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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,1.1903-1904

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1903)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0131

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ganisation des gesamten volks-
kundlichen S amme lw esens,
am einfachsten im Anschluß an
die schon bestehende staatliche Denk-
malpslege.

Mielke weist auf allerlei Gefahren
hin, die sich selbst überlassene kleine
Museen mit sich bringen. Da ist
z. B. die Gefahr der Verschleuderung
nach dem Tode des Gründers, ferner
die Gefahr der ungewollt unrichtigen
Behandlung leicht zerftörbarer Gegen-
stände, dann die Gefahr des Vergra-
bens seltener, wissenschaftlich wertvoller
Einzelsachen. Anderseits aber zeigt
Mielke, daß diese volkstümlichen
Museen trotzdem einen Wert haben,
der garnicht hoch genug einzu-
schätzen ist.

Jn der Tat, wer einmal ein kleines
Ortsmuseum unter der Führung eines
verständigen, heimatssrohen Mannes,
etwa gar des Gründers, durchwan-
dert und dann Gelegenheit gehabt hat,
die Wirkung ihres Museums auf die
Einwohner zu beobachten, wie es Ver-
ständnis, Jnteresse und Liebe sür die
Heimat gestärkt oder ganz neu belebt
hat, wie es begonnen hat, der Pietät
gegen das Historische, dem Verständ-
nis sür die Vorzüge des Bescheiüen-
Eigenen gegenüber dem bisherigen
Nachäffen der Großstadt Bahn zu

brechen, wie es anhebt, den festen
Punkt zu bilden für ein erneutes, ver-
jüngtes Eigenleben der kleinen Ge-
meinde — wer dann vielleicht auch in
einer größeren Stadt, wer z. B. im
Altonaer Museum die außerordentlich
lebhafte Teilnahme des Publikums be-
obachtet hat, die so himmelbreit ab-
weicht von dem kühlen Durchbummeln
andrer Museen, dem ist es klar, daß
mit diesen Heimatmuseen verheißungs-
volle Samenkörner für eine bessere
Zeit, für die Wiedererstehung einer
bodenwüchsig deutschen volkstümlichen
Kultur ausgestreut sind. Schutzmauern
wachsen in ihnen empor für unsere
Hossnungen nicht nur auf den Gebieten
üer Kunst und dergleichen „unprak-
tischen, sentimentalen" Sachen, sondern
auch auf denen, die das realste Jnter-
esse für sich haben, die die festesten
Grundlagen eines Staates bilden, die
sein Dasein schützen. Oder wäre
eine innige, opferfreudige, felsenfeste
Heimatsliebe nicht das beste Bollwerk
eines ganzen Landes?

Anderswo, in Böhmen, in Skandi-
navien hat man's schon eingesehen und
handelt man demgemäß — hossen wir,
daß Mielkes Ruf auch bei uns Gehör
sindet. Jch glaube, allerlei Anzeichen
weisen daraus hin, daß wir garnicht
so lange mehr warten müssen. D. S.

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