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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 281 - Nr. 290 (2. Dezember - 12. Dezember)
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' ^'^Gerg, den 5. Dezemder 1935.
jtzAlNlung des Mjchsbündts der
> KkNitgl- und MimMmr
, ?d h ^.lammlungszimmer der Stadbholle
' f^W^ i " nachmittag unter Leitung des
An ^t"hn die Monatsversaminlung der
^en^^DMiPpe des Reichsbundes der
?i«i^^pit«l- und Kleinrentner statt, die
^r. Nach d'^r Begrüßung >go,b der
^c ^gsleiter einen Rückblick über das
Kkk JHr, wobei er feststellte, daß dem
A kein ' das Rentnevhilfsgeisetz brachte,
weiteren Verbesserungen folgten.
pch M der Praxis gezeigt, daß dieses
> tzrm? "er zwei Durchführungsböstimmun-
? sei / Lücken aufweist. Das Bundes-
^istx^w^twäihrend mit dem Reichsarbeits-
M ° W in Unterhandlung, dami t die neuen
>so klar lauten, daß sie nicht
werden könnten. In das Evweite-
^Mühten auch die eingeschlosien wvr-
Vermögen durch Haus- und
HP^bvevkauf verloren haben, 'ebenso die
i^'der N' ^orte herzlicher Dankbarkeit wid-
^richter'st,rtter dem im April zuvück-
langjährigen 1. Vorsitzenden Re-
Äii«" leb sch. Die Ausnahme, die
»^Wrangen dei den Versammlnngs-
dulden, bezsugten, daß Hm treues
bcher ist. Weiter ging der Ortsgrup-
" Anregungen aus Mitgliederkrei-
We dar, warum so wenig Versamm-
ln P, ^halten werben, besprach die drei
Mn?wrnern der Rentnerzeitung und gab
Mm«, einen Briefwechsel mit dem
!*ztz!^Herein. Auch hob er die Wichtigkeit
hervor, wonach der Unterschiebs-
^tz^"^sder einfachen zur erhöhten Bor-
l iinä irr Anrechnung gebracht wevden
hat, unter den Kleinrentnern für
A ?t in den Bund zu werben. Auch die
!hss^u^ger der Kleinrentnerhilfe" wurde
und der Ansicht zugestimmt, daß
lk ^wgsbahörden und nicht die Finanz-
^.^gnetsten Träger der Kleinrent-
f' der Rentner überhaupt nicht in
,^-wLe gehöre. Freudige Zustimmung
^"lteilung, daß die hiesigen Apothe-
P ^ntnern für alle ärztlichen Rezepte
Hon io Prozent gewähren auch
ohne Rezept geholt werden,
Nkx^winen find von dieser Vergünstigung
Artikel. Weniger erfreulich war die
daß hier eine Verteilung der
>,8ii^w^lien nicht möglich sei.
kurzen Aussprache wurden aus der
hgvuus Klagen vorgebracht und
H Illach auAgebvückt, daß die Oefsenttichkeit
Schicksals der Kleinrentner an-
^„.wochte. Zum Schluß ermahnte der
»itz^^ensühxer die Mitglieder zur Treue
Hiz g,, br Organisation. Die Parole 'laute:
l ik, der Fürsorge, und gebt uns nach
ne rh i lfs gese tz endlich auch
lH^f^rversorgungsgösetz. Nachdem noch
Kr^pwr Versammlungstermin der 7. Ja-
Kktzr b?"^'0geben war, schloß Ortsgruppen-
^«g-kT.wwsohn die Versammlung mit dem
l aus den Führer.

Die Lage des HausbeMes
Srsi auWlußreiche Neksrarr in der MsSMsmriammlMg

Die gestrige Versammlung des hiesigen
Grund- und Hausbesitzervereins in der Stadt-
hallewirtschaft wies einen guten Besuch auf.
Nach kurzer Einleitung begrüßte Veremsfüh-
rer Collmer die Mitglieder und die Re-
ferenten und erteilte dem Verbandsführer
Hans Imhoff, Mannheim, das Wort. Bevor
der Verbandsführer sein Referat begann, ge-
dachte er mit einem Sieg-Heil des Führers
dann führte er zum Thema
„die Lage des Hausbesitzes"
aus, daß diese in Baden und im ganzen Reich
nicht als rosig bezeichnet werden kann. Wenn
man über die Lage des Hausbesitzes sprechen
wolle, müsse man seinen Blick rückwärts wen-
den, um den richtigen Maßstab für den Unter-
schied von früher und fetzt zu gewinnen. Man
dürfe nicht vergessen, daß früher der Hausbe-
sitz der Arbeitgeber für viele Handwerker, der
Produzent neuen Vermögens, der Befruchter
des Geld- und Kapitalmarktes, der echteste
Vertreter staatserhaltenden Bürgertums, der

