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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0287

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IV. Die verfassungsrechtliche Stellung

oftmals die konkreten Kräftekonstellationen vor Ort entscheidender^ - doch schuf sie
einen gewissen Rückhalt, der in jedem Falle von hohem ideellem Wert war. Zwei pom-
mersche Beispiele sollen das verdeutlichen.

IV.3.1 Barnim III. von Pommern-Stettin und Karl IV.
Der bereits öfter genannte Barnim III. von Pommern-Stettin veranschaulicht in bester
Weise, wie sich solche Verbindungen zum König positiv auszuwirken vermochten. Bar-
nim kam es dabei grundsätzlich zustatten, daß Karl IV. in seiner Auseinandersetzung
mit den Wittelsbachern selbst ein Interesse an einem guten Einvernehmen mit den pom-
merschen Herzogen besaßt Barnim nutzte die Gunst der Stunde, reiste am 4. Juni 1348
zu Karl nach Znaim und erlangte von ihm am 12. Juni die Belehnung mit dem Herzog-
tum Pommern-Stettin, die Bekräftigung der Reichsunmittelbarkeit des Herzogtums so-
wie die Zusicherung der Eventualnachfolge in Pommern-Wolgast und im Fürstentum
Rügen. Zeitgleich erhielten er und seine Wolgaster Verwandten eine Belehnung mit dem
gesamten Herzogtum Pommern und dem Fürstentum Rügen. Mit der Belehnung war
die Verleihung des Amtes des königlichen Reichsjägermeisters an alle Herzoge verbun-
den, zu dessen Pertinenzen vermeintlich Festlandrügen gehörte.*" 1355 und 1357 er-
langte Barnim dann eine nochmalige Belehnung, wobei er Karl für den Fall seines Todes
die Vormundschaft über seine Gemahlin und seine Kinder übertrug..Die letzteren Be-
lehnungen erfolgten in besonders feierlicher Form, denn beide Male wurden die betref-
fenden Urkunden mit einer Goldbulle versehen. Mit der Belehnung war ausdrücklich
das Recht auf das Tragen eines herzoglichen Baretts verbunden, was den reichsfürstli-
chen Status Barnims unterstrich!"* Am gleichen Tag gestattete Karl dem Herzog in
Dankbarkeit für die stete, trewe, ?ie&e ;i?;d willige dienst, die wir an dem iwclzge&or7ien Bwwyw
dertzogfejn zt; Steil/?;, zu Po?r;era?;, zu Windfejn und zu Cassulie?;, n?;ser?r; BeUeJ?; /urste?; n?;d
neuen, in uergnngen zeiien steticiici; ge/nnden iwlien nnd in ia;n/iigen Zeiten finden sniifejn,
zehn Edelleute eigener Wahl zu herzoglichen Dienstleuten zu machen und in die Hof-
ämter des Kämmerers, Viztums, Marschalls, Truchsessen, Schenken sowie in andere
Ämter einzusetzen.*"" Der Aufbau einer repräsentativen Hofhaltung des Herzogs -

97 Siehe dazu etwa EiBL 2006, S. 67 am Beispiel des Zollstreits zwischen Mecklenburg und Lübeck
in den 1470er Jahren.
98 Siehe dazu insgesamt CONRAD 1978; SCHMIDT 1978; WEHRMANN 1897.
99 LAG, Rep. 2 Ducalia, Nr. 93-96 (auch 97) = DÄHNERTI, S. 3ff., Nr. 1; DERS. Suppl. I, S. lOff., Nr. 4 u.
5; HEINEMANN 1899a, S. 164ff., Nr. 2-4; MGH Const VIII, Nr. 600, 606A u. B, 607A u. B, 608A u. B
(auch 609A u. B); RI VIII, Nr. 6001-6003. - ScHLiNKER 1999, S. 201f.; CONRAD 1978, S. 391ff.; PETER-
SOHN 1983, S. lllf.; SCHMIDT 1978. - Für die Verbindung des Reichsjägermeisteramtes mit dem
Fürstentum Rügen gibt es keine weiteren Belege. Die Vermutung, daß die Verleihung die Zuge-
hörigkeit Rügens zum Reich gerade gegenüber Dänemark betonen sollte, hat einiges für sich.
Siehe dazu CONRAD 1978, S. 391f., Anm. 6. - In der Folge anerkannten auch die Wolgaster Her-
zoge Karls IV. Königtum und leisteten gegenüber Barnim III. und vor Bischof Johann von Cam-
min in Stettin am 14. Oktober 1348 den Treueeid auf den neuen König: MGH Const VIII, Nr. 667. -
WEHRMANN 1897 S. 117. Gleichwohl blieben die Wolgaster auf Distanz zu Karl. Sie hatten
Barnim III. gelobt, die Huldigung bei nächster Gelegenheit vor Karl persönlich nachzuholen,
doch obwohl sich Karl den ganzen Oktober 1348 in nächster Nähe zu ihnen in der Mark Bran-
denburg aufhielt, fanden sie doch nicht den Weg zu ihm. Siehe dazu CONRAD 1978, S. 404f.
100 LAG, Rep. 2 Ducalia, Nr. 109, 114; MGH eConst II, Nr. 570304e; HEINEMANN 1899a, S. 173ff. -
SCHMIDT 1978, S. 205.
101 LAG, Rep. 2 Ducalia, Nr. 114; MGH eConst II, Nr. 570304ad u. e; HEINEMANN 1899a, S. 171-178.
102 LAG, Rep. 2 Ducalia, Nr. 112 = MGH eConst II, Nr. 570304b = DÄHNERT I, S. 4L, Nr. 2.
 
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