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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,1.1903-1904

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Heft 12
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7715#0845

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Ganzen, indem er selbst die FLächenverteilung übernimmt. Diese Teilung:
die wagrechte Horizontale nnd der ganze Halbkreis (der nur bei Sonnen-
untergang möglich ist) interessierten mich also schon aus rein kompositio-
nellen Gründen, weil in ihr wie symbolisch das die Welt Beruhigende,

das Allem Frieden Bringende der Stimmung selbst ausgedrückt lag. Sturm
nnd abziehendes Wettergewölk — und nun der Bogen des Friedens und
Abendsonnenschein über dem ganzen Lande. Wieviel von dem, was ich

selbst beim Konzipieren und beim Malen dabei empfand, nun auch aus
denr Bilde spricht, das kann ich selbst nicht wissen. Die Urteile derer,

auf die ich etwas gebe, waren so verschiedenartig wie selten bei einem
meiner Bilder."

Dann zeigen wir im Bildnisse Johann Strauß den Aeltcrn nach
einem recht guten Porträt von Leopold Horowitz, das sich Verehrer
des Komponisten in größeren Nachbildungen von I. Loewy in Wien ver-
schreiben können.

Und hierauf zwei Jnnenräume aus Bauernhüusern, das eine aus
Süd-, das andre aus Norddeutschland. Th. Graetz, den die meisten

unsrer Leser nur von den „Fliegenden" her kennen werden, gibt nns mit
seiner „Wirtsstube" mehr, als er als Zeichner zu geben Pflegt, wirklich
ein ungemein echtes Stückchen süddeutschen Lebens, ein ganz klein wenig
karikiert vielleicht, aber nur nach dem Wesentlichen hin, also nicht ver-
zerrt. Schon die Stube mit ihrem „brömmelnden" Ofen mit Berschlag und
Bank, mit der Treppe, die umschalt aufwärts führt, mit den Tischen und
Stühlen (es ist, als Zeuge der Neuzeit, ein „Wiener" aus gebogenem Holz
darunter) ist ganz süddeutsch. Von den Gästen erscheint jeder nach Kleidung
wie Ausdrnck als ein Typ, typisch ist auch die Art, wie sie sitzen, und typisch
die Art, wie sie reden. Kommen wir von diesem Bilde zu dem von
Bernhard Winter, so haben wir eine Reise durch ganz Deutschland
gemacht. Wir sind im „Pesel" eines alten Bauernhauses, wie z. B. in den
Marschen um Hamburg herum noch vorkommen, aber auch dort schon nur
noch als Seltenheiten. Denn auf unserm Beispiel begegnen wir einer ganz
alten germanischen Form: um die Feuerstelle sind die Stuben noch nicht
durch Wände abgetrennt: die gerade vor uns wenigstens (von der es dann
rechts zum Schlafraume geht) wirkt nur wie eine Nische. Rechts schließt
sich unmittelbar die riesige Scheune mit den Ställen und Lagerräumen
an — wer derartige mächtige Gehöfte mit ihrem offenen Balkenwerk etwa
aus den Vierlanden kennt, erinnert sich ihres geradezu kirchenmäßigen Ein-
drucks. Durchaus Norddeutsche sind auch die Bewohner bei Bernhard Winter,
ein ganz anderer Menschenschlag als die Leute bei Graetz.

Berantwortlich: der Herausgeber Ferdtnand Avenarius in Dresden-Blasewitz. Mttleitende:
für Musik: vr. Richard Batka in Prag-Weinberge, für bildeude Kunst: Prof. Paul Schultze-
Naumburg in Saaleck bei Kösen tn Thüringen. — Sendungen für den Text an den Herausgeber,
über Musik an vr. Batka. — Druck und Verlag von Georg D. W- Callwey tn München.
Bestellungen, Anzeigen und Geldsendungen au den Verlag Georg D- W. Callweh in München.
 
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