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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Vermischte Nachrichten.

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neuerdings durch verschisdene Ankäufs eine ssiner wichtigsten
Abtheilungen, die bereits recht ansehnliche.Möbslsammlung,
wisderum um mehrere interessante Stücks bereichert. Unter
ihnen ist ein dem 17. Jahrhundert entstammender kleiner
sog. Kabinetschrank aus Eichsnholz, dsssen Dekoration sich
bei äußerst geringsn Zuthaten an Schnitzwsrk im Wesent-
lichen auf ein theilweise aus Ebenholz bestehsndes, in ein-
sacher Profilirung die glatten Flächen Ler Füllungen gerad-
linig umrahmendes Leistenwerk beschränkt, namentlich dadurch
bemerkenswerth, daß er bei einem so mähigen Aufwand von
Mitteln fast ausschließlich durch geschickts Glisderung und
wohlabgewogene Proportionen eins äußsrst gsfällige Wir-
kung erzielt. Bei einer derselben Zeit angehörigen ansehn-
lichen Truhs, einer schweizerischen oder süddeutschen Arbeit,
dis, arg zerstört, in dem Berliner Tischlermeister Nismann
einen liebevollen und geschickten Restaurator sand, fordert
dagegen gerade der sis dicht umkleidende Zierrath um einer
ebenso mühsamsn wie sorgfältigen Ausführung willen zur
Bewunderung heraus. Ein durchgehendes Gesims gliedert
sie in einen untsren, mit Schubkasten versehenen und einen
oberen, durch dsn schweren Klappdeckel verschlossenen Theil,
der wiedcr durch Pilasterstrsifen mit zierlich geschnitzten Ka-
pitälen in zwei breiters und drei schmälere Felder zsrfällt;
sämmtliche Flächen aber erscheinen fast überreich mit einer
mehrfarbigen, in lichtem Gesammtton gehaltenen Jntarsia
bedeckt, die sich aus verschlungenem Linienornament und
aus einem in bunten Blumen auslaufenden Rankenwerk zu-
sammensetzt, in den beiden breiteren Füllungen indeß sine
naiv behandelte rundbogigs Architektur mit "dem Durchblick
auf weiter zurückliegende Gebäude und Thürme darstsllt.
Jn dem Zimmer, das diese Truhs schmückt, dem südlichsten
der ersten Etage des Museums, ist endlich noch ein neu er-
worbeuer, ebenfalls im 17. Jahrhundert gearbeiteter Schrank
niederdeutscher Herkunft aufgestellt, der schon durch seine
mächtigen Dimensionen eine imposante, durch die mitein-
ander wechselnde schwarze und tiefbraune Färbung der ver-
wanvten Holzarten noch gesteigerte Wirkung erzielt. Auf
starken Kugelfüßen ruhend und durch ein schweres, breit
vorspringsndes Gesims mit geschnitztem Fries nach oben ab-
geschlossen, an der vordereii Wand durch drei Halbsäulen
zugleich gegliedert und geschmückt, ist er in den beiden
Thüren wie in den Seitenwünden mit stark ausladenden,
von gerippten Leisten umsäumten und in ihrem Jnneren
kleinere Schubladen bergenden Ausladungen versshen, so daß
der ganze Aufbau, über den sich überdies noch ein theils
aufgelegtes, theils aus dem Kern geschnittenes Schnitzwsrk
mit geschickter Berechnung des Effektes vertheilt, eine ebenso
reich belebte wie kraftvolle Erscheinung von wahrhaft wohl-
thuender, ruhiger und ernster Solidität Larbietet.

Vermischte Nachrichten.

Zum Bau der Stuttgarter Kunstschule. Dis Besprechung
der „Kunstschulbaufrage in Stuttgart" in Nr. 41 ent-
hält mehrere unrichtige, die Thatsachen wesentlich alterirende
Angaben, welche eine Berichtigung um so mehr nöthig
machen, als dadurch die Angelegenheit vor einen weiten,
mit den Thatsachen und Verhältnissen meist ganz unbekannten
Leserkreis gebracht und damit ein heftiger Angriff auf dis
Württembergische Kammer der Abgeordneten verbunden ist.

l> Nsber dsn Hergang in der Kammer wird gesagt:
„Sämmtliche Techniker der Kammer wußten den Plan der
Regierung so zu diskreditirsn, daß eine Majorität von 40
gegen 36 Stimmen. denselben verwarf. Man sollte nun
meinen, es werde sich wenigstens eineMajorität für den Gsgen-
antrag auf Ermittelung eines anderen Bauplatzes und Vor-
legung neuer Pläne gefunden haben. Mit nichten! Auch
dieser Antrag wurde verworfen u. s w." Jn Wahrheit
war der Hergaug gerade der umgekehrte. Zuerst wurde —
weil dies die Geschäftsordnung so verlangt — der den
Regierungsplan ablehnende Antrag des Berichterstatters zur
Abstimmung gebracht, und mit 39 gsgen 38 Stimmen ver-
worfen. Dann erst wurde der dem Regierungsplan zu-
stimmende Antrag des Mitbsrichtsrstatters zur Äbstimmung
gestellt, und gleichfalls mit 40 gegen 36 Stimmen verworfcn.
Es ist dies ein sehr wesentlichsr Unterschied; denn wäre in
der umgekehrten, d. h. in der von der Besprechung ange-

