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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0257

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242

III. Fürst, Familie und Dynastie

chen Ostseeraum heirateten, sondern überregional. Bei den Frauen hielten sich regio-
nale und überregionale Ehen mit genau drei zu drei auch noch die Waage. Allerdings ist
das Zahlenmaterial, das sie liefern, zugegebenermaßen ein nur kleines.
Es folgt die Zeit ab 1480, in welcher sich nun das Konnubium der Mecklenburger
und Pommern dahingehend um Nuancen verändert, daß zwar noch eine Heirat mit Po-
len (Bogislaw X. von Pommern, 1491) und eine mit Schlesien (seine Tochter Anna, 1516)
sowie eine mit Schleswig-Holstein (seine Tochter Sophia, 1518) Vorkommen, nun aber
auch Heiraten mit den Häusern Wittelsbach-Kurpfalz (Georg I. von Pommern sowie
Heinrich V. von Mecklenburg [zweite Ehe], beide 1513), nach Kursachsen (Sophie von
Mecklenburg, 1500, und ihre Schwester Katharina, 1512) oder gar nach Hessen (Anna
von Mecklenburg, 1500) begegnen. Stellt man dann noch in Rechnung, daß die Mehr-
zahl der noch verbleibenden Ehen dieser Zeit mit Töchtern des Hauses Brandenburg
geschlossen wurde (Pommern: zweite Ehe Georgs I., 1530; Mecklenburg: Heinrich V.,
1503, Albrecht VII. 1524), so wird deutlich, daß sich das Konnubium in dieser Phase nun
nahezu ganz auf das Reich verlagerte und hierbei über den südlichen Ostseeraum nach
dem weiteren Süden ausgriffA" Zum anderen sind die Ehen mit diesen wichtigen Reichs-
dynastien - bekanntermaßen waren in Brandenburg, Kurpfalz und Sachsen insgesamt
drei der vier weltlichen Kurwürden verankert - Ausweis, daß die Fürsten von Mecklen-
burg und Pommern damals wirklich in der erkennbaren Hierarchie der Fürstenhäuser
nach vorne rückten. Zuvor - das gilt es zu unterstreichen - war dies nicht oder nur über
sehr kurze Phasen (z. B. Mecklenburg unter Albrecht II., Pommern-Stolp zur Zeit der
luxemburgischen Könige) der Fall gewesen - ein Bild, das sich in der Tendenz auch aus
der gleich folgenden Analyse der uns bekannten Mitgift- bzw. Widerlegungssummen
ergibt.

111.3.2 Die Entwicklung der fürstlichen Heiratsgaben im 15. und 16. Jahrhundert
Es wurde im zweiten Kapitel dieser Arbeit bereits festgestellt, daß sich sowohl die Her-
zoge von Mecklenburg als auch von Pommern finanziell betrachtet über weite Phasen
des 15. Jahrhunderts am unteren Rande des Reichsfürstenstandes bewegten, was wiede-
rum die hier gerade vorgetragene, durch die endogamen Heiratsstrategien in einer er-
kennbaren Größenordnung von mehr als 30 Prozent aller geschlossenen Ehen unter-
mauerte These stützt, daß sich ihr damaliges Konnubium trotz der unbestreitbaren
Dominanz reichsfürstlicher Heiraten auf männlicher wie weiblicher Seite nur im unte-

252 Zu erinnern ist nur daran, daß Eheverhandlungen etwa auch mit Lothringen, Bayern, Kleve
oder Württemberg geführt wurden, was die These einer neuen Stoßrichtung des Konnubiums
und einer dadurch verminderten Regionalität desselben unterstreicht. - Zu den Verhandlungen
wegen des lothringischen Heiratsprojekts auf dem Wormser Reichstag 1495 siehe LAS, Bestand
11.11, Nr. 22686; RTA MR V.2, Nr. 1742. Nachrichten zu einem Eheplan zwischen Herzog Wilhelm
von Bayern und Anna, der ältesten Tochter Bogislaws X., von 1514/15 finden sich in HStA Wei-
mar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. D, Nr. 57. Verhandlungen über eine Eheschließung zwi-
schen Albrecht VII. von Mecklenburg und der westdeutschen Fürstentochter Anna von Kleve
von 1517/18 sind überliefert in: HStA Düsseldorf, Bestand Jülich-Berg I, Nr. 409 u. 410. Zu Würt-
temberg bzw. zu den Eheverhandlungen zwischen dem Bruder des württembergischen Her-
zogs Ulrich, Georg, und u.a. dem mecklenburgischen (1536) und pommerschen (1544) Herzogs-
haus wegen einer Heirat siehe HStA Stuttgart, Bestand G 44, Bü. 7. Als Vermittler im ersteren
Falle fungierte übrigens Landgraf Philipp von Hessen. Die Ehepläne wurden beide Male nicht
realisiert.
 
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