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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0333

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318

V. Fürstliches Rangbewußtsein und dynastische Repräsentation

Kerzenwachs und Talg.*"* Der hier erkennbare höfische Aufwand entsprach zwar durch-
aus dem an anderen zeitgenössischen Höfen üblichen Standard, für Pommern freilich
ist er - denkt man trotz aller literarischen Ausmalung und Übertreibung an die ärmli-
chen Verhältnisse, welche die Chronistik, z.B. Kantzow, dem Hof der Greifen in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bescheinigt*"' - wohl doch eher als eine bewußte
Zurschaustellung fürstlicher i%rgü%s zu bewerten. Mit der polnischen Hochzeit Bogis-
laws X. im Jahre 1490 nahm diese dann Zug um Zug weiter zu, so daß sein Hof - wiede-
rum nach Kantzow - im nachbarschaftlichen Umfeld bald mit großer Bewunderung
wahrgenommen wurde.*""
Die Existenz dieses Leitbildes muß man zumal dann in Rechnung stellen, wenn es
Regierungszeiten wie etwa die Heinrichs IV. von Mecklenburg-Schwerin zu charakteri-
sieren gilt, welche den eigenen Herrschaftsbereich anscheinend an den Rand des völli-
gen wirtschaftlich-finanziellen Zusammenbruchs führte.*"" Zu diesem Element fürstli-
cher Selbstsicht steht die im zweiten Kapitel behandelte wirtschaftsgeschichtliche
Koordinate natürlich in einem sehr engen Verhältnis.

V.3.3 Militia Christi
Weiterhin ist die Vorstellung christlicher, gottgefälliger Herrschaft dazu zu rechnen.*""
Der Fürst als wdes C/zristi, als Gottesstreiter, »am reinsten gegen die Heiden«, und natür-
lich auch im Namen der sozial Schwachen, der Armen, Witwen und Waisen.*"" Gut ver-
anschaulicht dieses Ideal ein Vorgang, der uns zu Heinrich I. von Mecklenburg überlie-
fert ist.'"" Er hatte an einem Kreuzzug in Livland teilgenommen, dabei ein Mädchen
gerettet und nach dessen Taufe adoptiert. Am 8. Juli 1270 schenkte er nun dem Kloster
Rehna vier Hufen in Parber zum Unterhalt dieses Mädchens. Ein solches Vorgehen ent-
sprach natürlich generell der mittelalterlichen Lebenswelt, die in Erwartung des Jüng-
sten Gerichts stark auf den Glauben und das Jenseits ausgerichtet war, was wiederum
eine Vielzahl karitativer, frommer und gottesdienstlicher Akte hervorrief.*"" Die uns be-
kannten Stiftungen der Fürsten und Herren des südlichen Ostseeraums legen davon ein
beredtes Zeugnis ab. Gewollter Ausdruck einer frommen, christlichen Gesinnung und
Lebensführung sind daneben die zahlreichen erhaltenen Grabmäler und Epitaphien,
welche die jeweiligen Fürsten selbst oder ihre Nachkommen in der üblichen retro- wie
prospektiven Memorialabsicht*"" in Auftrag gegeben haben. Herzog Magnus' II. Epitaph
z.B. steckt voller Reminiszenzen an seine tatsächliche oder vermeintliche fromme Le-
bensführung.**"

101 ViERGUTz 1937 S. 55; Besuch 1901.
102 Kantzow 1897 S. 319.
103 Ebda., S. 334. Zur Hochzeit siehe nochmals WEHRMANN 1911, S. 124.
104 Das unterläßt etwa STEINMANN 1922, S. 98. - Siehe etwa die nicht nur negative Charakterisie-
rung bei Röpcke 1995: [Heinrich IV.] erwies [...] gegen die Seinigen so gnädig, müde nnd sorgfädig,
dnss er dos grösseste Pded seines Pondes den Wncderern verpfändete nnd Geid doronf nodzn [...].
105 Nochmals ZoTz 2002, S. 187f.
106 PARAviciNi 2006, S. 404 (hier auch das Zitat).
107 MUBII,Nr. 1193.
108 Siehe statt vieler nur die instruktive Studie von LusiARDi 2000 sowie KÜHNEL 1990.
109 Vgl. dazu nochmals GRAF 1998 u. 1995.
110 [...] Pronns npostoiicn popoe ins cernor in onio / f.. J / Perpetnozn dedit die rosozn, [...] / Etdereoe potrzäzn
Soii/??Me peregrz'nns odz'vi / Mditiozn Doznz'ni soncto per orvo petens. / Gondednnt otovi titniis, teiinre ne-
potes, / Proxnnn cnro sntn't, reiiigionis donos. / [...] Nostro re/orznntis stot pzä tnrdo cdorz's. / Rostocdi-
 
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