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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0293

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278

IV. Die verfassungsrechtliche Stellung

zogsgemahlin Sophia verwiesen^" und gleichzeitig festgelegt wurde, daß der Her-
zogssohn Bogislaw in das confMhernfMw/fh'orMW regz's aufgenommen, d. h. am polnischen
Hof mit den Söhnen des Königs erzogen werden sollte.*^ Als Erichs Gattin Sophia dann
1469 zum König nach Danzig eilte, um ihn unter erneutem Verweis auf ihre Verwandt-
schaft wieder um Vermittlung in der nunmehr kriegerischen Auseinandersetzung mit
Brandenburg zu bitten*^, schaltete sich dieser tatsächlich schlichtend ein und erreichte
auch den Abschluß eines Waffenstillstands.^ In der Zwischenzeit sollte nach pommer-
schem Wunsch auf dem polnischen Reichstag von Petrikau der Streit entschieden wer-
den.^ Freilich gelang es auch dem König, dem Erich als Lockmittel sogar die Lehnsab-
hängigkeit seines Herzogtums Pommern-Stolp angeboten haben soll, nicht, eine
Einigung der Kontrahenten zu bewirken. Den Herzogen blieb in dieser Situation, die
für sie noch dadurch verschlimmert wurde, daß sich der im Kampf um Böhmen, Schle-
sien und die Lausitz stark bedrängte Kaiser in der Aussicht auf brandenburgische Un-
terstützung im Dezember 1471 nun sogar zu einer unentgeltlichen Belehnung des neuen
Kurfürsten Albrecht Achilles mit Pommern bereitfand, nichts anderes übrig, als im Ver-
trag von Prenzlau am 30. Mai 1472 dem Kurfürsten zu huldigen und seinen Gebrauch
der pommerschen Titel und Wappen anzuerkennen V'

IY4 Der Belehnungsakt als Vehikel fürstlicher
Handlungsspielräume

Das vasallitische Gehorsams- und Treueverhältnis der Reichsfürsten gegenüber dem
König als Reichsoberhaupt kam in dem für die Reichsverfassung konstitutiven, rituel-
len Belehnungsakt zum Ausdruck. In seiner vollen zum 15. Jahrhundert überlieferten
Ausprägung war er allerdings für die Fürsten eine zweischneidige Sache'^, und viel-
leicht versuchten gerade deswegen die Pommernherzöge mehrfach, ihn zu umgehen.
Denn einerseits bildete der Belehnungsakt das »Kernelement fürstlicher Legitimität im
Reich«'G doch andererseits ging er mit einem eindeutigen Unterwerfungsritus, nämlich

136 SzuLTKA 2006, Nr. 106; WEISE 1955, II, Nr. 400. - Dazu auch GÄHTGENS 1890, S. 77. - Zuvor war es
zwischen beiden zu einer vorübergehenden Entfremdung gekommen, die aber ebenfalls durch
den vermittelnden Besuch von Erichs Gemahlin im königlichen Lager zu Friedland überwun-
den wurde. Zur Entfremdung hatte die Abtretung Lauenburgs an den Deutschen Orden geführt:
SzuLTKA 2006, Nr. 105, nach Dlugosz XII.l, S. 362f. - Dazu und zum Folgenden auch WEHRMANN
1901b. - Sophia war über ihre Mutter Maria mit dem polnischen Königshaus verwandt.
137 Dlugosz XII.2, S. 150. - BÖCKER 1995a, S. 385. - Bereits 1465 hatten Gesandte Erichs II. diesen
Wunsch geäußert, doch war das Anliegen von polnischer Seite allem Anschein nach nicht er-
hört worden: Dlugosz XII.2, S. 117f. (hieraus auch obiges Zitat)
138 SzuLTKA 2006, Nr. 110.
139 Vom 27. August 1469 bis zum 2. Januar 1470: Ebda., Nr. 111. - BÖCKER 1995a, S. 385.
140 SzuLTKA 2006, Nr. 112f. - Siehe zu den Verhandlungen von Petrikau 1469 auch KosEGARTEN 1857
S. 105ff.; BRANic 1997 S. 59.
141 CDB 11.5, Nr. 1892,1921. - BRANic 1997 S. 60.
142 Zum feierlichen Belehnungsakt und seiner Bedeutung siehe SriESS 2002, S. 171ff.; DERS. 2001a,
S. 277ff. Vgl. zudem SCHUBERT 1979, S. 302ff.
143 Zitat aus MoRAw 2002, S. 20. - Siehe dazu generell auch KRIEGER 1979; SCHUBERT 1979. - Deswe-
gen wird z.B. in Grabinschriften der Herzoge eigens auch auf die Belehnung durch den Kaiser
 
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