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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 4.1890

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Fritsch, Gustav: Künstler-Camera contra Geheim-Camera
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https://doi.org/10.11588/diglit.44290#0107

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Künstler-Camera contra Geheim - Camera.

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Künstler-Camera contra Geheim-Camera.
Von Prof. Gustav Fritsch in Berlin.
„Das Bessere ist des Guten Feind“! Diese allgemeine
Wahrheit bewährt sich kaum irgend wo deutlicher als in der
Photographie. Als ich vor zwei Jahren an dieser Stelle über
die neuesten Apparate zur Geheimphotographie Bericht er-
stattete, war ich gewiss nicht der Meinung, nun wäre der
Gipfel der Vollkommenheit erklommen, und weitere Fortschritte
seien nicht zu erwarten.
Im Gegentheil, die erstaunliche Regsamkeit der photo-
graphischen Welt drängt gewissen, zum Theil schon in den
Umrissen kenntlichen Zielen zu, und die Gefahr ist viel grösser,
dass im hastigen Vorwärtseilen manches Gute dabei unter die
Füsse getreten wird, als dass ein vorzeitiger Stillstand ein-
treten möchte. Wie auch immer sich später die Fortschritte
in allen Einzelheiten gestalten, bestimmte leitende Gesichts-
punkte lassen sich in der Erscheinungen Flucht festhalten und
als berechtigte Grundlagen für den weiteren Ausbau der Kunst
benutzen. Wenn ich hier diese Gesichtspunkte vom heutigen
Standpunkte der Sache nochmals ins Auge fasse, so möchte
ich dies nicht thun ohne einige Rückblicke auf das, was hinter
uns liegt und zum Theil von unverdienter Vergessenheit be-
droht wird.
Vor zwei Jahren machte die Geheimphotographie viel
Aufsehen, und die Anwendung solcher Technik erreichte be-
sonders unter den Liebhabern eine erhebliche Ausdehnung;
jetzt macht sich unverkennbar eine gewisse Reaction dagegen
geltend, welche auf mancherlei Gründe zurückzuführen ist.
Als Beweis dafür brauche ich nur auf den Bericht über die
Berliner Jubiläums-Ausstellung in der Vossischen Zeitung vom
12. September hinzuweisen, wo der Berichterstatter seinen
„Bedenken" über diese Seite der Photographie mit folgenden
Worten beredten Ausdruck verleiht: „Bei der Donaufahrt d'es
diesjährigen Anthropologencongresses lauerte auf jeder Sitzbank
des Oberdeckes den ganzen Weg über so ein „Geheimer“ mit
seiner Camera auf die harmlosen Reisegefährten, um sie in
irgend einer passenden oder unpassenden Stellung festzu-
nageln. Nachher wird einem dann triumphirend die Gruppe
in vergrössertem Bilde gezeigt, bei der man glücklich mit
erwischt wurde. U. s. w.“
Nun, die Antwort auf diese Bemerkungen ist ja leicht
genug; vor allen Dingen wird der reisende Photograph wohl
nicht angenommen haben, dass sich irgend Jemand auf dem
 
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