gebenen Ordnung abgestimmt worden, so wäre, wie die an-
gegebensn Zahlen beweisen, der Autrag des Berichterstatters
fast sinstimmig angenommsn worden, weil dann auf diesen
Antrag auch die Freunde des sx Iiz-x.. vorher abgelehnten
Regierungsplanes, um wenigstens etwas zu erhalten, sich
vsreinigt und so für denselben 36 38 d. h. 74 Stimmen

zu Wege gebracht hätten. Dabei ist in der Besprechung
überdies der gleichzeitig mit der Verwsrfung jener beiden
Anträge gestellte weitere Antrag auf sofortige Herstellung
provisorischer Lokalitäten für die Kunstschule vsrschwiegen,
ein Antrag, der in einer folgenden Sitzung zum Beschluß
erhobeu uiid in Folge dessen für Erweiterung des Museums-
gebäudeS uud für Hcrstellung eines besonderen provisorischen
Gebäudes für die Kunstschule der Regierung zu sofortiger
Verwendung die Summe von 3! 9,950 Mk. zur Verfügung
gestellt wurde.

2) Sodann wird dem Berichterstatter vorgeworfen, daß
er den früheren schlechtsren Plan befürwortet habe und
nun den besseren, einstimmig gutgeheißsnen vsrworfen.
Dies ist insofern unrichtig, als dabei verschwiegsn wird,
daß der Berichterstatter — wis dies in dem gedrucktsn Be-
richt zu lesen war und in den Verhandlungen der Kanimer
weiter hervorgehoben wurde -- gegen jsnen Plan schwers
Bedenken hatte, dieselben auch der Regierung in ausführ-
licher Motivirung vortrug, und erst auf die Versicherung
von dorther, datz dies der einzig mögliche Plan sei, und
daß durch ihn nach dem einstimmigen Urtheil dsr Lehrer
der Kunstschule alle Bedürfnisse vollständig und auf's Zwsck-
mäßigste befriedigt werden, zur Befürwortung desselbsn
sich entschlossen hat, weil er — wis er schriftlich und münd-
lich betonte — nach jener Versicherung vor die Alternative
sich gestellt glaubte, entweder disssm Plane zuzustimmen,
oder die Kunstschule schwer zu schädigsn, wo nicht gar in
ihrer Existenz zu bedrohen.

3) Auch die Angabe, der Berichtsrstatter habe in einem
öffentlichen Blatt mst dem Bau eines zweiten Gymnasiums
anstatt einer Kunstschule gedroht, ist unrichtig. Nachdem
nämlich in einem öffentlichen Blatte behauptet worden war,
der Plan des Berichterstaiters würds viel theurer zu stehen
kommen, hat er in demselben Blatts diess Behauptung wider-
legt und hinzugefügt: „es sei nicht gut, die Geldfrage herein-
zuziehen, weil dadurch diejenigen, welche mit dem Gelde lieber
ein zweites Gymnasium erbaut wissen möchten, ermuthigt
werden könnten, den Geldpunkt als Agitationsmittel gegen
jeden Kunitschulbau zu gebrauchen," dabei aber ausdrücklich
bemerkt, datz er dieser Ansicht nicht sei, — also das Gegen-
theil von einer Drohung, einen wohlgemeinten, im Jnteresse
der Kunstschule und ihres Baues gegebenen Rath aus-
gesprochen.

Stuttgart, den 8. Septsmber 1879.

Der Berichterstatter in der Kammer der Abgeordneten
Fr. Baumgärtner

Zu vorstehender „Berichtigung" des Hrn. Berichter-
statters habs ich nur zu bemerken, daß sie das Wesentliche
der Sachlage gar nicht berührt und durch ihre Subtilitüten
schwerlich gdeignet ist, dsn Eindruck, welchen diese klägliche
Angelsgenhsit auf jeden Unbefangenen machen wird, abzu-
schwächen. Nachdem in Nr. 40 d. Bl. übsr den Verlauf her
ominösen Kammersitzung in ebenso srschöpfender, wie ob-
jektiver Weise berichtet worden war, konnte es meins Auf-
gabe nicht ssin, dasselbe noch einmal vorzubriugen. Mir
kam es nur darauf an, die wesentlichen Punkte der Ver-
handlungen kurz hervorzuheben, die ganze trnurige Sachlage
den gesammten kunstsinnigen Kreisen Deutschlands klar zu
machen und zu zeigen, in welchem Geiste leider dort die
Pflege der künstlerischen Jnteressen betrieben wird. Wenn
daraus kein erfreuliches Bild sich ergeben konnte, so ist
dies sicherlich nicht die Schuld dessen, der die Dinge histo-
risch dargestellt hat; sondern lediglich Derer, welche mit allen
taktischen Hülfsmitteln den von der Rsgierung vorgelegten
und von der gesammten Kunstschule mit sorgenvoller Span-
nung befürworteten Plan zu Fall gebracht hnben. Es mag
ein Hochgenuß kritischer Weisheit sein, wenn ein Techniker
den Plan eines anderen — und trüge dieser wie im vor-
liegenden Falle den gefeierten Nameii eines Leins an der
 
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