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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0186

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II. Die fürstlichen Finanzen

Verbesserungen räumlicher Infrastrukturen zur Erweiterung fürstlicher Handlungs-
spielräume, um die es zuletzt ging, zeigen bereits die engen Verflechtungen des Raums
als spielraumbestimmende Größe mit der wirtschaftlich-finanziellen Koordinate auf,
die uns in diesem Kapitel eingehender beschäftigen wird. Hofwirtschaft und fürstliche
Finanzen als wichtige materielle Grundlagen der Hof- und Residenzkultur rücken in
letzter Zeit verstärkt in den Fokus der Forschung, was auf seine Weise die Bedeutung
dieser Koordinate aufzeigt/ Es ist an sich eine Binsenweisheit, daß neben den familiär-
dynastischen Entwicklungen - zahlreiche Kinder etwa brachten eine größere Beanspru-
chung der vorhandenen finanziellen Ressourcen zu deren Unterhalt mit sich, so daß für
den einzelnen unter Umständen erheblich weniger zum Leben abfiel - gerade die innere
und äußere Beschaffenheit eines Raums den finanziellen Rahmen, in dem sich fürstli-
che Herrschaft entfalten konnte, zu einem ganz wesentlichen Teil mitbestimmte. Zu
denken ist nur inwärts an das Steueraufkommen oder, in der Perspektive nach außen
gerichtet, an Zolleinnahmen, deren Umfang sich in einem wirtschaftlich unterent-
wickelten Raum natürlich ganz anders ausnahm als in einem fortschrittlicher struktu-
rierten oder wirtschaftlich florierenden. Wir werden daher von vornherein einige Über-
schneidungen mit dem bereits Gesagten - und wohlgemerkt auch mit dem noch zu
Sagenden - erwarten dürfen.

11.1 Fürsten und Geld

Nicht zuletzt die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Fürsten entschied über das Wohl
und Weh seiner politischen und gesellschaftlich-sozialen Handlungsspielräume. Die
Hofhaltung - sie allein machte im 15. Jahrhundert allgemeinen Schätzungen zufolge
rund 90 Prozent und im 16. Jahrhundert immer noch 50 Prozent aller fürstlichen Ausga-
ben aus' -, Kriege, Reisen, Geschenke, Mitgiften, Stiftungen usw. kosteten Geld, an das
der Fürst um so schwerer kam, je rudimentärer die Finanzverwaltung seines Herr-
schaftsbereichs ausgebildet war. Je aufwendiger - gerade auch unter der Konkurrenz
anderer Höfe - das Leben am eigenen, bald fest an einem Ort etablierten Hof wurde

1 Siehe dazu etwa FoUQUET/HlRSCHBIEGEL/PARAVICINI 2008 U. EHLERS/PLÖGER/PARAVICINI
(2009).
2 SCHUBERT 1999, S. 243.
3 AuGE/SriESS 2005, S. 10t.
4 Siehe zur vorausgehenden Reiseherrschaft die Bemerkungen etwa bei SCHUBERT 1996, S. 36:
»Die fürstliche Reiseherrschaft war alter Tradition gemäß nicht nur von politischen Gegeben-
heiten, sondern auch von einem schlichten Versorgungsdenken erzwungen. [...] Ein Fürst reist
 
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