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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Förster, B.: Aus Olympia
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0167

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331

Aus Olympia.

332

nächsten verwandt Ler Form, welche in Athen häufig
z. B. am „Thurm der Winde" vorkommt. Der Peri-
bolos war ionischer Ordnung, die Decke desselben ivurde
Vvn Kalymmatien mit rautenförmigen Kassetten ge-
bildet — eine Form, die hier möglicher Weise zum
ersteu Male in Anwendnng gekommen ist. Bis auf
das Dach der ruuden Cella (Kuppel?) ist eine Nekon-
struktion des ganzen Baues aus den vielfach erhaltenen
Theilen möglich.

Bei der iveiteren Aufklärung des Ausgrabungster-
rains östlich vom Heraivn ist zunächst südlich Vvn den
früher schon gefundenen Thesauren die Reihe der Baseu
gefunden, auf denen zweifellos die aus Pausanias ge-
nügend bekannten, von den Strafgeldern errichteten
gestandeu haben. Jn derselben Richtung mehr
nach Süden hin kommen die Fundamente zweier oblouger
Hallen zu Tage, beide wohl erst aus rvmischer Zeit.
Endlich ist Herr Dörpfeld in den allerletzten Tagen
noch weiter nach Osten gegangen und hat, dem Uber-
wölbten Gange folgend, den Anfang des Stadiums
gefunden, also des Baues, der genetisch und geschichtlich
für Olympia den ersten Rang einnimmt. Wider Er-
warten hnt sich herausgestellt, daß die Axe dieser
Rennbahu sich von Osten nach Westen erstreckt. Wo
nun der Hippodrom zu suchen sei, ist eine noch zu
lösende Frage.

Eine reiche Ausbeute hatte scho» srüher die oft
erwähnte byzantinische Mauer gegebeu, welche iu Form
eines großen Quadrates vom Olympieivn an, dieses
selbst iu sich schließend, sich uach Süden erstreckte.
Dieses Bollwerk ist lediglich aus Fragmenteu gestürzter
oder abgebrochener Bauwerke Olympia's aufgeführt
und hat vor Allem an seiner Nordostecke die Säulen
und das Gebälk des Metroons fast vollständig zurück-
gegeben, so daß eine Rekonstruktion auch dieses kleineren
Tempelbaues, von dem über dem Stylobat nur eine
Säulentrommel in sitn geblieben war, möglich wurde.
Ueber die zahlreichen und höchst interessanten architek-
tonischen Fragmente aus gebrannter Erde, die sich
ebenfalls zumeist in jener inhaltreichen Festungsmauer
gefnnden haben, wird weiter unten noch zu sprechen
sein.

An beweglichen Funden hervorragender Art ist
die letzte Periode nicht so ergiebig gewesen, wie die
früheren Kampagnen, was zum Theil aus der Natur
des Terrains hervorgeht, auf dem gerade jetzt ge-
graben wird. Die Funde an kleineren Bronzen und
Terrakotten, an solchen Marmorresten, die zu den
Giebelskulpturen gehören, und Architekturfragmenten
dauern natürlich fort. Der wichtigste Fund der letzten
Wochen besteht in Trümmern eines Reliefs mit ca.
0,85 Mtr. hohen Figuren aus weichem Kalkstein, mit
deutlich erhaltener Bemalung. Der Bildung nach

möchte man es in die Zeit kurz vor das Jahr 500
verweisen; andererseits ist eine solche Darstellung von
kämpfenden Kriegern, die kühn verschlungene Gruppen-
bildung meines Wissens uvch ohne Beispiel für jeue
Vormyrvnische Zeit. Man kann vielleicht darin deu
Anfang der historisch - dramatischen Darstellungsweise
sehen, für deren höchsten Ausdruck wir deu Fries vou
Phigalia halten. Der Zweck des Reliefs als Archi-
tekturtheil erscheint zweifellos; vielleicht entscheiden
weitere Funde noch das Dilemma, ob wir einen Fries
vder die Füllung eines Astos anzunehnien haben.

Die nahe bevvrstehende vffizielle Ausgabe des
3. Bandes der „Ausgrabungen von Olympia"
wird den bildlichen Beleg zu dem eben erwähnteu
und einigen der noch zu erwähnenden Werke in will-
kommener Weise geben und mir selbst vielleicht noch
einmal Gelegenheit bieteu, auf eiuige hier beriihrte
Puukte eiuzugehen.

Bis zu einem gewissen Abschluß sind alsv die
rastlosen, mit Energie und Geschick uun bald vier
Äahre lang geleiteteu Bemühuugeu uuserer Alterthums-
forscher uud Architekten gedieheu; der Umfang der
Altis ist der Hauptsache uach festgestellt, die weseutlicheu
in demselbeu erhaltenen Bauwerke sind als Trümmer
entdeckt, auch über dieaußerhalb derAltismauer liegenden
wichtigsten Gebäude ist bereits eiuiger Aufschluß er-
reicht. Es scheint mir, daß mau Angesichts dieser er-
freulichen Resultate wohl jetzt schvu einmal die Frage
aufwerfeu uud beantwvrteu kauu; Welche Bortheile
erwachsen der Alterthumswissenschaft ans diesen be-
deutendeu Opfern au Geld, Kraft uud Gesuudheit?
Jn welcher Weise ist unsere Kenntniß Vvn dem Wesen
und der Entwickelung der alten Kunst durch die Ep-
cavationen am Alpheios gefördert? Jndem ich diese
Antwort kurz und bündig aus eigener Erfahrung und
Anschauung zu gebeu versuche, richte ich sie zugleich
als eine Art von Apologie an die „Gebildeten unter
den Verächtern" dieser Art von „Maulwurfsthätigkeit".
Jn der That habe ich von Seiten denkeuder Menschen
unerwartete Einwürfe hören müssen, denen in Folgendem
zu begegnen, der indirekte Zweck dieser Blittheilungen ist.

Nnsere Kenntniß des griechischen Tempels, um
mit der Architektur zu beginnen, leidet, wie jedem
Alterthumsforscher bekannt ist, an eiuer fühlbaren Ar-
muth des Materials. Der gelehrte, kenntnißreiche und
feinfühlende Forscher, dem wir das System der grie-
chischen Architektnr verdanken, hatte für cinige Tempel-
arten nnr wenige Beispiele zur Verfügung. Der Zeus-
tempe l vermehrt die malerischen, imponirenden Tem-
Pelruinen Siciliens und Griechenlands um ein Pracht-
exemplar, ohne unsere Kenntniß des dorischen Systems
wessntlich zu erweitern. Das letztere gilt auch vvn
dem Metroon. Nun aber das Heiligthum der Hera!
 
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