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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Die internationale Kunst-Ausstellung zu München, [2]
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717

Die intsrnationale Kunstausstellung zu München.

718

Wohl scheint bei dcu Frauzosen Manchcs eiuscitig,
aber die Menge von Heiligenbildern und Darstellnngen
aus der frommen Legende, welche sich auf die im
Augenblicke vorherrschendc klcrikale Richtung begründet,
hat der tnchtigcn Vertretung der übrigen Gebiete keinen
Abbrnch gethan. Bouguerea u's „Geburt der Benus"
nnd seinc „Nyiwhhen",L efcbvre's „UeberraschteDiana",
Delaunah'S „Diana", Henner's „Naiaden" und
Rv ll's wildphantastischeS „Fest Silen's", sind dic bedeu-
tendsten mhthologischcnDarstellungen; an der Spitze des
GeschichtsbildcS stchen Cabancl'S „Tod der Francesca
da Remini und des Paolo Malatesta" und I. P. La u-
rens' „Der vsterrcichische Generalstab an der Lcichc
Marccau's", neben den neucsten Ankäufen vvm Salon
1879: 3. P. Laurcns, Melinguc, Morvt, Pclez, Für
das Thierstnck hat man mit Nvsa Bonhenr's „^.tta-
lanci ibiivornnii;" bis zum Jahre 1849 znrückgegriffen,
Trohvn's „Arbeitsgespann" ist glcichfalls aus den
fünfziger Jahren, H errm ann - Bv n's „ Hallali" kommt
dagegcn dirckt vom Salon. Von dcn Todtcn der
lctzten Jahre hat man Brion, Fromentin, Daubignh
und Conture mit herangezogen. linter dcr Landschaft
befindct sich außer dcn schvn genannten älteren Werken
manches gutc neuere Bild von Pclouse, Segö, Emil
Brcton, Lanshcr, HarpignieS, Dsmont, Hagborg und
Guillaumct. Zu Hebert's „Malaria" von 1850 ge-
sellen sich verschiedene gute Gcnrebilder in größercm
Maßstabc. Landelle's „Fellahmädchen" ist dnrch den
Stich Professor Stang's in deutschen Kunstkrcisen
kcine Fremde. Meister Meissonier ist dnrch sein
„Antibcs" nur dnrftig vertreten. Jm Porträt glänzt
Bonnat's „Viktor Hugo", abcr die rciche Plcjade vom
Salvn ist ansgeblieben, C arolus Duran sandte seine
neucste, noch unvollendete Arbeit, ein allerliebstes Stu-
dicnköpfchcn, wohl Phantasieporträt. Selbst fiir Wer-
ner's „Kaiserproklamation" hatte man aus Frankreich
ein Pendant verschrieben; Ehrmann's kolossales Deko-
rativgemälde: „Paris lädt unter dem Schutze der
Republik die Nationen zum fricdlichcn Wcttkampfe der
Künstc nnd dcr Gcwerbe", nimmt auf dicser Seite
dieselbe Schlußwand wic Werner's Bild drüben am
anderen Ende dcs Glaspalastes ein!

Wvhl ist es zu tadeln, dnß die Franzosen znr
einheitlichen Uebersicht ihrer moderncn Knnst so wcit in
dic letzten Decennien zurückgrisfcn und so viel Elite-
wcrke aus dem Staatsbesitze einsandten; aber wie
machten die Dcntschen cs 1878? Spät erst entschlvß
man sich znr Theilnahme an der Pariser Wcltnus-
stcllnng, und dann fand dieselbc Ansivahl in Berlin
nnd München unter den im Staatsbesitze und in her-
vorragenden Privatgalericn befindlichen Kunstiverken
statt. Einundzwanzig Bilder und vicr Bildhauer-
arbciten, welche zum großen Thcile anch in Mün-

chen das Panier dcr deutschen Kunst wieder hoch hal-
ten, wnrden allcin der Berliner Nationalgalerie ent-
lehnt, und die Franzosen ahmten dieSmal das gegebene
Bcispiel auf Lreiterer Basis nach. Jn Paris nahm
man dcn schönen Schlußsaal, den die franzvsischcn
Künstler sich selbst reservirt hatten, in Besitz, als sei
das selbstvcrständlich; Gedon besorgte die Anvr.dnung
und Dckorativn des Ganzen aus das Beste, sv daß die
deutscheAbtheilung vorAllcn glänzte, selbst dieTrennung
nach Schulen war dvrt zu vcrfolgen, und ältere Ge-
mälde — Rudolph Jvrdan's „Trost der Witwe"
datirte vvn 1806, Henneberg's „Jagd nach dem
Glücke" von 1868 — bildeten die Prunkstücke: was die
Eifercr von heute vergessen.

Bei der Rückkehr zu dcn übrigcn Räumen des
Glaspalastes muß die planlose Aufstellung doppelt in'S
Auge fallen. Auch die scheinbarc brüderliche Glcich-
heit hat ihre starken Schattenseiten, wenn sich Parteilich-
keit dahinter birgt. Speciell für dic Münchcner Schule
ist die Zurückweisung für alle Künstler, welche nicht
mit einem der Mitgliedcr der Jurh in Verbindung
vder im Schülerverhältnisse zn cinem derselben standen,
an der Tagesordnung gewcsen. Eine Jury, welche
dic Schwäche hatte, Werke wie Lieb erm ann'S in der
Technik wie im Gedanken durchaus verfehlte Gemälde
„Christus im Tempel", „Die Feldarbeiter" und dic
„Gänsernpferinnen" anfzunehmen, hat sich deS RechtcS
begeben, Schülern von Bambtrger und Lange die
Pfvrten zu verschlicßen. Wie kvmmt es ferner, daß
dic Bildhauer Wagmüller sechs und Tilgner zwölf
Werke der Plastik anSstelltcn, während die Statuten
ursprünglich nur drei gestatteten, und jener seincn
Werken überdies die besten Plätze anweisen konntc?
Znr Dekorativn der Borhalle wnrden wohlweislich nur
die Jtaliencr, Sußmann-Hellbvrn'S nnd Cauer's
Marmorarbeiten vcrwendet. Auch die Vereinigung
der besonders gnt vertretcnen Düsscldorfer Schulc
hatte man verniieden. Oesterreich kam im Durch-
schnitte noch am bestcn wcg, nicht an Ranm, doch
wcnigstens an Einhcit. Von einer Treiiiinng Bel-
gicns und Hollands ivar ebensvwenig, wie von
einer Vercinigung mchrercr Bilder desselbcn Malers
dic Rede. Das im Verhältniß zu seincr Bctheilignng
an der Pariser Weltansstellung dürftig erschiencnc
England ist durch zwei Zimmer vcrstrcut nnd die
englischcn Bilder crhielten zum Theil crst nach
zehn Tagen Papicrstreifen mit Nnmmern angehcftet;
Sicmiradski ist bei deu' Jtalienern, Aivasvwski'S
Marine führt in ciner Ecke hvch vben das Dascin
cines stillverstecktcn Bcilchens. Und unn gar der
Katalog, in dessen erster Auflage dem anf 64
Seiten zusammengedrängten alphabctischen Berzeich-
nisse, dcr Künstlcr nnd ihrer Werkc 66 Scitcn mit
 
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