Haus
wollen dem Herrn dieneu", befinde. Es gelte j^etzl, dem

denn dieser sei der allein Schuldige, die Augen zu öfs-
nen. v. Harleß erwiederte, die Mitschu.ld'an der ge-
genwärtigen pxeußischen Politik trügen auch noch An-
dere, Viele sogar, die in Preußen nicht zu finden seien;
fromme uud uicht fromme Blätter verträlen das Bis-
marck'sche System, ja man habe sich sogar nicht gescheul,
das confessiouelle Jnteresse mit.hereiuzuziehen; er, als
Präsident des protestantischen Oberconsistoriums, spreche

doppelter und ^dreifacher Verrälher s'ei an der Nalion,
welcher auf diese Weise den confessionellen Frieden ge-
fährde. Der zweite Präsident, v. Kleinschrod, em-
pfahl Mäßigung; die Adresse, wic sic vom Ausschusse
verfaßt worden, spreche sich vernehmlich geuug auS über
das System, das jetzt in Preußen befolgt werde, und
nur um daö System haudle es sich, kcineswegS um eine
bloße Person. Der Antrag des Frhrn. v. Zu - Rhein
wurde mit allen gegen 12 Sümmen verworfen. Bei
der Stelle, welche die schleSwig - holsteinische Frage be-
handelte, beantragte Fürst Löwenstein-Freuden-
derg die SLtze, in welchen Prenßen „Sonderinteressen
und die Sncht uach Machterw.eilerung" vorgeworfen
werden, zu streichen; in diesem Augenblicke, da der Krieg
' i""' s°lche au und für sich nicht
oerewttgie beleidmende Aeußerungen wobl nicht am
Piatze. Luch sei Fragr dcr Bcrechliguna deS Her-
zogS von Augustenburg. uni> wenn er auch der „bcst-
keineswegs entschieden; in den
Her^oglbumern selbst deuke man über diese Sache ganz
verichieren. Dieser Antrag deS Fürsten fand keine Unler-
'I' ^ ^eUe. die von den Vorlagen spricht,

welche dem Laudtag versassung-ge.näß gemacht we.d7n
beantragte Frhr. v. Zu-Nhein einen Zusatz. daß die
Kammer die in rhre Compelenz fallenden Äufgaben psticht-
getreu erled.g^n werde, welcher jedoch. als sich von selbst
verstehend, abgelehnt wurde. D.e Adresse wurdc schließ-
Uch einftimmig angenommen, sowie fie-vom Ans-
schiisse vorgeschlagen war.

München, 2. Zuni. Die vorgestern im
Sterngarlen stattgesMdcneu Excesse wiederhol-
tcn sich gcstcru Adeud. Eine große Menge sol-
daten haltc stch trotz deS erlassenen Verbotes
daselbst eingcfunden, wcßhalb vou dcr k. Stadt-
coininandantschast eine starke Patrouille dahiu
abgeordcrt wurde, welche die Entfcrnung der
Soldatcn bald bewirkt hatte und den Wirth-
schaftsgarten für Militar abschloß. Jnzwischen
hatten sich anf dcr Straßc mehrere hundert
Personcn aus dem Civil- uud Militarstande
augcsammelt, Ivelche die Aufforderungcu zur
Entfcrnung nicht beachtcten, zum Theil mit
wüstem Geschrei erwidertcn. Der k. Stadtcom-
mandant, welcher stch mit dem k. Regierungs-
Präsidenten uud Polizei-Obercommissär am
Platze bcsand, ließ nun Retraite schlagen, wo-
durch zwar dcr größte Thcil der Soldaten znr
Hcimkehr vcranlaßt Ivurde, doch zeigte flch IIUII
baid, daß dic zurückbleibendcn Hanfen vom Ci-
vilstand eiucn Bterkrawall beabsichtigten. Eine
graße Masse Zanhagcl zog plötzlich schnell vou
dcr L-chützenstraße ab durch das Karlsthor, zer-
jchlug beim Spaten-, Pschorr-, Augustiner- und
Hackerbrän Feuster und LLden; doch gelang eS
der alsbald ausgeboteucn größcrn Truppenmacht,
ohne crnstliche Aiiivenaung der Waffen in BLldc
die Menge zu zerstreuen, zahlreiche Verhaftun-
gcn vorzuuehmen und die Ruhe wieder herzu-
stellen. Für heute stnd nmfassendc Vorkehrun-
gcn znr Sicheruug der Orduung gelroffen. —
Gestern eingelaufene Privatmittheilungen spre-
chen von dcp Fortsetzung des KrawallS und
vou dcm Einschreiteu dcs Militärs, wobci es
Todte Md Verwundete g-geben haden soll.

