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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0346

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V.3 Rangbewußtsein und Repräsentation im Nordosten um 1500

331

lin Kaiser Konrads II. und Mutter Kaiser Heinrichs III., Gisela, aus dem mecklenburgi-
schen Stamm hervorgegangen sei.''" Er unterstreicht dadurch die Gleichrangigkeit des
Fürstenhauses mit den anderen Dynastien des Reichs, wobei die historisch nicht ver-
bürgte""' Ehe der Mecklenburgerin Gisela mit dem Salierkaiser Konrad II. natürlich eine
besondere Qualität erlangt. Eines so weiten Rückgriffs hätte es als Beleg für die Königs-
nähe der Mecklenburger übrigens gar nicht bedurft. Denn schließlich war 1388 der Sohn
Kaiser Karls IV. namens Johann von Görlitz mit Catharina, der Enkelin Albrechts II., ver-
mählt wordene"* Gerade der historisch weite Rückgriff auf die Salierzeit unterstrich in-
des wiederum die auch dieser Königsnäher"" Weit stärker noch hebt Marschalk
die Nähe der Herzoge zu den Kaisern oder anderen Funktionsträgern im Reich hervor
und schildert nun - anders als Krantz - ganz konkret, in welch hohem Ansehen die Für-
sten immer wieder im Reich standen.""" Albrecht II. etwa wird zu einem besonderen
Freund und Günstling Karls IV. stilisiert""*, und auch Magnus' II. hervorgehobene Stel-
lung unter den Reichsfürsten wird betont.""" Das Ganze gipfelt in der Darstellung Hein-
richs V. als der vom Kaiser geradezu meistgeliebten Person bei Hofe."""
Die starke Bezugnahme auf das Reich, etwa bei Krantz oder Marschalk, wird na-
türlich der seit dem Ende des 15. Jahrhunderts stark veränderten Ausrichtung der meck-
lenburgischen Politik gerecht. Doch erscheint nach ihren Opera die enge Bindung an
Kaiser und Reich insgesamt nicht als etwas Neuartiges, sondern als eine Kontinuität,
welche so verstanden ihrerseits den Anspruch untermauern konnte, eine wichtige und
anderen Fürsten gleichrangige Rolle im Reich zu spielen. Nicht von ungefähr also heißt
es auch auf Magnus' II. Grabinschrift: C%es%n'&MS ynüüs rin's /[...]/ AMsin'%-
CMS /otn'i Caesar aü'np/e nwos."""

V.3.7 Einheit von Dynastie, Land und Volk
In enger Beziehung zur Propagierung der reichsfürstlichen Stellung steht ganz allge-
mein""" und auch im Falle der Fürsten des südlichen Ostseeraums die Sichtweise, daß
Dynastie und Land, zu ergänzen noch um das darin lebende Volk, eine naturgegebene

199 Krantz 1600, S.516f.
200 Konrad II. war in erster Ehe mit einer Judith und in zweiter mit Gisela, der Tochter Herzog Her-
manns II. von Schwaben, vermählt. Siehe dazu etwa die Stammtafel in WEiNFURTER 1992.
201 VELDTRUP 1988, S. 427ff., bes. S. 433f.
202 Nach Krantz bestand die Königsnähe schon seit den Zeiten Karls des Großen. Er habe den Meck-
lenburgern die »Willkür« über die benachbarten Völker überlassen - ein interessanter und viel-
sagender Seitenhieb auf immer wieder bedrohliche Nachbarn Mecklenburgs wie Brandenburg
und Pommern, vielleicht aber auch auf verschiedene Hansestädte, zu denen sich Mecklenburgs
Verhältnis ebensooft spannungsreich gestaltete.
203 G. WERNER 2002, S. 200f.
204 RÖPCKE 1995, S. 106: [...] zn dem Km/ser in Cnrnis gekommen. Do er dnnn mit dönigiieder Rrncdf ange-
nommen [...].
205 Siehe dazu nochmals RÖPCKE 1995, S. 116.
206 RÖPCKE 1995, S. 120: Nocdgedends word er non dem Römiscden Könige Moximdion onjgenommen, der
Jnr öden andern Hojienfen eine sonderbare Bedednng zn dun frng [...], und S. 122: Dem sponiseden
Könige nnd Römischen Km/ser Cori ist er niedf weniger ois oordin dessen Grossster, dem Moximdion,
wie oned öden seinen Nocddorn sedr ded nnd ongenedm gewesen.
207 Nach KÜHNE 1896, S. 39. Gemeint sind mit den beiden österreichischen Kaisern natürlich Fried-
rich III. und Maximilian I.
208 Siehe dazu etwa HECK 2005, S. 265; G. WERNER 2002, S. 203; STÄUBER 2002, S. 376; MoEGLiN 1993,
S. 635; DERS. 1995a, S. 535; STUDT 1992, S. 385ff. - Den Hohenzollern fehlte es an einer derartigen
Verwurzelung mit einem Land. Siehe dazu zusammenfassend NoLTE 2005, S. 45.
 
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