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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Die akademische Kunstausstellung in Berlin, [4]
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157

Die akademischs Kunstausstellung in Berlin.

158

Von auswärtigen Landschaftern ist Professor v.
Lichtenfels in Wien zu nennen, dessen Campagna-
landschaft durch eine delikate Farbengebung und durch
eine fein poetischeStimmung erfreute. Auch seinenAqua-
rellen aus Jstrien sind dieselben Vorzüge nachzurühmen.

Auf einer Partie aus dem bayerischen Gebirge hat
sich Paul Meyerheim ebenso sehr als Landschafter
wie als Thiermaler bewährt. Jch möchte sogar be-
haupten, Meyerheim habe niemals etwas besseres ge-
malt, als diese mächtigen Bergeshäupter, die noch von
den Schleiern der Wolken umhüllt sind, welche sich
eben über das zu ihren Füßen liegende Thal entladen
haben. Hier sieht man einen Kohlenmeiler, der bläu-
lichen Rauch in die regenfeuchte Luft emporsendet, und
links davon ein Ochsengespann vor einem mit Kohlen-
säcken beladenen Wagen, der im Morast des aufge-
weichten Waldweges stecken geblieben ist. Zwei Köhler
sind emsig bemüht, die Räder aus dem Sunipfe heraus-
zuziehen. Die beiden Männer erinnern in ihrer mar-
kigen Charakteristik, in der meisterhaften Zeichnung, in
der energischen Bewegung direkt an die besten Figuren
Menzel's auf seinem Eisenwalzwerk. Da Meyer-
heim außerdem durch zwei große, mit echt fran-
zösischer Verve gemalte Stillleben vertreten war, hält
es für die übrigen Anhänger dieser Gattung, deren
Zahl von Jahr zu Jahr größer wird, schwer, sich
neben dem glänzenden Koloristen zu behaupten. Jhm
ebenbürtig ist nur Albert Hertel, der auch in diesem
Genre excellirt, und die Karlsruher Malerin Hermine
v. Preuscher kommt ihm mit drei zu einsr spanischen
Wand vereinigten Stillleben ziemlich nahe. Jch habe
noch bei keiner modernen Künstlerin eine so sichere
Beherrschung der malerischen Mittel bemerkt, wie bei
dieser Dame.

Die Thiermaler haben nichts von Bedeutung ge-
leistet, und unter den Architekturmalern ist auch nur
Adolf Seel über ein mittleres Niveau hinausgegangen.
Er führt uns in das Ännere eines ägyptischen Harems.
Die Wände sind bis zur Decke mit farbig glasirten
Thonsliesen bekleidet, der Erdboden ist mit schwellenden
Teppichen belegt, und kunstvoll mit Perlmutter aus-
gelegte Tische und Bänke stehen rings herum. Eine
hübsche Tscherkessin mit einem Kinde nnd einige mau-
rische Sklavinnen, von denen eine zwei Polichinells
tanzen läßt, hocken auf den Teppichen. Das Bild ist
mit größter Sorgfalt in allen Theilen gleich liebevoll
durchgeführt und von einer Noblesse des Tons, der
von den Berliner Architsktnrmalern Graeb und Wil-
berg selten erreicht wird. Ein Schüler des letzteren,
Valentini, hat in einer Partie aus dem Rathhaushofe
in Rothenburg an der Tauber ein feines Verständniß
fllr architektonische Form nnd für pikante Lichtführung
bekundet.

Unter den Zeichnungen war besonders ein Cyklus
von sechs im strengen Stile der neudeutschcn Kunst
ausgeführten und edel komponirten Darstellungen aus
dem Leben des Propheten Daniel von Professor Pfann-
schmidt bemerkenswerth, der für die Nationalgalerie
erworben worden ist, und das Porträt des Physiologen
Dubois-Reymond, eine geistreiche Bleistiftzeichnung von
A. Menzel.

Der Kupferstich war wie immer sehr spärlich ver-
treten. Ein Stich nach dem Rubensporträt der Wiener
Belvederegalerie von Lindner inMünchen repräsentirte
die klassische Kunst, Ludy's Gratulation nach Knaus
und Forberg's amüsante Lektüre nach Scheurenberg
die moderne. Der letztere hatte auch eine Anzahl sehr
lebensvoller Porträts Dllsseldorfer Künstler in sauberen
Radirungen ausgestellt.

Auch in der Abtheilung der Bildwerke sah es
nicht sehr erfreulich aus. Büsten und Porträtmedail-
lons überwogen hier verhältnißmäßig noch mehr als
die Bildnisse unter den Gemälden. Die beste dieser
Büste war eine männliche in Bronze von F. Beer
aus Wien, gegenwärtig in Paris. Seine Technik ist
eine spezisisch französische und spezisisch französisch auch
die geistreiche und lebendige Behandlung. Nur eine
weibliche Büste von R. Begas und eine männliche
von dem augenscheinlich von Begas beeinflußten Berg-
meier konnten sich neben der Beer'schen Arbeit sehen
lassen. — Die monumentale Plastik war wenigstens
durch zwei vortreffliche Werke vertreten; durch das
Gipsmodell zur Kolossalstatue des Fürsten Bismarck
fur Köln von F. Schaper, ein Werk von großer
Conception und ächt historischem Charakter, und durch
ein Brunnenstandbild für Crimmitzschau in Sachsen
von R. Henze in Dresden, welches die gewerbthätige
Stadt selbst mit Mauerkrone und Spindel personificirte.
— Aus der Zahl der Genregruppen sind ein trinkender
Knabe von Curfeß aus Stuttgart, eine junge Alba-
nerin, die triumphirend ihr brennendes Moccololicht
in die Höhe hält, von Eduard Müller aus Coburg
und ein römischer Hirtenjunge von Carl Schlüter
in Dresden, der für die Nationalgalerie angekauft
wurde, zu erwähnen.

Jn der Architekturabtheilung bildeten, auch
ein Charakteristikum sür die Zeit, Konkurrenzentwürfe,
die nicht zur Ausführung bestimmt sind, die Majorität.
Itnter den wenigen Plänen für Kunstbauten, die im
Werke sind, verdiente der Entwurf für das Geschäfts-
haus der Versicherungsgesellschaft „Germania", ein
großartig angelegter Bau von imponirenden Formen
im Stile der dentschen Renaissance, von Kayser und
von Großheim den Preis. 1b.
 
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