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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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191

Nekrolog.

192

Beleuchtung das bisweilen noch dnrch die Staffage ge-
fchickt verstcirkte stimmungsvolle Element zu gewinnen,
das sich in der Darstellung halb verfallcner, von dichtem
Grlln überwucherter einsamer Räume gleichsam von
selbst ergiebt. Gewiß nicht minder glückliche Wir-
kungen aber sind da erreicht, wo die in die Gegen-
wart hineinragende Vergangenheit dem Künstler in
hochgegiebelten Rathhäusern, in Perspektiven alter-
thllmlicher Straßen, oder in lauschig stillen, von
dem Verkehr des Tages seitab gelegenen Plätzen die-
jenigen Motive darbietet, zu deren AuSgestaltnng ihn
die zu sinniger Betrachtung hinneigende besondere
Richtung seines Talents ganz vorzugsweisc befähigt,
während auf der anderen Seite die sehr vereinzelten
Blätter, die mehr oder minder modern sich präsentirende
Motive behandeln, einen einigermaßen kundigen Blick
sehr leicht erkennen lassen, daß sie weniger einem inneren
kllnstlerischen Drange als dieser oder jener äußeren
Nücksicht ihre Entstehung verdanken.

Was die beiden bis jetzt vorliegendcn Bände, deren
jeder dreißig Radirungen in drei verschiedenen Bild-
großen enthält, dem Beschauer vorführen, trägt bei
übrigens mannigfach wechselndem Jnhalt in den wesent-
lichsten Zügen, wie kaum anders zu erwarten ist, ein
ziemlich gleichartiges Gepräge. Dabei verrathen aber
doch die späteren Blätter im Gegensatz zu den früheren
nicht blos in der Auffassung einen vielfach freieren
Blick, sondern anch in der Komposition ein keineswegs
erfolgloses Streben nach eincr bildmäßigeren, niehr
und mehr über den Charakter der bloßen Vedute
hinausgehenden Verwerthung der gewählten Vorwürfe.
Ein entschiedenes Fortschreiten auf diesem Wege aber
möchte dem Künstler für seine ferneren Arbeiten ebenso
sehr zu empfehlen sein, wie eine noch weitere Berück-
sichtigung vorwiegend landschaftlicher Motive, unter
denen im ersten Bande eigentlich nur die durch ihre
charakteristische Gesammthaltnug und durch die gründ-
liche Durchbildung der am Uferrande des Wassers
gruppirten Kiefern sich auszeichnende märkische Land-
schaft bemerkenswerth erscheint, während im zweiten
Bande die stimmnngsvotlen Scenerien der Externsteine
und des Watzmann bei Berchtesgaden, sowie namentlich
auch die im December-Hefte der Zeitschrift mitgetheilte
„Haidemühle in der Mark" den deutlichsten Beweis
dafür liesern, daß ihr Autor auch auf diesem Gebiet
bei fortgesetztem Stndium sehr erfreuliche Resultate zu
erzielen berufen ist.

Schwieriger fällt es, aus der Fülle der übrigen,
mehr dem Genre der Architekturmalerei angehörigen
Blätter die ani meisten gelungenen namhaft zu machen.
Doch möge wenigftens auf einzelne derselben, wie auf
die beiden der Stadt Meißen entlehnten Motive, ein
liebenswürdig aufgefaßtes, der Art und Weise Ludwig

Richter's verwandtes, von einer nahen Anhöhe aus
aufgenommenes Panorama und eine durch reizvolle
Details sowie durch die über das Ganze ausgebreitete
friedliche Stinimung anziehende Partie aus dem Jnnern
des Orts, ein kurzer Hinweis gestattet sein. An sie
rejht sich im ersten Bande weiterhin eine Ansicht des
Münchener Marienplatzes, die in ihrer maßvoll abge-
wogenen Gesammtwirkung und in der leuchtenden Kraft
und Klarheit des Tons zu den hervorragendsten Lei-
stungen des Künstlers zählt, ein effektvolles Jnterieur
anS dem Dome zu Andernach, ein freundliches, sonniges
Bildchen der Ruine der Klosterkirche zu Seebach in
der Hardt, ein mit innigem Behagen in delikatester
Durchbildung sämmtlicher Details der malerischen
Scenerie geschilderter, traulich enger Hof ans Ober-
Ehnheim im Elsaß und endlich das größere, in der
reichen Architektur wie in der trüben, regnerischen
Stimmnng in Licht nnd Luft gleich charakteristisch
nud gediegen durchgefllhrte Bild des interessanten Rath-
hauses zu Lemgo. Der zweite Band gesellt hierzu
ferner noch an besonders bemerkenswerthen Arbeiten
das reiche, frei und sicher behandelte Blatt einer
mit alten, grauen Giebelhäusern in Fachwerkbau be-
setzten Partie vom Schifffahrtskanal in Straßburg, die
durch ihre energische Tönnng ausgezeichnete Ansicht
des Rathhauses zu Breslau, die malerisch noch weit
wirksamere Partie aus Mödling, deren Druck leider
der künstlerischen Jntention nicht völlig gerecht wird,
das schöngezeichnete und ini Ton außerordentlich fein
nüancirte Jnterieur aus der Kirche zu Sinzig, Vessen
einheitlich geschlossene, rnhevolle Wirkung nur durch
eine nicht sehr glückliche Staffage ein wenig beein-
trüchtigt wird, den träumerisch stillen Fürstenhof zu
Wisniar und die in tresflich wiedergegebenen, dichten,
dunstigen Nebel sich verlierende Straßenperspektive zu
Lllbeck, die, gleich dem bereits erwähnten Mödling,
durch einen minder blanken nnd kahlen Druck noch er-
heblich gewonnen haben wllrde.

Mannfeld verbindet mit deni eingehendstenFleiß die
strengste Solidität der Arbeit und wahrt dabei dem
Strich der Radirnadel konseguent sein volles Recht,
ohne in die in jüngster Zeit uns mehrfach anfge-
stvßene Manier zu verfallen, die das Aetzwasser nicht
blos auf die Zeichnung einwirken läßt, sondern mit
ihm selbstständig zu vperiren, — gleichsam zu malen
sucht, dadnrch aber schließlich doch häufig zu nichts
anderem als zu einer Verwischung des eigenthüm-
lichen Charakters der Radirung hinführt. Fd.

Nekrolog.

Friedrich von Nerly fl. Am 23. Oktober bewegte
sich nach S. Michele di Murano ciner jener schwei-
genden Leichenzüge, welche, wenn sie auf der Lagune
 
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