Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,1.1903-1904

DOI Heft:
Heft 11 (1. Märzheft 1904)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Artikel:
Unsre Noten und Bilder
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0789

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Jn München hat er mir Vergnügen
gemacht, trotz allem was auch nur
„so so" oder was „aber, aber" war,
denu immerhin war viel gute Lau-
ne und mancher gute Scherz da-
bei. Jn Köln mag's an Künstlcrn
und Studenten fehlen, immerhin,
früher war's doch wohl auch da noch
anders. Steht es jetzt schlecht, was
geht daraus hervor? Daß der Froh-
sinn sprudle, ist eine so notwendige

Sache, daß ein Versagen von Volks-
gebräuchen wie dem Kölnischen Kar-
neval erst recht dazu auffordern muß,
uach den Quellverstopfern der per-
lenden Brunnen zu fahnden und ge-
gen sie iu den Streit zu ziehn. „Gut
gebrüllt, Löwe," sagt der Leser, „und
warum habt ihr selber heuer kein
Fastnachtsheft gebracht?" Nur des-
halb nicht, weil wir dies Jahr nicht
Gutes genug dafür sinden konnten.

unci kilcter.

Unsere Notenbeilage bringt zunächst eine Probe aus Alexander
Ritters Liedern. Man beachte, wie die Musik hier wirklich nichts anderes
will als den Ausdruck des Gedichtes verstärken. Sie beginnt einfach, rezitativ-
artig. Regungslos, wie geistesabwesend, hat der Dichter den alten Liederu
zugehört. Dann übermannt ihn in schwellenden Akkorden die Erinnerung.
Die herbe Dissonanz zwischen Singstimme und Klavier bei „du" malt das
Schmerzliche des Gefühls, das sich nach diesem unwillkürlichen Aufwogen
von selbst beschwichtigt und in dumpfe Trauer zurücksinkt. — Läßt Alexander
Ritter dem Dichter in jeder Hinsicht den Vortritt,, so vermag die folgende
Schauer-Ballade vom alten Zumsteeg nur vor des Musikers Gnaden zu
bestehen. Wir wissen nicht, wer der gräßliche Poet Meyer gewesen ist, der
die Geschichte der uuglücklichen Una noch in weiteren drei Strophen ausführt,
die da lauten:

Guglielmo, sie kannte den Ton,

Es trugen dich innig Betrübten
Aus Armen der einzig Geliebten
Die tosenden Fluten davon,

Vor Schrecken entfärbte sie sich
Und wagte das Haupt nicht zu heben,
Und wieder vernahm sie mit Beben:
O weine nicht länger um mich!

Hoch klopfte die wallenöe Brust:

Das Licht ihrer Augen ward trübe;
Noch war sie entbehrender Liebe,

Sie war sich nichts weiter bewußt!
Eh langsam ihr Pulsschlag entwich,
Vollbrachte der Seiger die Stunde,
Da rief es mit scheidendem Munde:
O weine nicht länger um mich!

Des Morgens belebender Blick
Erheitert den Himmel aufs neue.
Nie kehrte für Una, die Treue,

Ein Morgen der Liebe zurück.

— Da wandte zum Meere sie sich: —
Guglielmo, die Liebende haben,

Dich suchend, die Wellen begraben!
Nun weint sie nicht länger um dich!

651

1. Märzheft 190H
 
Annotationen