Augsburg, 31. Mai. Vom hieflgen Han-
delSgremium werden, wie der „Schw. M." mit-
thcilt, zwci Depulirte ans Miuisterium gcsandt,
um für unserc Judustrie Unterstützung zu er-
bitten und zwar 3 Millioncn Guldcu für die
hicstgc Stadt, 6 Mill. für dcn KrciS Schwaben.
Jm VerweigerungSfall müßten die hiestgen Fa-
briken, in welchcn bis jetzt nur unbedeutcnde
Reduclion dcr Arbcitszeit eiugetretcn issts ganz
einstellen. Die Zahl der Ardeiter, um dereu
Existenz cs sich dabei handelt, bcirägt etwa
10,000.

Äerlin, 1. Mai. Die nachstehcnden Eiu-
zelnheiten übcr Jnhalt und Form dcs zwijchcn
Preußen und Ztalieu abgeschlossenen Ver-
trags werdcn dcr „Allg. Ztg." als vollkommen
verläßlich berichtet:

Jn der ersten Hälsle des Monais März kam bekanal-
lich der ilalienische^General ^ovone^ nach Berlin^ und

in einen förmlicken Vertrag nmgewandelt wurde (etiva
am 26. oder 27. März). Gegen oder bald nach Mille
April sind sörmliche Ratificalionsurkunden, von König

Berlin ausgelauschl wordcn. Jn diesem ^ertrag 'ver-
pflichtt^sich^J^ai^all zwisch^n Oesterreich^ un^

reich die aggressive Ro'lle üdernommen habe. Eine gleich
reciprole Verpflichlung übernimml Prenßen nichl, son-
dern es hat nnr mündlich die moralische Verpflichtnng
anerkannt, im Falle Oesterreich aggressiv gegen Jkalicn
verführe, lctzterem beizustehen. Dagegen verpflichten sich
die beiden Staaten im Falle des gemeinsamen Kricgs
keiner ohne den andern Frieden zu schlicßen, und stellen
als Endziel des Kriegs aus: für Jtalieu den Erwerb
von Vmetien, für Preußen den eines entsprechendcn

«^uivslsot su territoire äe lu Veustis). Der Ein-
gang des Dertrags enlhäll in' der Thal die Floskel:
„kour sssurer 1u psix äe 1'Lurvpe."

Bcrlin, 3. Juni. D.er König empfing heute
den uus Peterrburg -ingktroffeueu G-nerLl
Sicvers, uud daiiu deu Geueral Govone, wel-
cher von Turiu zurückgekehrt ist. Der Krou-
prinz geht morgeu auf eiuige Tage nach Bres-
lau. Die Erueimuug des Herrn v. d. Hepdt
zum Finanzmiuister ist desinitiv. tzr. v. Bodek- !

schwingh ist zum Oberprästdenten von West-
phalen designirt.

Wien, 1. Zuni. Dic „Ncue freic Prcsse"
erwidert auf den Borwurf d er Köln. Zeituug,
daß man in Oestcrreich jetzt dcn „Krieg um
jedeu Preis" wolle, FolgeiüicS: „Das ist grund-
salsch. Wohl aber ist eS sehr natürlich, daß ein
Großstaat, dem di- Begehrlichkeit und die
Drohungen seiner Gegner eine solche Rüstung
auferlegteii, jetzt, nachdem cr fast cinc Million
Soldatcn ausgestellt hat, keine Neigung vcr-
spürt, Zugeständniffe zn machen, die er, bevor
er zu solchen Anstreng ungen gezwungen «ard,
nicht machen zu können geglaubt hat. Hilft
Prcußen eventnell dcn Jtaliencrn Venetien er-
obern, so ist ja ohnehin alles auf daS Kriegs-
glnck geftcllt, und dann ist cs durchaus^kein
„schlechtcr Spaß", wenn Ocsterreich an Schle-
stcn dcnkt. Wenn die österreichische Nordarmee
ioszubrechen gezwungen wird, so kauu es mit
Schlefien sehr crnst werden; denn am Ende
muß ja diescr von Bismarckst'cherVerwegeiihcit
bei den Haaren herbeigczcrrte Krieg cinen po-
siliven Zweck haben. Liegt eS im preußischen
Jnteressc gar so schr, daß Oesterreich Venetien
verliert, uun, >o erlaube die Köln. Zlg. Oester-
reich auch, mit dcn Waffcn in der Hand scin
Jntereffc zu verfolgen.