Stand, der jedem Volksgenossen was zu bie-
ten bedeutet hätte. Nach dem Krieg unter
Sondergesetze gestellt, wurde er -der Willkür
aller Uebelwollenden Preisgegeben. Der na-
tionalsozialistische Staat, der sich zum Privat-
eigentum bekenne, sähe im Hausbesitz den Be-
treuer wertvollsten Volksvermögens.
Jahre lang sei der Hausbesitz infolge Man-
'gels an Mittel nicht in der Lage gewesen, Auf-
wendungen für Instandsetzungen zu machen,
90 Prozent oller Streiigkeiten seien hierdurch
enstanden. Hier habe die nationalsozialistische
Regierung eingegrisfen.
Das große 500-Millionen-Programm
sei ebenso wie die Zinskonversion der Pfand-
briefhypotheken ein Segen für den Hausbesitz
gewesen. Die Zinssenkung der Sparkassen und
der übrigen Finanzinstitute, die keineswegs
abgeschlossen seien, desgleichen.
Das Jahr 1935 hätte eine 25prozentige
Senkung der Gebäudesondersteuer und eine
30prozentige Senkung der Brandversicherung

Sankt Nikolaus


Am 6. Dezember sicht Sankt Nikolaus im
Kalender. Dieser heilige Bischof kann Mr sich
in Anspruch nehmen, in Deutschland einer der
volkstümlichsten Heiligen zu sein, der liebe
Weihnachtsvorbote im Pelz, mit dem Gaben-
sack und mit der Rute, der in den Dörfern und
-auch in den Städten von Haus zu Haus zieht,
van den Buben und Mädeln teils srohgestimm-t,
teils mit einem -gewissen Gruseln -erwartet.
Meist Mopst der Nikolaus nach einem Ketten-
gerassel an die Türen, tritt in die Stube, er-
kundigt sich, ob die Kinder folgsam oder böse
waren. Danu gib-ls für die Braven Aepfel und

Lebkuchen, Nüsse und Kletzenbro-t, den unarti-
gen Kindern wird ins Gewissen geredet und.
die Rute wird als warnendes Mahnzeichen
von den Eltern -hinter den Spiegel gesteckt.
In manchen G«gend-en erscheint der Niko-
laus den Kindern in weniger grimmiger Ge-
stalt, «r geht als Bischof gekleidet in die Häu-
ser, angetan mit der Mytra und den Krumm-
stab in der Hand. Ist der Nikolaustag -vor-
über, dann beginnen sich Schaufenster in ver-
stärktem Maße weihnachtlich zu schmücken und
da und dort tauchen schon die ersten Weih-
nachtsbäume auf.

