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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0196

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11.3 Mobilisierung und Zentralisierung finanzieller Ressourcen um 1500

181

Sowohl die Herzoge von Mecklenburg als auch die von Pommern bewegten sich
nach diesen Befunden zu Beginn der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts einkommens-
mäßig sicher am unteren Rand des Reichsfürstenstandes.

11.3 Mobilisierung und Zentralisierung
finanzieller Ressourcen um 1500

Wollten die Fürsten überhaupt politisch überleben, mußte ihrem offensichtlichen Fi-
nanznotstand abgeholfen werden. Es zeugt von tatsächlich vorhandenem Krisenbe-
wußtsein, wenn etwa Magnus II. und seine mitregierenden Brüder Albrecht VI. und
Balthasar nach dem Tode ihres Vaters im Jahre 1477 sogleich daran gingen, verschiedene
Maßnahmen zu ergreifen, die dem weiteren Ausverkauf der fürstlichen Herrschaft ent-
gegensteuern sollten. Ernst Schubert bezeichnet die Schulden des Fürsten allgemein als
»das wichtigste Motiv zur Territorialstaatsbildung«, worin nochmals der Sachverhalt
zum Ausdruck kommt, daß sich die Finanzverwaltung des ausgehenden Mittelalters
nicht an einem abstrakten Landesinteresse oder am noch abstrakteren Ziel der Territori-
alisierung orientierte, sondern eben hauptsächlich auf die Bedürfnisse des Fürsten und
seines Unterhalts ausgerichtet war/ " Folgerichtig schreibt Uwe Schirmer zum Beispiel
Sachsen: Die »Mobilisierung und Zentralisierung der finanziellen Ressourcen im Terri-
torium war eine Voraussetzung für den Fortgang des Staatsbildungsprozesses. Dafür
nötig war nicht nur eine funktionsfähige Lokalverwaltung, sondern auch schlicht die
Verfügungsgewalt über die Ressourcen. Ohne eine Verwaltung vor Ort kam die Steuer
nur sporadisch ein. Und ohne materielle und politische Anreize konnten die führenden
Herrschaftsträger keine feingliedrige Verwaltung aufbauen. So galt es nicht nur, freie
Bürger und ungebändigtes Landvolk zu steuerpflichtigen Untertanen zu degradieren,
sondern es mußten auch die kleinen, aber autarken Herrschaftsträger in das System der
Steuererhebung integriert werden. Daß die Ausbildung von Staatlichkeit im lokalen Be-
reich größtenteils nur mit Hilfe jener Herrschaftsträger vonstatten gehen konnte, ist
ausdrücklich hervorzuheben. Lohnender Dienst in der Verwaltung oder bei Hof ver-
wandelte den unabhängigen Landadel in gefügige Beamte und Höflinge. Der einst weit-
gehend ungebundene niedere Adel unterlag dem Druck der höfischen Zivilisation: (E)r
wurde domestiziert.« * Für Mecklenburg wie Pommern treffen Schuberts und Schirmers
Feststellungen mit Sicherheit zu. Sowohl unter der Regierung Magnus' II. und seines
mitregierenden Bruders Balthasar als auch unter Bogislaw X. wurden entscheidende
Maßnahmen getroffen, die den fürstlichen Finanzhaushalt stärkten und damit die Herr-
schaftskonsolidierung und den Territorialisierungsprozeß allgemein vorantrieben. Im
Rahmen dieses Prozesses entfalteten sich auch ein nachhaltiges Landesbewußtsein und
die Vorstellung vom Fürsten als Landesvater, welche ihrerseits Magnus bzw. Bogislaw
den Ruf eines Vaters des Vaterlandes eintrugen/'

70 Vgl. dazu nochmals SCHUBERT 1999, S. 242ff. sowie FouQUET 2000.
71 ScHiRMER 2006, S. 33.
72 Siehe dazu die Bemerkungen in Abschnitt V.3.8.
 
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