Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

DOI Artikel:
Förster, B.: Neue Ausgrabungen und Museen in Griechenland
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0232

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
461

Neue Ausqrabungen und Musecn m Griechenland.

462

Jm Gebiete vvn Korinth, wo dieser Spiegel ge-
funden wurde, gräbt man jetzt förmlich nach Schätzen,
findet jedoch in vielen Gräbern nur Thongeschirr, zum
Theil allerdings von vorzüglicher korinthischer Arbeit.

Wenn ich die Thätigkeit der hiesigen archäologischen
Gesellschaft eben ruhmend erwähnte, so mag hervor-
gehoben werden, daß auch in anderen griechischen
Städten das Jnteresse fiir Leben und Kunst der Vor-
sahren erwacht ist und sich in Gründnngen von Lvkal-
museen kund giebt. Darin erblicke ich einen großen
Gewinn, weil nun gewiß Vieles, was früher nicht be-
achtet, oder verschleudert wurde, der Landschaft erhalten
bleibt. Bei wie vielen Werken ist es aber von Wichtig-
keit, ihren Fundort genau zu kennen oder sie mit andern
in dcrselben Gegend gefundenen vergleichen zu können!
Es ist Aussicht vorhanden, daß dadnrch allmählich eine
der vielen Fragen, die für uns nvch in der Geschichte
der griechischen Plastik dastchen, bestimmter beantwortet
werden kann, als es bisher möglich war: die Frage
nach dem Unterschiede der vcrschiedenen Stämme in
Bezug auf die Knnst, namentlich nach dem Unterschiede
zwischen dorischer und ionischer Plastik. Je weniger Be-
lcge wir bisher für jene hatten, destv erwünschtcr ist
der von den Herren Dressel und Milchhöfer verfaßte
Katalog des Mnseums in Sparta, der im 2.
Bande der Mittheilnngen des hiesigen archüol. Jnstitnts
und anch separat erschienen ist. Es scheint mir aller-
dings, als werdc man auch weiterhin einen Unterschied
zwischen dorischer nnd attischer Kunst annehmen müssen,
der sich vielleicht crst znr Zeit des Lysippus anfängt
zn verwischen, um in der Diadochenzeit völlig zn ver-
schwinden.

Auch in anderen Städten sind solche Museen in
dcr Bildnng begriffcn. Im Rathhaus von Arg os
haben einige dort und in der Umgegend gefundene
Antiken eine gute Aufstellung gefunden. Ein daselbst
befindliches Flachrelief: ein unbekleideter speertragender
Vkann neben seinem Pferde, jedenfalls ein Grabstein,
ist vvn Furtwängler im letzten Hefte der Mittheilungen
des hiesigen archäolog. Jnstituts publicirt und mit dem
„Kanon" des Polyklet in Verbindung gesetzt worden.
Das interessanteste Stück dieseS Museums ist wvhl
eine ca. 1 m. hohe Marmorstatuette guter Arbeit, die
cine freie Replik der Aphrvdite von Melos giebt.
Die Haltung ist in dem reizvollen kleinen Werke,
das bereits ebenso wic das oben erwähnte Relicf der-
selben Sammlung von Martinelli abgeformt ist, die-
selbe wie bei den Exemplaren in Paris und Neapel,
das Gewand aber reicht bis unter die Brust und be-
deckt die linke halb. Wesentlich erscheint es, daß in
dem vorliegenden Werke dcr Gegenstand, auf den die
Göttin den erhobenen linken Fuß stellt, im Gegensatz
zu deu eben citirten berühmten Werken, trefflich kon-

servirt ist: ein Schwan, der sich unter dem Tritt der
hohen Frau windet. Dennoch müssen wir uns vvr
übereilten Schlüssen auf die Beschasfenheit des ursprüng-
lichen Typus hüten, zumal die herrliche brouzene Vik-
toria in Brescia uns lehrt, daß das nämliche Motiv
auch noch zu andern Zwecken im Alterthum verwendet
wurde. Außerdem kvnnte es bei der Reproduktion in
kleinereni Maßstabe dem Künstler noch leichter bci-
kommen, einen genrehaften Zug in das Werk zu
tragen.

Die anerkennenswerthe Thätigkeit der hiesigen
archäologischen Gesellschaft, die ich oben erwühnte, wird
sich, wie man sagt, auch nvch nach anderen Richtungen
erstrecken. Man spricht von Ausgrabungen anf dem
Gebiet von Delphi, doch ohne bestimmte Angaben,
wann und in welcher Ausdehnung sie erfolgen werden.
Thatsache ist, daß in Griechenland noch viele, vielc
ungehobene Schätze unter dem Boden ruhen. Neben
anderen Orten müßte auch die Umgebnng des TempelS
von Snnion einmal ausgeräumt werden. Dieser seiner
Lage nach vielleicht einzige Tempel war ein dorischer
Peripteros Hexastylos; die Zahl der Säulen auf den
langen Fronten läßt sich nicht feststellen. Es sind 11
Säulen, eine Ante und Architravtheile in situ erhalten,
von den sonstigen Theilen liegt genug umher, um eine
Rekonstruktion des Ganzen zu ermöglichen, nur Theile
der Sima habe ich nicht gefunden. Der Marmor ist
von schlechtem Korn, er sindet sich in der Nähe des Tem-
pels nnd leistet den Einflüssen der Witterung schlechten
Widerstand, sodaß selbst die noch aufrecht stehenden
Säulen zum Theil zerstört sind. So kommt es, daß
dic am Boden liegenden Relicftheile fast völlig un-
kenntlich geworden sind. Auf eincr Metope erkennt
man noch die Reste eines kämpfenden Mannes mit
Schild, auf einer anderu die eines Kentauren; ein
anderes Reliefstück von größerem Maßstab scheint z»
einem Fries gehört zu haben. Es ist höchst wahr-
scheinlich, daß die Sknlpturen, die bei der Zerstörung
des Tempels durch ein Erdbeben günstig gefallen sind,
sich unter der Erde besser erhalten haben und Nach-
grabungen lohnen würden, dic in dem weiten Raum,
den die noch gut erhaltenen Festungsmauern einschließen,
wohl auch sonst noch Resultate hätteu.

Gräberfuude in der Umgegend Athens gehören
sv wenig zu den Seltenheiten, daß ich Uber die in
den letzten Tagen hier gemachten Ausgrabungen, denen
ich gelegentlich beiwohnte, nur wenig zn sagcn habe.
Südlich von der Hagia Triada, rechts von der zum
Piraeus führeuden Straße. hinter der Gasanstalt, läßt
Herr MesinesiS das ihm gehörige Grundstück von ge-
übten Lentcn unterfucken. Diese Arbeiten, bei denen ich
 
Annotationen