Seite A

gebracht. Di« Steuersenkung bei Staat und
Gemeinden werde von -allen Beteiligten noch
an-gestrebt. Einmal werde auch die Zeit kom-
men, wo die Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzer
wieder -hergestellt sein wird. Bis dahin schütz-
ten den Hausbesitz Einrichtungen, wie di«
Gütestelle zur Schuldenregelung des badischen
Hausb-esitzes, ein erweiterter Vollstreckungs-
schutz und das Hypothekenmoratorium. Das
seien nur Uebergangseinrichtungen, das Ziel
sei,
di- Wiederherstellung der Wirtschaftlich-
keit.
Das neue Bodenrecht und das neue Mietrecht
wird ebenso auf die Aufgaben der Zukunft
wie auf die Mängel der Vergangenheit aus-
gerichtet sein. Es gehe aber nicht allein um
-die Hausbesitzer, es gebe uv Deutschland und
das deutsche Haus. Ter Führer sei Garant
IZür, daß auch di« wirtschaftliche Freiheit
erkämpft werde.
Der zweite Referent, Verbandssyndikus Dr.
Dierle. Karlsruhe, sprach zunächst über
Zuschußmöglich'leiten für Rept^
raturen u nd U m b a u t e n. Er stellte fest,
daß der deutsche Hausbesitz bei der Arbeits-
schlacht seinen Mann gestellt habe. Mit Hilfe
der Reichszuschüsse habe er für
drei Milliarden Mark Arbeit geschaffen.
Damit sei unter Beweis gestellt, daß der Haus-
besitz des 500 Millionenzuschusses würdig ge-
wesen sei. Dann gab er bekannt, daß es für
Schaffung neuer Wohnungen und zur Teilung
großer Wohnungen Zuschüsse gäbe, jedoch nickst
für Jnstandsetzng. Der Zuschuß werde bis
zu 50 Prozent, Höchstsatz 1000.— RM. betra-
gen. Mit der Bearbeitung der Anträge wer-
den voraussichtlich die Stellen betreut, die die
letzten Zuschüsse behandelten. Die Arbeiten
müßten bis zum 31. 6. 36 beendet sein. Die-
ser Termin wurde festgesetzt, um schnellstens
Wohnungen und auch für den Winter Ar-
beit zu beschaffen. Der Referent berichtete
dann noch, daß der Verband von sich aus bei
der badischen Regierung «inen Zuschuß von
2 Millionen beantragt hätte und daß die ba-
dische Versicherungsanstalt für Instandsetzung
400 000 Mark zu niedrigem Zinsfuß zur
Verfügung stell«, welchen Betrag die Regie-
rung um die gleiche Summe erhöhe. Nachdem
Dr. Dierle noch für den Verein werbende
Worte gefunden hatte, kam er -auch auf di«
Eingliederung des Neuhausbesitzes
zu sprechen und gab der Auffassung Ausdruck,
daß Mt- und Neuhausbesitz im Prinzip das-
selbe wollten. Es werde auch in Baden so
kommen, daß -der reine Neuhausbesitz zu dem
Grund- und Hausbesitzerverein und die Sied«
der der Siedlerorganisation zugeführt werden,
Der dritte Referent Dr. Siebter ver-
breitete sich eingehend über:
„Die Gütestelle zur Schuldenregelung des
Haus- und Grundbesitzes",
deren Einrichtung ein bedeutungsvoller
Schritt zur Sanierung unverschuldet in Not
geratener Hausbesitzer sei. Bon der Einrich-
tung hätten im Laufe des Jahres 700 Haus-
besitzer Gebrauch gemacht, wovon 80 Prozent
entschuldet werden konnten. Die Gütestelle sei

gegen spt'öcls t-tsut

Ust

I>iel»eL-I.ei6 unö -I,u5l
Lustspiel von W. Shakesspeare.
das Stadt. Theater diese leider
wenig bekannte köstliche Komödie des
^„englischen Lustspieldichters in einer
> M? Aufführung wie gestern abend ver-
H verpflichtet zu besonderem Dank
pH Erkennung. Gerade hier, wo wir
? einzigartigen Aufführungen
> r nr'scher Werke bei den Reichsfest-
"shOehr verwöhnt sind, stellte das Werk
stEstun anten und Schauspieler große An-
Es galt, im Raum der kleinen
E» geistvoll Witzige und in der gan-
ftv 1?ielerisch Tänzerische darzustellen,
^ Zuschauer in diese Welt köstlichster
^e^nnd feinster Ironie, deren Wieder-
tiK,..deutschen Sprache zum Teil gar
ftt N,??ülich ist, einzuführen. Intendant
^tg^iich, der selbst die Inszenierung
An E diesen Ton wundervoll getrof-
> *var auf Heiterkeit, tänzerische
geistvollen Humor abgestellt.
' ft W wurde diese Auffassung durch das
'wolle und leicht groteske Bühnen-
Hermann Alberti, das eine rei-
hst Abwicklung der Szenen ermög-
'ft ^drsteller gingen auf den durch Dich-
Szenerie gegebenen Ton ein und
He/b Helmut Wittig als leichtfüßiger
H tz»;^"alier, der jede Situation rettete
hte„^o T hiele als König waren hier
rochen Braun dürfte noch etwas
HktzEr und Werner Loos etwas kraft-
bewegen. Restlos befriedigend war

