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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,1.1903-1904

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Heft 9 (1. Februarheft 1904)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0678

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jeden Bildes, das sind Eigenschaften,
wie sie Kurt Liebich zeigt. Dabei ist
so mancherlei gut Gesehenes, gut Ge-
Khltes und gut Gezeichnetes in dem
Buch,und Liebich zeigt,wo er einmal zu
spielen wagt, auch so mancherlei hübsche
Einfälle, daß sür mich wenigstens
die Mängel hier reichlich aufgewogen
werden.

Dann liegt eine neue Sammlung
von Hermann Vogel-Plauen vor.
Jch habe früher alle meine Bedenken
gegen diesen Künstler ausgesprochen,
den ein großes Publikum liebt und
den so viele Kunstfreunde nicht leiden
mögen — aber nun muß ich auch
sagen: sein „Bilder- und Geschichten-
buch^ (Braun L Schneider, M. lv-—)
hat mich trotz allem erfreut. Dieser ganze
„romantisch-humoristische Jllustratör",
wie er sich auf dem Titelblatte nennt,
kommt hier viel mehr heraus aus
seinen Bildern, als wenn man ein-
zelne davon in den „Fliegenden" be-
fieht, aber mehr auch als aus seiner
großen Mappe. Es ist ja oft ein
sörmliches Kuddelmuddel von Ein-
zelheiten dabei, und bei fünfund-
zwanzig Einzeleinfällen gedanklicher
Art fällt leider leicht ein Bild selber
ein. Daß Nebensachen in einer Kom-
position auch geistig Nebensachen sein,

daß sie nicht aus ihren Ecken her zum
Beschauer winken und pst! rufen soll-
ten, daß auch ein humoristisches, ja
ein satirisches Bild Ruhe und Ge-
schlossenheit bewahren sollte, das glaubt
Vogel nun einmal nicht, davon also
muß von vornherein absehen, wer sein
Gutes sucht. Dieses Gute ist aber da,
und man findet es keineswegs nur
in dem nie unterbrochenen Fluß ge-
danklicher Beziehungen und zeichne-
rischer Drolligkeiten. Vor allem ein-
mal: Vogel ist wirklich ein „eigner
Kerl", er hat ein scharfes Temperament,
das ihm als geistiger Erscheinung das
besondre Gesicht gibt. Beurteilt man
seine Zeichnungen ganz allein vom
Standpunkt der bildenden Knnst aus,
so sehen sie oft verschroben aus, aber
man sieht sie dann eben auch schief.
Er ist ein Naisonneur mit dem Stift,
ein Karikaturist aber nicht so sehr durch
die Form als durch den auffassenden
Geist, ein spaßender romantischerSchel-
ter, der uns dabei in ein Herz voller
Sehnsucht schauen läßt. Es wäre ja
nicht erfreulich, wenn viele auf solchen
Sätteln ritten, dazu ist aber gar keine
Gefahr und so sollte man Vogel in
dem seinigen immerhin gelten lassen.
Schwind z. B. hätte das sicherlich auch
getan.

l^oten unci Liläei'.

D>e Notenbeilage dieses Heftes gibt eine Probe aus einem der größeren
Werke Felix Draesekes, von denen der Aufsatz Göhlers handelt. Man vergleiche,
was dort über die Osterszene aus Goethes „Faust" gesagt ist, und beobachte
in den beiden Bruchstücken, die wir mit Genehmigung des Verlags Fr. Kistner
in Leipzig daraus bringen, wie Draeseke die Solostimmen und den Chor be-
handelt. Wir haben absichtlich eine Probe aus einem leichteren Werke Draesekes
gewählt, weil diese „Osterszene^ auch von kleineren Chören bewältigt werden
kann und sehr gut mit Klavier aufführbar ist. Jn kleineren Slädten, wo
man oft für die Abonnementskonzerte sehr gute Baritonisten engagiert, sollte
man den Solisten recht oft dieses Stück vorschlagen und den Chor mit ein-

t. Februarheft tSO^

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