Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 126-151 Juni
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0663

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
dni, der zwijch-n Main und Weser zn operi-
ren hat.

-j-s Karlsruhr, 19. Juni. Schon in näch-
sten Tagen werden, wie wir »ernehnicn, die
Züge auf unsern Staattbahnen vermindert wer-
den. Der Vcrkchr jowohl an Menschen wie an
Gütern hat bei den gegenwärtigen Berhältnissen
in einer Weise abgenomnien, daß cine solche
Reduction nicht »ur ohne Nachtheile zuläsjig,
sondern auch anS finanziellcn Grnndcn drin-
gend gcbotcn erscheint. Auch anderwärts hat
man bereits dasselbc gethan; Badcn aber hat
durchschnittlich zwei bis drei Züge mehi, als
dieS aus allcn andern größcrn Linien, die wit
. nnsern Bahnen unter zicmlich gleichen Verhält-
nisscn stihen, der Fall ist; um so mehr ist cine
sofvrtige Reduction, welchc schon »or 14 Tagen
in unserer zwcilcn Kammer zur Sprache ge-
bracht wurde, ohne Gehör zu finden, gcboten.
Wahrlich, wir haben jetzt kein nberflnsfiges Geld,
um mit lccren Waggons Land aus- und abzu-
sahren.

tzHeidelberg, 20.Zuni. Bismarck's leicht-
fcrtige Politik hat ihr Vorspiel beendigt. Die
Würfel sind gesallen und das Drama des Bür-
gerkrieges begiimt, Mit den Beschlüfsen »on
voriger Woche haben unsere Mittelstaaten ihre
Haltung festgeftellt, die lange uiibestimint hin-
und herschwankte. Schon die nächsten Tage
könneii blutige Conflicte bringen, und zum
ersten Mal seit mehr als 50 Zahren wird in
eigentlichem Kriege deutsches Blut durch deutsche
Wasten fließen. Wohl berechtigt der Gedanke
an den - Bürgerkrieg zu dem tiesen Ernste, mit
welchem Zeder den koinmenden Ereignissen ent-
gegonsieht, unb nur Wenigen wird es gelingen,
diese Stimmung mit Hilfe eines blinden Par-
teihasses zu überwinden, wte ihn unsere Ultra's
nach rcchts und links seit Jahren gegen Preus-
sen genährt haben. Denn ein Bürgerkrieg ist
zu surchtbar, als daß irgend cine Partei ihn
als die vtelleicht ersehnte Unterstützung ihrer
Ansicht begrüßen dürfte, zumal wenn, wie hier,
die Ursache desselben nicht in dem Zwiespalte
der Völker, sondern in dem Character einer
Regierung, in den'Plänen eines Mannes zu
suchen ist, der im unbegreiflichsten Spiele der
Selbsterhaltung das Wohl eines ganzen Volkes
auf einen Wurf setzt und die mangelnden Sym-
pathien dnrch beraüschende Action nach Außen
zu erobern sucht. Zhm fällt zunächst die Ver-
antwortung anheim; gegen Bismarck und seine
Regierung, nicht gegen das preußische Volk
werdsn wir in den Krieg ziehen. Das Gut, was
wir erkämpfen müsten, ist ein Sturz dieses
jede Freiheit niedertretenden Regiments, als
erste Voraussetzung eines Sieges des ächten
Liberalismus in ganz Deutschland. Die nächste
Zukunst aber wird uns den Krieg mit seinen
unmittelbarsten Folgen, vor Allem auch mit
seinen Anforderungen bringen: jetzt gilt es, zu
zeigen, daß wir nicht allein im Stande find,
die materiellen Schäden zü tragen, die des
Krieges Folgen find, sondern auch bereit, un-
mittelbar Hand anzulegen, wo die Noth es
verlangt. Die Opferfreudigkeit wird ein schönes
Feld der THLtigkeit in der Unterstützung und
der Pflege der Kranken und Verwundeten fin-
den und wird fich dabei leiten lafsen von den
Grundsätzen ächter Humanitit, die dem iekann-
ten Genfer Vereine zu Gruude liegen. Es ist
zu wünschen, daß alle Parteien sich einigen in
der unbedingten Hingabe ihrer Kräfte an die
Forderungen des Vaterlandes und der vater-
ländischen Regierungen, und es ist zu erwar-
ten, daß ste die Aufregung der Zeiten nicht
benutzen werden, sei es nun zur Verwirklichung
unklarer Jdeale oder zur Einführung einer
lirchlich-politischen Reaction selbst unter dem
Deckmantel einer großdeutschen Demokratie. Die
Kräfte des Volkes müssen einig zusainmenstehen
in einem Augenblicke, wo neben dcr Gefahr
von' Norden die vott Westen nicht vergcsten
werden darf.

j- Freiburg, 19. Juni. Heute srüh ging
daS 3 Rcgiment auf der Eisenbahn landab-
wirts. Der Zng d-staiid in 22 Pcrsoneii- und
15 andcren Wageu. Eine sehr große Menschen-
menge hatte sich am Bahnhofe vcrsammclt. AlS
der Zug sich in Bcwcgung setzte, erschollen an-
haltende und herzlichc Hgchrufe. Die Kopfbe-
dcckung der sämmtlichen Maiinschafl bcstand in

Kappen. Dic Stimmnng ift hier überall cine
sehr ernfte.