das lustige und schalkhafte Damenquartett
der Prinzessin (Trude Oe hm) mit ihrem
Gefolge (Luise Mentges, Herta Glatt,
Annemarie Collin). Jede war nicht nur
äußerlich in ihrem Kostüm, sondern auch in
ihrem Spiel eine charakteristische Darstellerin
und gerade die Dialoge zwischen ihnen und
den Kavalieren waren so neckisch und flott,
daß man seine Freude daran hatte. Die komi-
schen Figuren, die bei Shakesspeare eine be-
sondere liebevolle Behandlung und Charak-
terisierung erfahren, waren ebenfalls aufs
beste besetzt. Egon Helms als Don Adri-
ano, eine Don-Quijote-Figur, erregte schon
durch seinen gespreizten Gang und seine ge-
suchte Redeweise Heiterkeit, ein richtiger auf-
geblasener Hohlkopf und lächerlicher Lieb-
haber. Sein Page Motte gab Max Mai -
r i ch wieder Gelegenheit zu seiner köstlichen
Lausbubenfiguren frei nach W. Busch. Eine
ganz ausgezeichnete Leistung war der Bauer
Schädel von Hans Ney, fern von jeder
llebertreibung in der dummschlauen Tölpel-
haftigkeit dieses ertappten Liebhabers und
ungeschickten Liebesboten gestaltet. 'Auch
Karl Fürstenbergs Holofernes, dieser
geschraubte Gelehrte, eine gelungene Parodie
auf den damaligen Sprachmeister Florio,
war in seiner überspitzten scharf pointierten
„Gelahrtheit" eine treffliche Charakterisie-
rung. Emmerich Noseda paßte sich als
Nathanael dieser Art etwas schwerfälliger
und hilfloser bestens an. Hilde Reichardt-
Soretty war in ihrem drolligen Aufzug
und ihrer derben bäuerlichen Sprache das
richtige Gegenstück zu Armado und Bernhard
Wichert sowie Robert Moser ergänzten
als Voyet und Dämlich sehr gut die beiden
Parteien.
Das gutbesuchte Haus stand von Anfang
an im Reiz dieser feinsinnigen und fröhlichen

Dichtung und spendete am Schlüsse gerne den
wohlverdienten Beifall. cl.

VortrsAssaal
Ivksin unö »eirlelbei'z"
Ein amerikanischer Professor, Dr. West,
sprach gestern abend in der Universität vor
einem zahlreichen Publikum über den be-
rühmten Schriftsteller und Folkloristen Mark
Twain. Er erzählte, wie der junge Schrift-
steller mit seiner Frau im Jahr 1876 nach
Deutschland kam, um einige Monate hier
weiter zu studieren, um Land und Leute und
besonders das Studentenleben kennen zu ler-
nen, ehe er seine Studienreise durch Europa
fortsetzte. An dem Riesenstrom Mississippi
aufgewachsen, freute es ihn, einen Fluß zu
finden, auf dem er in seinen Mußestun-
den die Schönheit der Natur genießen konnte,
Berge und Bergschluchten mit seltsamen Sa-
gen von einer Zauberin, von Niesen, Gno-
men und Hexen. Da fand er ja denselben
Aberglauben, hörte von denselben gruseligen
Geschichten, wie er sie so gerne in Mittel-
und West-Amerika und auch in anderen Län-
dern hörte und später besonders in deutschen
Märchen las, was ihm reichen Stoff für seine
sagenumwobenen Legenden und Novellen
lieferte. Man muß sein Buch „A Tramp
abroad" lesen, um zu verstehen, welche Sym-
pathien erbesondersfürHeidel-
berg mit seinem alten Schloß und das Nek-
kartal mit seinen Ritterburgen führte, zy
denen es ihn 17 Jahre später wieder zurück-
zieht. H
Auch seine anderen Werke, von denen
Prof. West den Hauptinhalt wiedergab,
„Tom Sawyer" und „Huckleberry Finn", ha-
ben sehr interessiert. In einer Art Autobio-

graphie, die erst nach seinem Tode veröffent-
licht wurde, schildert Mark Twain seine Ju-
gendzeit. Sein Werk „Johanna von Arc",
voll geheimnisvollen Naturlebens, ist noch
nicht gedruckt worden.
Wenn das Englische Seminar die freund-
liche Absicht hatte, Mark Twain dem Heidel-
berger Publikum in lebhafte Erinnerung zu
bingen, so hat es wohl durch diesen fesselnden
Vortrag seinen Zweck erreicht.


Am 6. Dezember 1885 starb Robert Gerwig,
der Erbauer der Schwarzwaldbahn,
 
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