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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0348

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V.3 Rangbewußtsein und Repräsentation im Nordosten um 1500

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sehen den Zeilen geäußerte - Stellungnahme gegen Albrechts VII. Teilungspolitik, ge-
gen die sich Heinrich V. zur Wehr zu setzen hatte."" Sicher auch deswegen fiel Albrechts
Lebensbeschreibung im Vergleich zu der Biographie seines Bruders Heinrich, des Auf-
traggebers von Marschalk, im Umfang mehr als dürftig aus.'*"
Derartigen innerdynastischen Auseinandersetzungen um Herrschaftsteilhabe
verdanken wir auch jene mediale Verdichtung genealogischer Selbstdarstellung am
Hofe Herzog Ulrichs von Mecklenburg-Güstrow, deren Intensität seinerzeit kaum ge-
kannt war. Sie kommt in der Gedächtnistumba und in dem Wandgrab, welche Ulrich in
den 1570er Jahren im Chor des Doms von Güstrow zu Ehren seines Vorfahren Heinrich
Borwin II. aufstellen ließ"", in Ulrichs eigenem Grabmal im Güstrower Dom, das über-
haupt zu den genealogisch aufwendigsten Grabmälern im Reich und im nordeuropäi-
schen Kulturraum der Zeit gerechnet wird, sowie in der künstlerischen Ausgestaltung
seines Residenzschlosses in Güstrow und in den genealogischen Bemühungen des Ge-
lehrten David Chytraeus und des Hofmalers Cornelius Krommeny zum Ausdruck.'*"
Die Kunstwerke werden vor dem Hintergrund von Ulrichs politischer Auseinanderset-
zung mit seinem älteren Bruder Johann Albrecht um die Teilhabe an der Landesherr-
schaft verständlich, die schließlich 1555 zur Landesteilung führte und Ulrich den östli-
chen Teil Mecklenburgs mit Güstrow als Residenzstadt zuwies, während der westliche
Teil mit Schwerin als Hauptort an Johann Albrecht fiel.'" Der jüngere Bruder suchte sich
durch seine Ahnendenkmäler und durch die Konstruktion Güstrows als Ort dynasti-
scher Kontinuität offensichtlich als wahrer Repräsentant der mecklenburgischen Her-
zogsdynastie zu stilisieren.''" »Er erwies den Vorfahren sichtbare Reverenz, um auf diese
Weise die Ahnen als Zeugen seiner Landesherrschaft anrufen zu können.«"* Johann Al-
brecht stand in dieser Konstruktion nur im Schatten Ulrichs.

V.3.8 Der Fürst als pater patriae
Mit der Einheitsidee eng verbunden begegnet seit dem Ende des 15. Jahrhunderts ver-
mehrt ein patronaler Gedanke im Umfeld der Fürsten, die Vorstellung also, daß die
Herzoge als fürsorgliche Landesväter agierten und agieren. Krantz rühmt Magnus II.
von Mecklenburg in der erwähnten Leichenrede, dem Genre entsprechend, zwar ganz
allgemein, aber besonders auffallend auch in diesem patronalen Sinne. " Gerade unter

215 So auch die Interpretation von STUDT 2005, S. 246. - Zum Hintergrund siehe SELLMER 1999,
S. 26ff.; BEHNCKE 1927.
216 RÖPCKE 1995, S. 122. Immerhin war Albrecht VII. 1488 geboren, zum Zeitpunkt der Bilderhand-
schrift also bereits 38 Jahre alt. Marschalk hätte über ihn also durchaus mehr berichten können,
wenn er es wirklich gewollt hätte.
217 Vgl. dazu etwa ScHLiE 1901, S. 212ff. und AuGE 2008c.
218 Siehe dazu insgesamt und grundlegend HECK 2002, S. 133ff., 192ff.; DERS. 2000; NEUMANN 2000;
LiscH 1870.
219 Hierzu statt vieler MÜNCH 2000c, S. 60.
220 Vgl. dazu und zum Folgenden auch PECAR 2006.
221 Zitat aus ebda., S. 40.
222 Krantz 1600, S. 513: Dos Voteriondt oäer wünschet nnd senjJzH nocii seinen getreten Voter / der nieüf
odein mit den notnnen Mognns / sondern oncii in der tiiot dessen grosser nnd äerneiunfer Väter gewesen
[...]; S. 517: [...] der gnte Fürst [...], ebda, auch: [...] der top/ere Fürst [...], ebenso: Denn wenie ist seine
Ktngiieit in erwegnng / seine tVocderiieit in ertongnng / nnnd endticii seine gesedwindigdeif in oorfdsef-
znng eines jegiieden dos er onzn/ongen dedoedt / uerdorgen? [...]. - Siehe auch den Text seines Epi-
taphs nach LiscH 1874, S. 57: Megopoiensis ernrn dnx mognns nomine Mognns, / [...]. - Eine Überset-
zung des ganzes Textes liefert KÜHNE 1938, S. 45-48, hier S. 46.
 
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