Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0463
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Michel, Wilhelm: Die Weissenhof-Siedlung, Stuttgart: Erwägungen zur Werkbund-Ausstellung 1927
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INNEN.DEKORATION
443
STUTTGART 1927. BLOCK M. VAN DER ROHE WOHN- U. ESSZIMMER. SCHWEIZER WERKBUND
die im Winter der Ostwind, der gefürchtete Plagegeist ge- Diese Fragen stellen heißt, sie zugleich in einem den
rade der Anhöhe, auf der die Weißenhof-Siedlung liegt, Neuerern günstigen Sinne beantworten. Sie haben im
pfeifen und die Räume in Eiskeller verwandeln wird; Ganzen eben doch im geheimen Auftrag der Zeit ge-
dieses allzuenge Zusammenkuppeln von Räumen, das kein handelt. Wir selbst sind es doch, die in all diesen Jahren
Sich-Absondern erlaubt und somit dem primitivsten Be- die Wandlung und Erneuerung der Wohnform spürten und
dürfnis jedes Kulturmenschen entgegenarbeitet. Dutzende wünschten. Wir selbst sind es, in denen ein Ideal der
von ähnlichen Aussetzungen wären zu machen, — lauter technischen Formung sich aufzurichten begann. Die For-
Punkte, an denen diese Bau-Gesinnung in wichtigen Be- derung der blanken Sachlichkeit, der zweckhaften Form,
zügen gegen wirkliche Zweckmäßigkeit des Woh- der nüchternen Wirklichkeits-Gesinnung — diese Forder-
nens und eine menschenwürdige Lebensform überhaupt ungen haben wir alle nähren helfen. Wir dürfen sie jetzt
verstößt. Und der wichtigste Einwand wäre dabei gegen nicht verleugnen, wenn sie diese Baukünstler zu einem in
diese Baugesinnung als solche zu richten, die weit über vielen Zügen unhaltbaren Wagnis getrieben hat. Längst
die gegenwärtige Notwendigkeit hinaus den Menschen hat sich unser Wohnraum — das kann niemand leugnen —
als zweckbesessenes Verstandeswesen zu behandeln un- in der Richtung einer gesteigerten Klarheit und Knappheit,
ternimmt, und somit den Geist der Technik, die als einer von Phrase und Schwüle befreiten Helle und Prä-
Dienerin so wohltätig ist, zum Herren macht in einem zision zu entwickeln versucht. Licht, Heiterkeit, Bestimmt-
Bereich, den bisher noch die Seele durch waltet hat . . . heit, dazu eine frische, unsentimentale, aktivistische
★ Stimmung, — das war es doch, was wir insgeheim alle
Nun aber die Gegenseite, die Gegenfrage ! Wo setzt von unseren Wohnräumen zu verlangen begonnen haben,
denn der Dämon an, der diese Baukünstler getrieben hat ? Es sei hier nur auf die Arbeiten der deutschen und öster-
Werden alle diese Zielverfehlungen, diese Mängel, von reichischen Innenarchitekten verwiesen, von denen das
denen die Rede war, aus purem Mutwillen riskiert ? War Werk »Farbige Wohnräume der Neuzeit« (Verlagsan-
das, wovon diese Neuerer ausgingen und wegstrebten, stalt Alexander Koch-Darmstadt) eine so schöne und
völlig in Ordnung? Gab es gar keine Probleme, keine überzeugende Auswahl gebracht hat. Keiner von uns
geistige Unruhe, keine Unbefriedigtheit? Und steht dem kann bestreiten, daß er mehr oder minder deutlich die
Vorgehen der kühnen Neuerer gar keine geheime Er- Notwendigkeit einer neuen Auseinandersetzung
mächtigung, kein geheimer Auftrag der Zeit zur Seite? zwischen dem Geist der künstlerischen Formung
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STUTTGART 1927. BLOCK M. VAN DER ROHE WOHN- U. ESSZIMMER. SCHWEIZER WERKBUND
die im Winter der Ostwind, der gefürchtete Plagegeist ge- Diese Fragen stellen heißt, sie zugleich in einem den
rade der Anhöhe, auf der die Weißenhof-Siedlung liegt, Neuerern günstigen Sinne beantworten. Sie haben im
pfeifen und die Räume in Eiskeller verwandeln wird; Ganzen eben doch im geheimen Auftrag der Zeit ge-
dieses allzuenge Zusammenkuppeln von Räumen, das kein handelt. Wir selbst sind es doch, die in all diesen Jahren
Sich-Absondern erlaubt und somit dem primitivsten Be- die Wandlung und Erneuerung der Wohnform spürten und
dürfnis jedes Kulturmenschen entgegenarbeitet. Dutzende wünschten. Wir selbst sind es, in denen ein Ideal der
von ähnlichen Aussetzungen wären zu machen, — lauter technischen Formung sich aufzurichten begann. Die For-
Punkte, an denen diese Bau-Gesinnung in wichtigen Be- derung der blanken Sachlichkeit, der zweckhaften Form,
zügen gegen wirkliche Zweckmäßigkeit des Woh- der nüchternen Wirklichkeits-Gesinnung — diese Forder-
nens und eine menschenwürdige Lebensform überhaupt ungen haben wir alle nähren helfen. Wir dürfen sie jetzt
verstößt. Und der wichtigste Einwand wäre dabei gegen nicht verleugnen, wenn sie diese Baukünstler zu einem in
diese Baugesinnung als solche zu richten, die weit über vielen Zügen unhaltbaren Wagnis getrieben hat. Längst
die gegenwärtige Notwendigkeit hinaus den Menschen hat sich unser Wohnraum — das kann niemand leugnen —
als zweckbesessenes Verstandeswesen zu behandeln un- in der Richtung einer gesteigerten Klarheit und Knappheit,
ternimmt, und somit den Geist der Technik, die als einer von Phrase und Schwüle befreiten Helle und Prä-
Dienerin so wohltätig ist, zum Herren macht in einem zision zu entwickeln versucht. Licht, Heiterkeit, Bestimmt-
Bereich, den bisher noch die Seele durch waltet hat . . . heit, dazu eine frische, unsentimentale, aktivistische
★ Stimmung, — das war es doch, was wir insgeheim alle
Nun aber die Gegenseite, die Gegenfrage ! Wo setzt von unseren Wohnräumen zu verlangen begonnen haben,
denn der Dämon an, der diese Baukünstler getrieben hat ? Es sei hier nur auf die Arbeiten der deutschen und öster-
Werden alle diese Zielverfehlungen, diese Mängel, von reichischen Innenarchitekten verwiesen, von denen das
denen die Rede war, aus purem Mutwillen riskiert ? War Werk »Farbige Wohnräume der Neuzeit« (Verlagsan-
das, wovon diese Neuerer ausgingen und wegstrebten, stalt Alexander Koch-Darmstadt) eine so schöne und
völlig in Ordnung? Gab es gar keine Probleme, keine überzeugende Auswahl gebracht hat. Keiner von uns
geistige Unruhe, keine Unbefriedigtheit? Und steht dem kann bestreiten, daß er mehr oder minder deutlich die
Vorgehen der kühnen Neuerer gar keine geheime Er- Notwendigkeit einer neuen Auseinandersetzung
mächtigung, kein geheimer Auftrag der Zeit zur Seite? zwischen dem Geist der künstlerischen Formung