DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0810
Vlatter.
Gectickle von Ijians kokni.
Vorbemerkung. Heute genieße ich wieder einmal der seltensten
und der schönsten Freude, die ein Redakteur haben kann: wir dürfen unsern
Lesern einen neuen Dichter vorstellen. Sogar, was ganz besonders
viel sagen will, einen neuen Lyriker. Hans Böhm ist noch kein „Fer-
tiger", noch kein ganz „Ausgereifter", er hat auch, wunderbar zu sagen,
noch nicht einmal einen Band herausgegeben, ja, wir glauben, es eilt ihm
nicht einmal sonderlich damit. Nach unserm Gefühl aber ist in den folgen-
den Versen so vieles, was lebt, daß sie schon jetzt vollauf wert sind, gerade
den anspruchsvollsten unter unsern Lesern vorgelegt zu werden. Denn die
sehen ja über kleine Nebensächlichkeiten am meisten auf das Wesentliche und
wissen, daß oft die besten Gedichte auch die sprödesten sind, auch die sind,
die am längsten umworben sein wollen, ehe sie sprechen. „Tote Liebe" hab
ich schon in die neue Auflage des „Hausbuchs" aufgenommen. A.
Meiner Mutter.
Für jede Güte hab' ich Blicke,
Für jede Liebe hab' ich Dank;
Bei Einer nur kann mir's nicht glücken,
Von der ich Blut und Leben trank.
Noch immer fühle ich es rinnen
Geheimnisvoll in mich hinein,
Und ich empfinde 5ein und Sinnen,
wie einst, noch immer nicht als mein.
Für dieses Schenken ohne Schranken,
Für dieses Strömen ohne Ruh,
Ach wo und wem nur sollt' ich danken —
Denn du bist ich und ich bin du.
Bekenntnis.
Lin Nichts bin ich, bin kalt und leer,
Und in dem Menschenkampf ringsher
Steh' wie ein Aind ich ohne N)ehr.
Doch manchmal aus unbegreiflicher lveite
Senkt wehend sich's nieder an meine Seite
Und haucht mich an: sieh, dann zum Streite
Ucit aller welt fühl' ich die Araft,
Und klingend fxringt der Lserzenssaft,
Glühheiß von Traum und Leidenschaft.
Das violinkonzert.
Süß fchwimmt auf Glitzerwellen die Melodie.
Das Nlädchen mir genüber erhebt das Antlitz,
Und hold erstaunt entfalten fich ihre Lixpen,
Als wollten all die quellende Flut fie trinken.
2. Märzheft
66?
Gectickle von Ijians kokni.
Vorbemerkung. Heute genieße ich wieder einmal der seltensten
und der schönsten Freude, die ein Redakteur haben kann: wir dürfen unsern
Lesern einen neuen Dichter vorstellen. Sogar, was ganz besonders
viel sagen will, einen neuen Lyriker. Hans Böhm ist noch kein „Fer-
tiger", noch kein ganz „Ausgereifter", er hat auch, wunderbar zu sagen,
noch nicht einmal einen Band herausgegeben, ja, wir glauben, es eilt ihm
nicht einmal sonderlich damit. Nach unserm Gefühl aber ist in den folgen-
den Versen so vieles, was lebt, daß sie schon jetzt vollauf wert sind, gerade
den anspruchsvollsten unter unsern Lesern vorgelegt zu werden. Denn die
sehen ja über kleine Nebensächlichkeiten am meisten auf das Wesentliche und
wissen, daß oft die besten Gedichte auch die sprödesten sind, auch die sind,
die am längsten umworben sein wollen, ehe sie sprechen. „Tote Liebe" hab
ich schon in die neue Auflage des „Hausbuchs" aufgenommen. A.
Meiner Mutter.
Für jede Güte hab' ich Blicke,
Für jede Liebe hab' ich Dank;
Bei Einer nur kann mir's nicht glücken,
Von der ich Blut und Leben trank.
Noch immer fühle ich es rinnen
Geheimnisvoll in mich hinein,
Und ich empfinde 5ein und Sinnen,
wie einst, noch immer nicht als mein.
Für dieses Schenken ohne Schranken,
Für dieses Strömen ohne Ruh,
Ach wo und wem nur sollt' ich danken —
Denn du bist ich und ich bin du.
Bekenntnis.
Lin Nichts bin ich, bin kalt und leer,
Und in dem Menschenkampf ringsher
Steh' wie ein Aind ich ohne N)ehr.
Doch manchmal aus unbegreiflicher lveite
Senkt wehend sich's nieder an meine Seite
Und haucht mich an: sieh, dann zum Streite
Ucit aller welt fühl' ich die Araft,
Und klingend fxringt der Lserzenssaft,
Glühheiß von Traum und Leidenschaft.
Das violinkonzert.
Süß fchwimmt auf Glitzerwellen die Melodie.
Das Nlädchen mir genüber erhebt das Antlitz,
Und hold erstaunt entfalten fich ihre Lixpen,
Als wollten all die quellende Flut fie trinken.
2. Märzheft
66?