Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0256

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
509

Kunstliteratur.

510

die rs§io Libericma und die suburbicarischen Friedhöfe
sowie über die durch Viktor Schultze neu untersuchten
Katakomben von Neapel lehren wird. Letzterer hat
auch andere im Süden Jtaliens existirende CLmeterien
namhaft gemacht und dem Verfasser der HoMu sottsr-
rnnsu die bezüglichen Notizen zur Verwerthung über-
lasscn. Dem jungen Henry Stevenson verdankt das
Buch die Resultate über die Cömeterien, welche außer
der römischen Region liegen und ursprünglich zu selb-
ständigen Kirchen gehört hattcn. Die oberirdischen
Cömeterien und Kirchen-Anlagen hat de Rossi in dem
neuen, 3. Bande seiner Howu sottsrrnnss, eingehend
erörtert, so daß der Leser mit den neuesten Früchten die-
ser Studien durch das Buch bekannt wird. Die Ex-
kurse enthalten gleichfalls neue Untersuchungen und
Daten, welche für das Verständniß der ausgedehnten
Forschungen von größtem Belange sind. Davon kommt
jener über die Blutampullen oder püinlao rndriontns
ganz auf Rechnung des,Berfassers, der schon früher in
einer eigenen Abhandlung dieses viel ventilirte Thema
erörtert, hier aber neu bearbeitet hat. Der Gang der
Darstellung, die das englische Werk 8. Spencer North-
cote's und R. Brownlow's über die Katakomben im
Allgemeinen zu Grunde gelegt hat, ist im Wesentlichen
folgender:

Der literar-geschichtlichen Einleitung, die den Be-
ginn nnd Verlauf der auf die Katakomben seit deren
Wiederauffindung im Jahre 1578 gerichteten Studien,
zumal die epochemachende Thätigkeit Bosio's bis zu
de Rossi's erfolgreicher Forschung in neuester Zeit zu
vergegenwärtigen sucht, schließt sich der wichtige Ab-
schnitt über die Haupt-Quellen an, deren Kritik und
Zeitbestimmung allein cine Summe von Gelehrsamkeit
heischt und zur Zeit noch nicht völlig abgeschlossen ist.
Nun beginnt das ersteBuch über denUrsprung derKata-
komben, die politische und sociale Lagc der ersten Christen
und deren Verhältniß zu den römischen Gesetzen und
Gebränchen bei Begräbnissen, wvraus sich die Anfänge
der christlichen Friedhöfe in den Gräbern Einzelner er-
geben, die im dritten Jahrhnndcrt zu Kollektiv-Gräbern
geworden und unter dem Schutze der römischen Gesetze
zu Gunsten von Leichen - Vereinen — oolisAin ge-
nannt —legale Form und Organisation erhalten hatten.
Davon und von der Veränderung, die durch Constan-
tin's Friedens-Edikt im Äahre 312 eingetreten, handelt
das zweite Buch. Jm dritten Buch wird das Cö-
nieterium S. Callisto gesondert behandelt, dessen früheste
und spätere oder erweiterte Gestalt umständlich ge-
schildert, der Bestand der wichtigsten Grabkammern da-
selbst — S. Cäcilia, Eusebius und Cornelius — auf
Grund der Forschungen de Rossi's historisch erklärt
und der maßgebenden Jnschriften gedacht, die für diese
Theile ziemlich zahlreich sind. Das vierte Bnch illustrirt

die alt-christliche Kunst in acht umfangreichen Kapiteln,
welche für die Mehrzahl der Leser wohl das meiste
Jnteresse bieten werden. Besitzen wir doch außer diesen
bescheidenen Denkmälern unter der Erde keine andern
Werke der Malerei und Skulptur, die uns die Anfänge
der christlichen Kunst versinnlichen könnten. Darum
hat Wvltmann in seiner Geschichte der Malerei ein-
läßlicher als seine Vorgänger und vor Alleni kritischer
als diese die genannten Wandgemälde der Katakomben
erörtert und zum Ausgangspunkte seines Werkes ge-
nommen. Kraus setzt sich vorerst mit d'Agincourt's
und Raoul-Rochette's Ansichten über das Verhältniß
dieser Kunst-Anfänge zur Antike auseinander und
giebt über die Methode und die Kriterien in der Be-
urtheilung derselben Aufschluß, woran sich dann die
Klassifizirung der Bilder reiht. Dieser zu Folge sind
sie: symbolische Zeichen und Bilder, allegorische und
biblische Bilder, historische und ikonographische Dar-
stellungen und endlich liturgische Bilder, wobei die
Typen des Alten Testaments mit eingereiht erscheinen.
Die Kunstbeilagen helfen hier dem erklärenden Worte
selbstverständlich nach, das sonst seine Wirkung bei so
seltenen und sich keineswegs selbst deutenden Vor-
stellungen verfehlen würde. Nachdem die Goldgläser
und Medaillons, die in den Katakomben gefunden
worden, archäologisch und artistisch gewürdigt sind,
wird die Skulptur, in welcher die Sarkophage mit ihren
Reliefs und die edle, bereits erwähnte Statue des guten
Hirten mit dem Lamme auf den Schultern im Mn-
seum des Lateran die größte Rolle spielen, kunst-
geschichtlich und ikonographisch vergegenwärtigt, so daß
für beide Künste ihre Anfänge in diesen Denkmälern
sowohl nach Seite des dargestellten Gegenstandes, als
auch der Formbehandlung gegeben erscheinen, während
die Architektur der Christen einem ganz andern Boden
entkeimte, nämlich dem Privatbau im römischen Hause,
dem Saalbau, der im sog. ägyptischen Saale und in
der Palastbasilika seine höchste Ausbildung gewonnen
hatte. Hiervon ging die christliche Architektur, als sie
im 4. Jahrhundert zu monumentalen Bauten schreiten
konnte, als ihrer Heimat aus, nicht aber von den
Katakomben, wie Martigny auch in der neuen Auf-
lage seines IliotionnLirs der christlichen Alterthümer,
auf dem haltlosen Standpunkte P. Marchi's noch
immer beharrend, behaupten will. Daß Kraus und
de Rossi dieser von niir schon vor 20 Iahren erwie-
senen Ableitung nicht widersprechen, ja wie der dritte
Band der L-oinn sottsrrnnsu des letzteren zeigt, so-
gar ausdrücklich zustimnien, sei zur Bernhignng der wie
Martigny noch immer Aengstlichen nebenbei bemerkt.
Freilich bot das vorliegende Pensum unserem Verfasser
nicht den passenden Anlaß, diesen Punkt eingehend wie
in dcssen alt-christlicher Kunst zu erörtern, so nothwen-
 
Annotationen