seinem „Schatzkästlein") gleichfalls dieser, aber nicht ihr allein. Uhlands
Lieder und Balladen sind so gut für den Kenner wie für das Volk da — er
ist in mancher Beziehung eben doch der „deutschefte" unserer Dichter. Von
Chamiffo, Eichendorff, Rückert, Wilhelm Müller, Platen, Jul.
Mosen, Lenau wird man je nach dem „Geschmacke" bevorzugen oder ab-
lehnen, von Heines Lyrik wünschten wir eine strenge Auswahl nach äft-
hetifchen, nicht „moralischen" Pcinzipien (R. Schaukal hat eine versucht),
welche den Ausdruck ftarken inneren Erlebens aus dem nur Spielenden heraus-
hebt. Annette von Drofte und Eduard Mörike empfehlen wir auf
das dringendfte. Grillparzer darf beanspruchen, mit seinen Gesamtwerken
berücksichtigt zu werden, von denen jetzt billige Ausgaben erschienen sind, Rai-
mund wird naivere Leser oft erfreuen, von Grabbe und Büchner genügt
dem, der sich nicht des Besonderen mit Literatur beschüftigt, irgend ein Stück.
Eine Reihe trefflicher Romane bieten Jmmermann („Münchhausen", nicht
bloß der „Oberhof"), Se alsfield, W.Alexis (die brandenburgifchenRomane,
die jetzt in billigen Ausgaben erscheinen), vor allem Jeremias Gotthelf,
der an ursprünglichcr Kraft unserer Meinung nach faft fämtliche Erzähler
seiner Zeit überragt. Stifter wird immer seine Freunde und nicht allein
unter den Naturfchwelgern haben. Zu den Gutzkow und Auerbach wird
hin und wieder zurückkehren, wer ihre hiftorische Bedeutung begreifen will.
Freiligrath, Herwegh, Dingelstedt und die anderen Lyriker ihrer
Gruppe kann man wohl hinreichend aus Anthologieen kennen lernen; „Krr>-
ftalle" aus den Tiefen des Menschengefühls finden wir auch bei ihnen kaum.
Buchschmuck von Fritz Philipp Schmidt. Aus Aveuarius' „Hausbuch
deutscher Lhrik", herausgegeben vom Kunstwart, 3. Auflage. (München, Callwey.)
j^leuere deursche -LLterarur.
Wir wollen es auch diesmal noch wiederholen: Die neuere deutsche
Literatur, soviel haben uns die letzten Jahre mit Gewißheit gelehrt, beginnt
mit Friedrich Hebbel, einem Dichter und einer Persönlichkeit, die noch
lange nicht wirklich „bewältigt" sind. So scheint der Besitz seiner Werke heutzu-
tage unentbehrlich, und er wird's wohl auch bleiben. Mit Hebbel ist Otto
Ludwig ftark in den Vordergrund gelangt, und jedenfalls seine vier Haupt-
werke, „Erbförster" und „Makkabäer", „Zwifchen Himmel und Erde" und
„Heitherethei" wird jeder Deutsche kennen wollen. Freytag, einft als Haupt
s73
2. Novemberheft tdos
Lieder und Balladen sind so gut für den Kenner wie für das Volk da — er
ist in mancher Beziehung eben doch der „deutschefte" unserer Dichter. Von
Chamiffo, Eichendorff, Rückert, Wilhelm Müller, Platen, Jul.
Mosen, Lenau wird man je nach dem „Geschmacke" bevorzugen oder ab-
lehnen, von Heines Lyrik wünschten wir eine strenge Auswahl nach äft-
hetifchen, nicht „moralischen" Pcinzipien (R. Schaukal hat eine versucht),
welche den Ausdruck ftarken inneren Erlebens aus dem nur Spielenden heraus-
hebt. Annette von Drofte und Eduard Mörike empfehlen wir auf
das dringendfte. Grillparzer darf beanspruchen, mit seinen Gesamtwerken
berücksichtigt zu werden, von denen jetzt billige Ausgaben erschienen sind, Rai-
mund wird naivere Leser oft erfreuen, von Grabbe und Büchner genügt
dem, der sich nicht des Besonderen mit Literatur beschüftigt, irgend ein Stück.
Eine Reihe trefflicher Romane bieten Jmmermann („Münchhausen", nicht
bloß der „Oberhof"), Se alsfield, W.Alexis (die brandenburgifchenRomane,
die jetzt in billigen Ausgaben erscheinen), vor allem Jeremias Gotthelf,
der an ursprünglichcr Kraft unserer Meinung nach faft fämtliche Erzähler
seiner Zeit überragt. Stifter wird immer seine Freunde und nicht allein
unter den Naturfchwelgern haben. Zu den Gutzkow und Auerbach wird
hin und wieder zurückkehren, wer ihre hiftorische Bedeutung begreifen will.
Freiligrath, Herwegh, Dingelstedt und die anderen Lyriker ihrer
Gruppe kann man wohl hinreichend aus Anthologieen kennen lernen; „Krr>-
ftalle" aus den Tiefen des Menschengefühls finden wir auch bei ihnen kaum.
Buchschmuck von Fritz Philipp Schmidt. Aus Aveuarius' „Hausbuch
deutscher Lhrik", herausgegeben vom Kunstwart, 3. Auflage. (München, Callwey.)
j^leuere deursche -LLterarur.
Wir wollen es auch diesmal noch wiederholen: Die neuere deutsche
Literatur, soviel haben uns die letzten Jahre mit Gewißheit gelehrt, beginnt
mit Friedrich Hebbel, einem Dichter und einer Persönlichkeit, die noch
lange nicht wirklich „bewältigt" sind. So scheint der Besitz seiner Werke heutzu-
tage unentbehrlich, und er wird's wohl auch bleiben. Mit Hebbel ist Otto
Ludwig ftark in den Vordergrund gelangt, und jedenfalls seine vier Haupt-
werke, „Erbförster" und „Makkabäer", „Zwifchen Himmel und Erde" und
„Heitherethei" wird jeder Deutsche kennen wollen. Freytag, einft als Haupt
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