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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,1.1903-1904

DOI Heft:
Heft 3 (1. Novemberheft 1903)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Der Rekord im Veräußerlichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0138

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17. ci?57k5 N0V^8kI?ttk77. Nc77 Z.

ver kekorcl im Versuherlicken.

Ja, das Berliner Wagnerdenkmal, Gott Lob und Dank, ent-
hüllt ist es nun also, und keines Leichners Findigkeit kann die Welt weiter
dabei auf unsre Kosten erheitern. Die Enthüllungsfeier selbst ist schließ-
lich ein Fest in Hostracht geworden, das schien, was es war. Da
es hente nichts Billigeres mehr gibt, als über diese Denkmalsgeschichte
zu spotten, so wollen wir unserseits, mein ich, noch einmal darüber so
ernsthast reden, wie dies angesichts der Tatsachen uns schwachen
Menschen gelingen kann.

Denn Eberleins Figur wird wirklich ein Denkmal sein. Nicht
etwa für Richard Wagner, selbstverständlich — Eberleins Arbeit ist
unter den vielen ihresgleichen bei weitem keine der schlechteren, was
aber hat Richard Wagner überhaupt mit all den eleganten Posen zu
tun, die aus unsern Stein-, Rasen- und Beetplätzen festgefroren sind!
Nein, aber für unsere Zustände. Für unsre sogenannte Kunstpflege,
die sogar während der letzten fünfzig Jahre wohl schwerlich je auf
den Tiefstand hinuntergeebbt ist, der hier sonst Verborgenes zeigte.

Schon das Denkmal als plastisches Werk wird zu der Zukunft durch
einen besondern Umstand sprechen. Nicht deshalb, weil es nicht monumen-
tal ist — was Monumentalität für einDing, fühlen und wissen ja heut
zwar schon Künstler genug, aber in preußischen Landen scheint auf keinen
von ihnen die Sonne vom Hof her. Jn dieser Beziehung also bietet
es nichts Besondres. Aber dadurch, daß hier der erste Denkmals-
entwurs ausgeführt worden ist, bei dem man mit dem Hineinkorri-
gieren durch einen Laien geprahlt hat. „War es doch Seine Majestät,
unfer allergnädigster Kaiser selbst, der dem preisgekrönten Entwurfe
Eberleins eine Hauptfigur: »Wolfram von Eschenbach« neu hinzufügte
und die Zeichnung hierzu eigenhändig entwarf." Welch echtes Phantasie-
Gesicht von einem Kunstwerk, bei dem eine „Hauptsigur" fehlte! Und
ich hätte Michelangelo sehn mögen, wenn ihm Julius eine Hauptfigur
in seine Entwürfe gezeichnet oder Tizian, wenn ihm Karl eine ins
Bild gemalt hätte. Was Michelangelo und Tizian! Von welchem kleinen
Künstler wird berichtet, daß man solch ein Hineinsprechen in seine

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