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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0330

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V.3 Rangbewußtsein und Repräsentation im Nordosten um 1500

315

ner Klosterkirche anordnete, auf denen Angehörige seiner Dynastie, angefangen mit
dem Stammvater Niklot, dargestellt waren, indem er dem Abt desselben Klosters 1533
noch acht Bilder seiner Vorfahren auf Leinwand sandte"" und indem er bei dem bedeu-
tenden Herold Georg Rixner ein Werk über das Herkommen und die Wappen der Für-
sten von Mecklenburg in Auftrag gab/"
Das gerade Gesagte zeigt, daß die bewußte Förderung historiographisch-genealo-
gischer Arbeit und die dahinterstehende Erkenntnis ihres propagandistischen Wertes
für die faktische oder ideelle Erweiterung der eigenen Handlungsspielräume einen ge-
wissen Bildungsstand des Fürsten und seiner unmittelbaren Umgebung voraussetzt,
ganz gleich ob sie sich nun in originärer Weise vollzog oder ob sie in bewußter Imitation
bzw. unbewußter Beeinflussung von außen erfolgte. Letzteres ist beides für Mecklen-
burg und Pommern entweder zu erkennen oder zumindest anzunehmen. Nochmals
wird die eminente Bedeutung des Vorganges offenkundig, den wir mit dem Begriff der
Reichsverdichtung zu umschreiben bemüht sind. Die von ihrer Intensität her ab der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verstärkte Orientierung der Fürsten auch des Reichs-
nordens am Königshof und die vermehrten Kontakte und Begegnungen von König und
Reichsfürsten auf den Reichsversammlungen oder bei sonstigen Gelegenheiten schufen
die zentrale Voraussetzung und Grundlage für diese Imitation oder Beeinflussung. Für
Heinrich V. wurde bereits auf etwaige Verbindungen zu Maximilian verwiesen. Nicht
von ungefähr beobachten wir auch bei Bogislaw X. nach seiner großen Reise von 1496/98,
die ihn mit den damals schon ausgefeilten Repräsentationsmöglichkeiten und -Bedürf-
nissen König Maximilians, der Kurie oder der italienischen Höfe in Berührung kommen
ließ, historiographische, heraldische und numismatische Neuerungen bei der Inszenie-
rung seiner Fürstlichkeit, die Brandenburg so nachhaltig in Frage stellte/"

V.3 Fürstliches Rangbewußtsein und dynastische Repräsentation
im Nordosten des Reichs um 1500

Diesen allgemeinen Hintergründen verdanken wir eine im 16. Jahrhundert im Vergleich
zu früheren Zeiten wahre Flut verschiedener Zeugnisse zum fürstlichen Rangbewußt-
sein im Nordosten des Reichs, und wenn wir gleich eine knappe Übersicht liefern, wel-
che Elemente dieses, unabhängig von gegenwartsbezogenen Implikationen, im Kern
ausmachten und prägten, dann handelt es sich dabei meist um eine »Zustandsbeschrei-
bung« für die Zeit um 1500/" Gleichwohl fehlte es auch im 16. Jahrhundert nicht an den
realen politisch-dynastischen Konstellationen, welche den konkreten Hintergrund für

schalk, Institvtionvm. - Zu weiteren prachtvollen Bilderhandschriften, die eine Genealogie der
Mecklenburger Fürstendynastie bieten, vgl. RörcKE 2005 mit reichhaltigem Bildmaterial.
83 BiscHOFF 2006, S. 80f.; RörcKE 1995, S. 12; DERS. 1999, S. 18.
84 LAS, Bestand 1.12-2 und Rixner. - ARNOLD 2000. - Überhaupt scheint Heinrich V. am Aufbau
einer - freilich nicht nur historiographischen - Büchersammlung interessiert gewesen zu sein.
Vgl. dazu die kurzen Bemerkungen bei BiscHOFF 2006, S. 18ff. (S. 58ff. zum mecklenburgischen
Wappenbuch Rixners).
85 Gemeint ist bei der Historiographie z.B. die sog. Tragicocomoedia des Johann von Kitzscher
(dazu KoNOw 2003b).
86 Vgl. dazu auch AuGE 2007.
 
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