O Freiburq, 19. Juni. Jm Laufe deS
heutigen TagkS rückten dic Epcapitulanten hier
cin. Diese Mannschast wird jedoch nur so lange
hier verweilen, bis ste mit dem Nöthigen
für den Felddienst auSgerüstet ist, und sodann
an ihren weitern Bcstimmungsort abgehen.
Man redet hier viel »on der Aufstellniig einer
Bürgerwehr, welche dcn Dicnst der abgegange-
nen Soldaten seiner Zcit übernehmen soll.

<? Vom Rdein, 19. Jnui. Wie Ocster-
reich und Preußcn, wird hoffeutlich auch der
deutscheBund sein Manifest erlassen. Dieses
letztere wäre sür UIIS gerade das bedcntungS-
vollste. Jn diescm schickjalsjchiveren Zeitpuncte
darf daS deutschr Volk wohl eincn klaren und
unziveideutigen AuSjpruch über die Ziele des
KampfcS crwarten. Versprcchungcn sind dcm-
selbcn schon vicle gcmacht wordcn; allein eine
feicrliche Zusage, gegeden von allen bundes-
treuen Regserungcii in der Stunde dcr Gefahr,
auf Festbaltung der Zusainmcngehörigkeil und
Jntegrität DentschlandS, sowie anf Durchsüh-
rung volksihiimlichcr Resormen würde einc
Schuldverschriibung jein, die gehalten wcr-
den müßte. Sic würde viele Hcrzen stählen,
die mit bangcn Zweiscln der Auknnft entgegen-
schen.

Stllttgart, 19. Jnni. Württemberg rust
seinen Gesandten VPII Berlin zurück; der hie-
sige preußische Gesandte erhielt seine Pässe.

Darmstndt. 19. Zuni. Der FinanzauS-
fchuß der 2. Kammer empfichlt Angesichts der
veränderten Verhältniste jktzt die Bewilligung
der von der Regiernng wiederholten Anforde-
rung von 2>/z Mill. Gulden zu MobilistrungS-
zwccken. Die Kammcr wird morgen in die
Beralhung hierübcr cintrelen. (N. F. Z.)

Frankfurt, 19. Juni. Gestern Abend 7'/,
Uhr fand doch eine außerordentliche Sitzung
der Bundesversammlung statt. Von der kur-
fürstlich hessischen Regierung wurde die Anzeige
gemacht, daß die kurhessische Gränze dnrch
preußijches Militär überschritten und dadurch
eine Verletzung des Friedens. durch Vergewal-
tigung herbeigeführt wurde. Dem daran ge-
knüpsten Antrage auf Bundeshülfe tritt Han-
nover mit Hinweisung aüf die dort vorgenom-
mene gleiche Vergewaltigung bei, und wird
demselben durch den Beschlnß entsprochen, daß,
anknüpfend an die Bundesbeschlüsse vom 14.
und 1k. d. Mts., alle in der Versammlung
vertreteüen Regierungen ersucht werdm, alle
militärischen Maßregeln init größter Beschleu-
nigung zu tresten, um den durch das gewalt-
-thätige Vorgehen Preußens bedrängten. gegeü
Recht und Gesetz des Bnndes mit Krieg über-
zogenen bundestreuen Regierungen die thunlichstc
llnterstützung und Hülfe zu geivähren. Bon
Württemberg wurde die Ernennung Sr. großh.
Hoheik des Prinzen Alexander von Hessen zum
Dbercominaildanten des 8. Armeecorps angezeigt.

Mainz. 18. Juni. Heute ist daS Gouver-
nement und das Festungscommando der Bun-
dessestuiig Mainz Scitcns deS Prinzill Walde-
mar von Holstein nnd des Grasen Erivln von
Ncipperg officiell übcigcben worden, daS erftere
an den bayerischen Generalmajor Grafen oon
Rcchberg, das FestungScommando an den sachscn-
uiciniiigenschen Oberst v. Buch. — Der Prinz
von Holftcin ist hcnte Nachmiltag »on hier nach
Koblenz abgereist.

München, 19. Juni. Die Königin von
Sachsen nnd die königl. sächstsche Familie be-
ziehen hente die Villa iei Regensburg. Die
Königin-Wittwe blieb in Dresden. — Prinz
Karl wird sich morgen oder übermorgen in's
Hauptquartier Bamberg begeben.

Berlin. 17. Juni. Dic Einberufung von
11k Bataillonen zwciten Aufgebots zur Bc-
sctznng vcr Städtc und Feftungcn ift im Gange.

Köln, 18. Juni. Die Eisenbahn in Han-
novcr ist wicdcr hergcstcllt; die Köln-Mindciier
Bahn gibt von heutc an wieder dirccte Fahr-
billette über Mindcn hinanS ans.