Wien, 4. Juui. Glaubwürdig verlautet,
Frhr. v. Werther sei gestern von der preußi-
schen Regieruug augewiesen wordcn, von Oe-
sterreich die Verzichtleistung auf dte Einberu-
fuiig der holsteinischen Stände categorisch zu
verlangen. — Vorgestern ist von hter aus ein
Rundschreiben über das Vorgehen Oestcrrerchs
am Bunde nach dem Ausland abgegangen.

AuS Ocstcrreich, 29. Mai. Jn Bclrcfs
der Bcstrebungeii, die von manchen Seitcn ge-
macht werdcu, cincm eiwa zwischcn Ocsterreich
und Preußeu auSbrechendcn Kricgc den Stem-
pel eincs Religionskrieges aufzudrücken, ist cs
ganz iuteressant, zu wissen, daß Bcnedck Pro-
testant ist.

F r a n k r e i ch.

Paris, 30. Mai. Man sieht für diescn
Monatsabschluß einer ernsten commercielle»
Krisis entgegen, die bereüs durch da§ Fallisse-
mcnt eines dcr größieii Baumwollenhäuscr von
Roiikli, Ivelchcs bei 3 Millioiien Passivcn Iinr
500,000 Fr. Aktiven besttzt, eine iraurigeEin-
lcüung erfahrcn hat. Auch der Naute Lllllllve
scheiul nicht gauz wohl zu Muthe; naiucntlich
soll sich der Credit Mobilier schr angcgriffen
zeigeu.

Z t a l i e n.

Florenz, 28. Mai. Es heißt, die Rcgie-
rung werde demnächst mehrere neue Senaloren
ernennen, darunter zum ersten Male auch Ju-
dcn; eS werdcn genaniit: Prof. Moleschott und
Dr. Schiff. — Nach emer Mailänder Corre-
spondenz dcr „Ostd. Pvst" bcstchl Jtalien in
der an Riüer Nigra crgangcnen Znstruclivn
auf dcr Bcsttznahme allcr der unter östcrrcichi-
scher Herrschaft befindiichen Prvvinzen, cinschließ-
lich Wclschtyrol'S nnd Friaul's. Von Tricst
wird keiner besondereii ErwLhiiung gethan.
Geht Oesterreich auf die sreiwillige Abtretnng
d'user Provinzen -in, so tst Jtalien b-reit, ge-
wisse Geldenischädigungen dafür zu gestattem
Der Corrcspondent spricht cs selbst auS, daß
man diese Fordernngcn in der b-stimmt-n Er-
wartnng stelle, sie nicht bewillizt zu sehen. Auch
er versicherl, Jlalien Ivolle den Krieg, um sich
di- Feucrprobc ciner kinstigen Großmachlstel-
lung zu erringen.

Southämpton, 31. Mai. DaS Poüd-mpsichiff de«
Rordd. Ltoyd .Neayork", Capit. G. Ernft, wilche»
am 19. Mai NachmittagS von Neuyork gescgelt war,
ift heiite 7 tthr AbendS uach eiuer Reiie vou 11 Tagen
wohldehallen unweit Cowes eingciroffeu uud hal um
3 Nhr die Reise nach Brimen forlgesetzt. Dasselbe
briugt außer der Poft 323 Paffa.ilere, 150 Tons La-
dun,i nnd für 380,000 DollarS an Contantcn.

Mitgetbeill duich das concess. AiiswaiidcruiigSbllieau
 
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