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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,1.1903-1904

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1903)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Worauf steht unser Recht?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0017

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Morau? slebt urissr k^ecbt?

Nun sind wir so weit: jeder Lehrer und jeder Pfarrer in Stadt
und Dorf, jeder Student an den Hochschulen, jeder gebildete Deutsche
überhaupt weiß von der „modernen Kunstbewegung", nnd wenn er
regen Geistes ist, so steht er fast überall zu ihr. Jn den Zeitungen,
Flugschristen und Büchern hallt es davon schier unaufhörlich, an den
„Abenden" wie den „Tagen" der verschiedensten Vereinigungen mahnt
man allerwärts daran, niedere nnd höhere Lehranstalten und Museen
suchen das Jhrige dabei zu tun, nnd in die Parlaments-, Minister-
und Kaiserreden sällt immer stärker ein Schatten oder ein Licht davon
her. Es rauscht gewaltig viel Mode in dieser Bewegnng, was schadet
das, die Mode läßt, wie der Nil den Schlamm, befruchtende Ge-
danken auch dort znrück, wo sie ohne die große Wasserflut schwerlich
je hingekommen wären. Aber wir Freunde der Sache, wir alle müssen
uns über sie recht klar sein. Sonst wird auch der Nährschlamm,
aus den wir sürs sandige Land doch hoffen, eintrocknen, bevor er
ausgenutzt ward zum Kornbau.

Sind wir uns nun alle darüber klar? „Bewege nicht, was
ruht" — wir haben das schöne Wort sehr außer Acht gesetzt — hatten
wir auch ein Recht dazu? Jst die „ästhetische Erziehung" wirklich
die hochwichtige Sache, als die sie uns erscheint? Es wird kein
Schade um verlorene Zeit sein, wenn wir wieder einmal die ver-
schiedenen Gründe überblicken, die für uns sprechen.

Am Anfang der Bewegung war fast der häusigst genannte der
wirtschaftliche Grund. Künstlerische Behandlung erhöht dem Roh-
material um das Doppelte, das Zehnsache den Wert, bei eigentlichen
Kunstwerken sogar bis um das Tausend- und Hunderttausendfache —
sie kann znr Quelle des Reichtums werden, wie beispielsweis die
sranzösische Kunstindustrie tatsächlich für Frankreich dazu geworden
ist. Die Wichtigkeit insbesondere für den Export war ein Grund,
der srühzeitig einschlug, er hat zu staatlichen Answendungen zumal
sür kunstindustrielle Unterrichtsanstalten und Sammlungen geführt.

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