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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0202

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11.3 Mobilisierung und Zentralisierung finanzieller Ressourcen um 1500

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sichtlich hatten die jungen Fürsten eingesehen, daß die Städte damals zu mächtig wa-
ren, um sich gegen sie in der Zollfrage erfolgreich durchsetzen zu können, auch wenn
man selbst mächtige Verbündete auf seiner Seite wußte. 1482 befreiten die Mecklenbur-
ger dann auch Rostock wie Lübeck von den Landzöllen, nachdem dieses ein Abstands-
geld gezahlt hatte."' Magnus' Versuchen, in den 1490er Jahren Elbzölle bei Boizenburg
und Dömitz sowie Landzölle an der märkischen Grenze anzuheben bzw. überhaupt erst
zu errichten, war ebenfalls kein Erfolg beschieden."'
Wenig anders das Bild in Pommern: Auch Bogislaw X. erlangte zwar vom König
eine Billigung von Zöllen, um so seine Einnahmen zu vergrößern!" Doch stießen die ab
1498 verlangten Zollgebühren in Wolgast und Damgarten auf den energischen Wider-
stand der Städte; die von herzoglicher Seite eingeleiteten Gegenmaßnahmen zur Sper-
rung der Einfuhr in die bzw. der Ausfuhr aus den Städten zeugen eher von Hilflosigkeit
als von der Kraft, sich gegen ihren Willen durchzusetzen. Die Blockade scheiterte.""

11.3.4. Die Erhebung von Steuern und die Macht der Stände
Ein anderer Weg zur Verbesserung der Finanzsituation bot sich durch den Einzug von
Steuern an. Dazu zählten die Bede, die als Abgabe auf städtischen und ländlichen
Grundbesitz in Mecklenburg und Pommern im Laufe des Mittelalters wie überall die
Tendenz einer Verfestigung zur dauernden Abgabe erfuhr, und die im 15. Jahrhundert
neu aufkommenden Formen von Landessteuern, die sich am Vermögen bzw. am Ver-
brauch (an Bier und Getreide) orientierten."* Hinzu trat gegen Ende des 15. Jahrhunderts
noch eine Reihe von Sonderbeden wie die Reichssteuer, Abgaben für Reisen der Fürsten
zu Reichstagen, zur Reichsbelehnung der Herzoge usw. Anscheinend wiederbelebt
wurde die »Fräuleinsteuer«, bei der es sich um eine direkte Abgabe aufs Land, je nach
Größe der Hufe und des Hauses, handelte und die bei der Vermählung einer herzog-
lichen Schwester oder Tochter erhoben wurde, in Pommern 1484, in Mecklenburg im
Jahre 1500!" Die Erhebung der Abgaben und Steuern mußte aber gegenüber den Unter-

117 LAS, Bestand 11.11, Nr. 18413-18416 (15. August 1482).
118 Siehe dazu STEINMANN 1922, S. 117f.
119 LAG, Rep. 2 Ducalia, Nr. 423; DÄHNERT I, S. lOff., Nr. 6 (Konfirmation des Zolls im Jahre 1499:
DÄHNERTI, S. 12f., Nr. 7). - ScHiLDHAUER 1988, S. 57. Auch zum Folgenden.
120 Im übrigen war der Versuch, die eigenen Einkünfte durch neue Zölle zu steigern, nicht von
vornherein zum Scheitern verurteilt. Erinnert sei nur an die Einführung des Sundzolls in den
1420er Jahren, durch den der König der Kalmarer Union, Erich von Pommern, sich höhere Ein-
nahmen für seine dänische Krone und zugleich einen Abbau des hansischen Einflusses in sei-
nen Reichen versprach und den er trotz des heftigen Widerstands der Hansestädte durchsetzte
(dazu FRITZE 1992). Bis 1857 sollte dieser Zoll dann letztlich erhoben werden. Doch waren die
Macht- und Interessenverhältnisse in diesem Falle ganz andere wie im Mecklenburg und im
Pommern der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Erichs Nachfolger Christoph hatte z.B. die
beginnenden Rivalitäten zwischen den hansischen und holländischen Seefahrern erfolgreich
für sich auszunutzen vermocht; Erich selbst hatte die Hansestädte gegeneinander ausgespielt:
FRITZE 1992, S. 209,211.
121 Vgl. dazu allg. SCHUBERT 1996, S. 45f. - Zu Pommern speziell ViERGUTZ 1937 S. 51.
122 ScHiLDHAUER 1988, S. 54. »Anscheinend wiederbelebt« meint, daß entsprechende Belege für
frühere Zeiten eigentlich fehlen. - Für Mecklenburg siehe die Aufstellung der Sonderbeden bei
WEISSBACH 1910, S. 97f.: 1482 aus Anlaß der Reise Magnus' II. zum Reichstag nach Nürnberg,
1489 ohne Angabe des Zwecks, 1491 und 1492 für die König Maximilian zu Nürnberg und Kob-
lenz bewilligte Reichshilfe gegen Frankreich, 1496 für die Kaiserbede (dazu ausführlich mit
Textedition ENGEL 1968), 1500 und 1501 zur Fräuleinsteuer, 1505 zur Reichsbelehnung, 1510 zur
Reichssteuer; für Pommern BÜTOw 1911, S. 99: 1485 zur Vermählung von Bogislaws Schwester
 
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