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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0275

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IV. Die verfassungsrechtliche Stellung

unscharf: »Wer herzogsgleich ist, ergibt sich auch aus der politischen Macht, einem au-
ßerrechtlichen Faktor. Und reichsunmittelbar sind im übrigen ebenfalls die Lehnsleute
des Königs, die nicht Reichsfürsten sind.«'' Da es also betontermaßen weder land- noch
lehnrechtlich eindeutige Kriterien gibt, die eine Zugehörigkeit zum Reichsfürstenstand
für das Hoch- und auch noch für weite Strecken des Spätmittelalters klar umreißen und
den Reichsfürstenstand ebenso deutlich von den anderen hochadeligen Geschlechtern
abgrenzen, erscheint es nur zu legitim, einmal ganz hypothetisch anzudenken, ob sich
nicht auch die Rügenfürsten, wie ihre slawischstämmigen Nachbarn in Mecklenburg
und Pommern, zu Reichsfürsten hätten fortentwickeln können.

IV.1.1 Rügische Handlungsspielräume in dänischer Vasallität
Vorweg sei betont: Die Frage nach einer Zugehörigkeit der Rügenfürsten zum Reichs-
fürstenstand stellte sich in der historischen Realität nicht. Angesichts der dänischen Do-
minanz an der südlichen Ostseeküste und hauptsächlich als Inhaber eines königlichen
Fahnlehens waren sie zuvorderst dem König von Dänemark zur Treue verpflichtet."
Und als dänische Vasallen eröffneten sich ihnen vielseitige politische Handlungsspiel-
räume.
Insbesondere Wizlaw II. und Wizlaw III. begegnen - vielleicht auch überlieferungs-
bedingt - als Teilnehmer zahlreicher dänischer Hof- und Reichstage." Durch ihre über
weite Strecken geradezu unverbrüchliche Vasallentreue dem dänischen Königtum ge-
genüber - erkennbar allein an den dänischen Kriegszügen, die mit rügischer Beteili-
gung durchgeführt wurden'", oder wenn sie dem König in irgendeiner Notsituation zur
Seite standen"* - erwarben sie sich innerhalb der dänischen Vasallität Rang und Namen,

17 Zitat aus LoRENz 2002, S. 77.
18 Vom Rügenfürsten als Inhaber eines Fahnlehens ist z. B. explizit bei der Belehnung Wizlaws III.
die Rede, die König Erich von Dänemark am 14. Oktober 1304 zu Vordingborg vornahm: Wizlaw
erhielt die von seinem Vater ererbten Länder Rügen, Stralsund, Grimmen, Tribsees und Barth
mit Städten und Zugehör als Fahnlehen (iure Jeoded ^uod uidgnrder JnHeieew düdur): PUB IV,
Nr. 2185 = FABRicius IV.l, Nr. 331 (527) = DÄHNERT, Suppl. I, S. 283, Nr. 29. - Siehe zu den Rügen-
fürsten als dänischen Lehnsmännern das noch Folgende.
19 HAMANN 1933, S. 17f.: Vordingborg/Nyborg 1194, Jurisborg 1235, Roeskilde 1250, Vordingborg
1256, Nyköping 1278, Vordingborg 1283, Nyborg 1286, Vordingborg/Nyborg 1287) Skjelfiskor
1288, Helsingborg 1288, Nyköping 1288, ohne Ortsangabe 1298, 1299, 1300, Rostock 1302, Vor-
dingborg 1304, Ribnitz 1310, vor Rostock 1311, Warnemünde 1312, Vordingborg 1314, Ribnitz
1315, Steege 1315, Vordingborg 1316, Ribnitz 1316, Rendsburg 1316, Vordingborg 1322, Vording-
borg 1324. - Siehe zu beiden Fürsten auch PYL 1898, S. 684ff.
20 Herbst 1170 Zug gegen Wollin und Cammin (Saxo 857), 6. Dezember 1170 Seesieg bei der Insel
Falster (Saxo 874), Juni/August 1177 Zug gegen die Odermündung (Saxo 920), Frühjahr 1178 ge-
gen Wolgast (Saxo 929), Juli/August 1184 gegen Wolgast, Usedom, Wohin und die Swinemün-
dung (Saxo 978ff.; Knytlingasaga 129), September 1184 gegen Tribsees (Saxo 982), April/Mai 1185
gegen Wolgast, Groswin und Cammin (Saxo 984ff.), 1198 gegen die Mark Brandenburg (Ar-
nold VI.9), 1219 gegen die Esten (Ann.Wald., A.D. 104; HuiTFELDT I, S. 184f.), Sommer 1289 (oder
1287?) gegen König Erich von Norwegen (Ann.Lund., A.D. 127; HuiTFELDT I, S. 301), 1312 gegen
Rostock (PUB V, Nr. 2739 = DD 11.6, Nr. 437 = MUB V, Nr. 3545; HuiTFELDT I, S. 360), Juli-Septem-
ber 1319 gegen Seeland (PUB V, Nr. 3276 = FABRicius IV.3, Nr. DXXXXVI (780). - Siehe dazu auch
HAMANN 1933, S. 32.
21 So half Wizlaw II. nach der Ermordung König Erich Klippings im Jahre 1289 dessen Witwe Ag-
nes und dem noch unmündigen Königssohn Erich Menved gegen die von Norwegen unterstütz-
ten Attentäter: Ann.Lund., A.D. 127: [...] et in snMMfo proxdno ierurd ornnes sdnu/ nd Gmna'sund,
cnsfriuH do??mü WiszUiu' per d?'e?n et wocfe?n midüs^Me üderjecü's de NorwegewsiÜMS
 
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