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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,1.1903-1904

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1903)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0070

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fassend sagen: ehe nicht die Wissen-
schast das gesamte Lebenswerk des
Dichterfürsten auf eine derart begrün-
dete und lichtvolle Weise rnethodisch
in seine Elemente auseinandergelegt
und faßlich begutachtet hat, eher hat

die Goetheforschung ihre Hauptauf-
gaben kaum erfüllt, mindestens aber
ist bis dahin für den wahren Goethe-
reifen ein eigentliches Genießen der
Werke unseres Dichters nicht möglichl

L. K.

TLnsrs vmÄ Viläsr.

Unsere Notenbeilage bringt eine Probe aus den Wunderhornliedern
Theodor Streichers, und zwar eine Probe seiner Charakterisierungskunst
mit einfachen Mitteln. Das Gedicht ist ein Monolog oder besser: ein Dialog
einer Schildwache mit einem dümonischen, lockenden Versucher, der die ge-
hsimsten Wünsche und Zweifel in der Seele des jungen Kriegers zum Bewußt-
sein weckt. Das Herannahen der Runde unterbricht diesen Widerstreit Ler
Gedanken und Empsindungen, unter kräftigen Septakkorden reißt sich der Wacht-
mann aus seinen Trnumen und weist üie Versuchung mit einem energischen
„Bleib mir vom Leib" zurück, während in der Ferne die Schritte der Runde
verhallen. Gerade in dem Verschleierten dieser Nachtszene, die Len Zusammen-
hang mehr erraten läßt als sinnenfällig macht, liegt einer ihrer Reize, und
Streichers Musik, die dsn Vorgängen an sich großs Lebendigkeit verleiht, wahrt
das geheimnisvolle Dunkel des Gedichtes.

Von unsern Bildern zeigt heute eines ein Porträt des Dichters
Ferdinand von Saar, dessen siebzigsten Geburtstag die Literatursreunde
Oesterreichs und Deutschlands heut feiern. Es ist nach einem charakteristischen
Gemälde von Ludwig Michalek wiedergegeben.

Unsre drei übrigen Bilderbeilagen sind diesmal Dresdner Künstlern ge-
widmet. Das dem Hest vorgesetzte farbige hat Karl Bantzer zum Maler.
Ein kleines, ganz anspruchsloses Bild, erregte es doch vor einigen Jahren schon
auf der Dresdner Bildnisausstellung die Ausmerksamkeit derjenigen Kunst-
sreunde in ganz besonderem Grade, deren höchstes Jdeal nicht durch artistische
Leistungen allein besricdigt werden kann. Hier war seelische Wirkung von
höchster Jntimität — ist es nicht, als schwebe der Hauch aller lieben Jugend-
erinnerungen im Stübchen um die gütige träumend stnnend alte Frau, die des
Sohnes Liebs uns hier zeigt?

Von Otto Fischer haben wir den Lesern schon früher gesprochen, und
auch zwei Bilder von ihm haben wir damals gezeigt. Das neue gestaltet ein
Motiv aus dem Rissengebirge. Gewitterstimmung, ein Sonnenlicht huscht aus
Len dunkeln Wolken gespenstisch über die bleiche Ruine hin. Weit hinten
dämmert groß hingelagert der stolze Gebirgszug, der Kamm — die ganz eigen-
tümliche Fernwirkung des Hintergrunds läßt sich auf der Reproduktion aller-
dings mehr ahnen als sehn. Das ganze Werk recht zu genießen, braucht es
eben doch des Originals. Das kann man von der Arnoldschen Hoskunsthand-
lung in Dresden beziehen. M " - j

Von Wilhelm Kreis, dem Architekten, spricht ein kleiner Beitrag in
der diesmaligen Rundschau. Die Beilage zeigt ein Werk seiner Hand, das als
Bismarck-Mausoleum gedacht ist. Jst Lie Wuchr dieser Formensprache einem
nicht verständlich, was kann man ihm raten, als sein Auge so lange auf dem
Blatt weilen zu lassen, bis ihm die Steine zu reden beginnen? Hier reden
wirklich die Steine; dieses Künstlers Odem hat sie mit Gigantenseelen belebt,
die nun das Mal in gewaltigen Kräften türmen. Wenn solch ein Denkmal im
Sachsenwald ständel

Berantwortlich: der Herausgeber Fsrdinand Avenarius in Dresden-Blasewitz. Mitredakteure:
sür Musik: Or. Richard Batka in Prag-Weinberge, für bildende Kunst: Professor PaulSchultze-
Naumburg tn Saaleck bei Kösen Ln Thüringen- -- Sendungen für den Text an den Herausgeber,
über Musik an Or. Batka. — Druck und Verlag von Georg D- W. Callwey in München.
Besiellungen, Anzeigen nnd Geldsendungen an den Verlag Georg D. W. Callwey in München.
 
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