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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,1.1903-1904

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1903)
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Bartels, Adolf; Eber, Leopold; Avenarius, Ferdinand: Sprechsaal: Wollen, Können und Kritik. In Sachen Fritz Lienhards
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0109

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auf erklärt er dem betreffenden Blatte, er werde „von nun an" sein
„Feind" sein. Dann schickt er einer Zeitung einen langen Artikel,
der die Form sachlich großzügiger Erörterung annimmt, um die sech-
zehnjährige Arbeit der betreffenden Zeitschrift um Verinnerlichung mit
einem Auf den Kopf Stellen aller Tatsachen als „Oberflächen-Kultur"
hinzustellen. An ein anderes ihm befreundetes Blatt schickt er gleich-
zeitig einen persönlichen Erguß, der über Verdächtigungen bis zu Be-
schimpfnngen geht auf Grund eines Aufsatzes, den er mit demselben
Atem gar nicht gelesen zu haben erklärt, mit dem er seine eigene
Sachlichkeit betont. Wie soll der „wahre Kultnrträger" arbeiten?
„Von hohen, bleibenden, göttlichen Gesichtspunkten aus, mit uner-
schütterlicher Gelassenheit und Er f o l gsgleichgültig-
keit." Also steht zu lesen in der „Täglichen Rundschau", geschrieben
von — Fritz Lienhard. Ferd. Avenarius.

I^ose ISlälter.

dseue Geäicbte von Oetlev von Liliencron.

Vorbemerkung. Ein Jahr noch, und Liliencron ist ein Sechziger,
nun erscheint ein Gedichtband von ihm, der ausschaut, als steh er in den
Dreißigern. Er schaut aber nicht nur so aus, er i st auch so: Liliencrons Krast
scheint tatsächlich noch nicht im mindesten nachzulassen, es ist alles so innerlich
frisch darin, wie nur je in den Tagen der besten Jugend dieses in seiner Art
wirklich auch „singulären" Poeten. Jch wage sogar die Behauptung, daß Lilien-
cron trotz all dem Schönen, das wir von ihm besitzen, früher noch kein Gedicht
geschaffen hat, das so reine, so „spezifische" Lyrik böte, wie das „Heimgang
in der Frühe" benannte in diesem Band, ein Gedicht, das, seinem Gehalt nach
ganz Liliencron, an lyrischer Kunst auf der Höhe des besten Mörike steht. Und
welcher Weg von diesem Gedicht über die andern hin bis zu Juxgedichten, wie
der Ballade in Udur, die als komisches Vortragsstück im Varisto glänzen könnte,
wenn sie nicht doch immer noch ein bischen zu fein dafür wäre. Manchmal
macht's Liliencron in seiner Unbefangenheit ja selbst den Modernen zu bunt,
unü wegen des „Fortfortfortfortfort" im „Blitzzuge" hat ihn ja selbst die
„Jugend" ein wenig hergenommen. Jch meinerseits glaube, wenn derlei wirk-
lich bezeichnend ist, so müffen wir uns daran gewöhnen und werden's auch,
wie sich die Nachwelt schnell an Bürgers „Hurre-Hurrs, hopp, hopp, hopp" ge-
wöhnt hat, das der Mitwelt zunächst auch viel Schrecken gemacht hat. Also:
wir empfehlen Liliencrons neuen Gedichtband herzlich. Er heißt „Bunte Beute"
und ist bei Schuster L Loeffler in Berlin erschienen. Freilich, er paßt nicht zur
Backfisch-Lektüre und verlangt selbst vom reifen Manne die Konzessionen, auf
die jeder ein Recht hat, der selber einer ist.

Heimgang in der Frühe.

In der Dämmerung,

Um Glock zwei, Glock dreie,

Trat ich aus der Tür
Fn die Morgenweihe.

2. Oktoberhest tZos

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