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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0258

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111.3 Konnubium und Heiratspolitik

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ren Segment des sog. Fürstenstandes bewegt haben kann. Es fehlten ihnen nämlich ein-
fach die Mittel zur Zahlung durchweg hoher Mitgiften.'' Die Höhe der Mitgiftsummen
ist aber ihrerseits Ausdruck des Sozialprestiges der an der betreffenden Eheschließung
beteiligten Dynastien.'^
Das adelige Heiratsabgabensysteirr^ gestaltete sich kurzgefaßt folgendermaßen:
Eine Braut erhielt von ihrer Familie die möglichst in bar zu zahlende Heimsteuer oder
Mitgift, zudem noch eine sog. Heimfertigung an Kleidung, Schmuck, Silbergeschirr
uswT" Die Familie des Mannes sicherte als Gegenleistung zur Heimsteuer die sog. Wi-
derlegung zu, die im Regelfall ebenso hoch ausfiel. Heimsteuer und Widerlegung wur-
den auf Pfandgüter, welche sich im Besitz der Mannesseite befanden, verschrieben. Aus
den daraus fließenden Einkünften erfolgte später die Witwenversorgung. Fürstentöch-
ter konnten im 15. Jahrhundert durchschnittlich mit einer Mitgift zwischen 10.000 und
30.000 Gulden rechnen, wie Karl-Heinz Spieß betont, wohingegen an Töchter aus dem
Grafen- und Herrenstand im Schnitt 4.350 Gulden gezahlt wurden.^ Wie verhält es sich
nun mit den Mitgiften, welche die Mecklenburger, Werler und Pommern für ihre Töch-
ter zahlten? Nach den uns heute bekannten Zahlen beliefen sich die Mitgiften für die
Fürstentöchter bei Ehen, welche zwischen den Häusern Mecklenburg, Werle und Pom-

253 Die Beobachtung, daß gerade die wohl eher finanzschwachen Pommern-Stolper ein rangmäßig
hohes Konnubium aufweisen, scheint sich dieser Feststellung gegenüber zunächst paradox zu
verhalten, wird allerdings verständlich, wenn man etwa bedenkt, daß die dort vorkommende
Heirat eines männlichen Angehörigen, Erichs von Pommern, mit dem englischen Königshaus
einem dänischen Kontext zuzuorden ist (wie auch die mit Pfalz-Neumarkt geschlossene Ehe
seiner Schwester Katharina). Siehe DAAE 1880. Die Ehen männlicher Angehöriger mit dem pol-
nischen Königshaus und seinen Satelliten erklärt sich aus der besonderen Situation der damali-
gen Auseinandersetzungen Polens mit dem Deutschen Orden. Bei der 1343 vereinbarten Ehe
wurden 2.600 Böhm. Schock Groschen als Ehegeld vereinbart: CDPr I, Nr. 95 = PUB V, Nr. 3375 -
SzuLTKA, Nr. 51 u. CDPr II, S. XVIII. Siehe auch PUB VI, Nr. 3855. Die (vierte) Eheschließung
Kaiser Karls IV. mit Elisabeth von Pommern, über deren finanziellen Rahmen wir allerdings gar
nicht informiert sind, erscheint in den gleichen Hintergrund eingebettet. Bei der Eheschließung
stand nämlich anscheinend weniger der Wunsch nach einer dynastischen Untermauerung der
guten Beziehungen zu den Pommernherzögen Pate - Elisabeth entstammte auch dem Stolper
(Wolgaster) Zweig der Dynastie, dessen Verhältnis zu Karl zeitlebens eher unterkühlt blieb
sondern vielmehr spielten der geplante Erwerb der Mark Brandenburg sowie das Bemühen um
bessere Beziehungen zu Polen eine Rolle, denn Elisabeth war zugleich die Enkelin und neben
ihrem Bruder Kasimir IV. die einzige legitime Nachfahrin des polnischen Königs Kasimir III.,
an dessen Hof sie auch erzogen worden war. Vielleicht malte sich Karl so sogar realistische
Chancen auf eine Thronfolge in Polen aus. Zu den Hintergründen der Ehe ZDRENKA 2001 und
besonders VELDTRur 1988, S. 377-380. Höchstwahrscheinlich zeigte sich der Kaiser wegen sei-
nes eigenen Interesses an dieser Ehe bei der Höhe der zu zahlenden Mitgift durchaus entgegen-
kommend.
254 Dazu jetzt zusammenfassend SriESS 2007. Vgl. dazu etwa für das Haus Hohenzollern NoLTE
2005, S. 104: »[...] daß die Zusammensetzung und Qualität des Konnubiums nicht zuletzt vom
Umfang der bereitgestellten Mittel abhingen.«
255 Dazu ausführlich SriESS 1993, S. 133ff.; kurzgefaßt NoLTE 2005, S. 105.
256 Um den Umfang der Heimfertigung gab es des öfteren, gerade bei mehreren Geschwistern,
Streit. So beanspruchte die jüngste Tochter Magnus' II. von Mecklenburg, Katharina, bei ihrer
Eheschließung mit dem Herzog von Sachsen, Heinrich, im Jahre 1512 gleichviel Silbergeschirr,
wie es ihrer Schwester Anna in die Ehe mitgegeben worden war. Es handelte sich um Silberge-
schirr in einer Größenordnung von etwa 1.800 Gulden: LAS, Bestand 2.12-1/9 Eheschließungen,
Nr. 9. Vgl. zur Eheschließung auch HStA Dresden, Bestand 10024 Geheimer Rat, Sachbetreff
Mecklenburg.
257 Siehe auch SriESS 2003, S. 98f. u. DERS. 1993, S. 344ff.
 
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