Stettin. 16. Jnni. Hier iritt dic Cholera
noch immer mit großcr Hestigkeit anf; in den
beiden letzlcn Tagen stnd 70, rejp. gz Perso-
ncn crkrankt un» 40. resp. 35 gestorben.
Dderbcrg, 18. Jnm. Ans Preußen wird f

l gemeldet, daß oon heute an keine Eisenbahn-
züge hieher abgelasten werden.

Wien, 17. Juni. Es war, glaube ich,
das „Memor. diplom.", welches ankündigte,
daß Verhandlungen zwischen Wien rmd Paris
schwebten, um Frankreich Garantien gegen eine
allgemeine europäische Conflagration zu bieten.
Verhandlungeii schweben, das ist richtig, aber
ihr-Gegenstand dürfte in jener Version inög-
lichst ungenau bezeichnet sein. Verhandlungen
schweben, um es kurz zu sagen, abermals zur
Ermöglichung 'einer Combination, weiche, ohne
einer Großmacht eine Gebietserweiterung zuzu-
wenden, entsprechende Gebietsverändernngen in's
Werk zu s'etzen gestattet. Jch glmibe nicht zu
irren, wenn ich behaupte, daß diese Verhand-
lungen auf der Basis der bereits in der zweiten
österreichischen Depesche vom 1. Juni enthal-
tenen Andeutuiigen geführt werden, und um
über ihre spezielle Nichtung zu orientiren, mag
daran erinnert werden, daß Frankreich sowohl
als Oesterreich wohl ein Gewicht darauf gelegt
haben, daß kein Großstaat einen Zuwachs an
Gebiet oder Macht erlange, daß aber ein even-
tueller Verlust an Macht oder Gebiet als Aus-
gangspunkl eines Arrangements dadurch nicht
ansgeschlossen ist. Wer in dem Kampf, der
jetzt entbrannt ist, unterliegt, wird verurtheilt
sein, das ausgleichende'Material fir dic neue
Karte Europa's zu liefern, denn wesentlich nur
darmn, dies'es Material zu beschaffeii, handelt
es stch im Grunde Iwch. (Karlsr. Ztg.)

Wien. 17. Juni. F.-M.-L. v. Gablenz
übernimm! daS Commando des neugcbildcten
10. Arnieecorps, daS der Nordarmee einver-
leibt ist.

Wirn, 19. Junr. Eine neue Finanzope-
ration soll beabsichtigt sein. Die Bodencredit-
anstalt soll in Auftrag der Negierung Psand-
scheine emittiren mit Depositnr bcim Hause
Schnapper. (R. F. Z.)

. Ita li en

Florenz, 19. Juni. DaS ncuc Ministcrium
wird Mazzini amneftiren, der bereits in Lugano
eingetrostcn sein I'oll.

Neueste Rachrichten.

Berlin, 18. Juni. Die Eisenbahn zwi-
schen Kaflel und Eisenach ist theilweise zerstört.
Die Baycrn beabsichtigen, die Bähn Kobnrg-
Bamberg durch Sprcngnng der Eisenbahiibrücke
bei Lichtenfels unfahrbar zu machen. Die Ocft-
reicher haben die Eisenbahnbrücke bei Oswie-
cim zwischen Galizien und Schlcsien gesprengt.

Kobnrg, 19. Juni. Die Baycrn sind
hier ringerückt.

Praq, 19. Juni, Abends. Die Preußen
sind in Pirna eingerückt. Die sächsische Kö-
nigsfamilie begibt sich nach Regensbnrg. Von
Teplitz sind die Militärkranken nach Prag ge-
schafft worden.

Wien, 19. Juni, Abds. Die Communi-
cation zwischen Bodenbach und Sachsen ist ge-
stört. An Pirna stnd diesen Mittag prenßische
Husaren eingerückt; auch Freiberg und Tharand
stnd besetzt.

Verona, 19. Zuni, Abds. Der Postver-
kehr mit Ztalien ist heute cingestcllt worden.

Aus Baden. Der Landesansjchnß dcS
badischen FeuerwehivcreinS hat jo ebcn an
jeinc Ansschußmitglicder die Änsrage gerichtet,
ob es nichl an d-r Zeit wäre, AngeflchtS der
bedrohten Lage uns'cres Vaterlandes und sür
den Fall des AilSinarschcS des badischcn Ar-
meccorps, dcr Regierung dic Feuerwehren dc«
Landes znr Aiifrechtbaltung der Ruhe und
Ordnung im Jiiiiern zur Versügnng zu stel-
len. Sclbstvcrständlich würde der AuSschuß.
wenn derselbe übcr dies'e Frage einig, woran
nichl zu zweifcln ist, die Fcuerwehren dcS Lan-
des zur uiigeiäumten Erklärnng ausfordcrn. —.
Zn KarlSruhe wurdcn am 17. Jnni wäh-
rcnd eines heftigen -sturmwindes in der Beierl-
heimer Allec, im Haardtwalde, bei d-r kathol.
Kirche und auf der Kriegsstraße mchrere Bäume
entwurzclt. — Jn Rastatt ist die preußischc
Munilion nnd Bagage mit Bcschlag belegt.
 
Annotationen