IV.4 Der Belehnungsakt als Vehikel fürstlicher Handlungsspielräume
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dem Kniefall vor dem Kaiser, einher. Mit der dann im Verlaufe des 16. Jahrhunderts ge-
steigerten Souveränität der Fürsten war der unterwürfige Kniefall immer weniger ver-
einbar, so daß seine publikumswirksame Inszenierung bald aus der Übung kam.'^
Die feierliche Belehnung hatte für die Reichsfürsten allerdings einen ganz konkre-
ten Nutzen in bezug auf ihre Handlungsspielräume. Denn im Umfeld der Belehnung
und bei der damit verbundenen persönlichen Begegnung mit dem Reichsoberhaupt
konnten sich die Fürsten oftmals wertvolle Privilegien sichern und die Unterstützung
des Königs im konkreten Bedarfsfall gewinnen.
Heinrich IV. der Dicke von Mecklenburg-Schwerin weilte etwa im Juni 1442 aus
Anlaß der feierlichen Krönung Friedrichs III. in Aachen, Köln und dann Frankfurt. In
Köln erlangte er am 24. Juni für sich, seinen Bruder Johann V. und seinen Vetter Hein-
rich d. Ä. von Mecklenburg-Stargard die Belehnung mit den mecklenburgischen Her-
zogtümern zur gesamten Hand und dabei erstmalig auch die königliche Bestätigung
der 1436 erfolgten Einverleibung des zuvor herrenlos gewordenen Fürstentums Werle-
Wenden.'U Am Tag darauf erwirkte Heinrich dann noch das Recht, die in Acht und Aber-
acht gefallene Stadt Rostock daraus zu entlassen und den Achtschatz einzubehaltenT"
Auf dem Wormser Reichstag von 1495 war Magnus II. mit seinem Sohn Heinrich V.
anwesend, wo sie am 15. Juli feierlich mit den mecklenburgischen Herrschaften belehnt
wurden.^ Im Umfeld der Belehnung erreichten die Mecklenburger von Maximilian -
wiederum übrigens nicht umsonst'^ - Privilegien, die für den weiteren Ausbau ihrer
Landesherrschaft wichtig waren und die ihnen somit mehr Handlungsspielräume ver-
schafften: das Recht zur Prägung von Goldmünzen, das den hohen fürstlichen Status
unterstrich^, und das Recht, daß sie und ihre Untertanen nicht vor die westfälischen
Femegerichte oder andere fremde Gerichte gezogen werden dürften - zentrale Voraus-
setzung für die Ausbildung landesherrlicher Gerichtshoheit.' ' Auch ihre schon länger
mit der Adelsfamilie Flotow um den Besitz des Landes Malchow und der Sommerbede
von Malchin ausgefochtenen Konflikte suchten sie damals mit königlicher Unterstüt-
zung in ihrem Sinne beizulegenU
hingewiesen, wie etwa bei Magnus II.: /Usf nhcMS Cnesnr Mfer^Mg meos /[...]/ H;'c ??n7ü JgMdo-
rum grntM &ÜM /ruf, nach KÜHNE 1896, S. 39.
144 Stattdessen wurde die Belehnung eines Fürsten, wenn er persönlich anwesend war, in einer
schlichten Zeremonie stehend in den Gemächern des Kaisers vorgenommen, oder aber fürstli-
che Gesandte nahmen diese entgegen. Dazu auch STOLLBERG-RiLiNGER 2006, S. 19.
145 LAS, Bestand 11.11, Nr. 71610; RKFrlll XX, Nr. 20. - EiBL 2006, S. 38. - Der Lehnsbrief wurde ihm
gegen Zahlung einer Gebühr in Höhe von 300 Gulden in zweifacher Ausfertigung ausgestellt:
LAS, Bestand 1.1-1 Kaiserliche Lehnbriefe, Nr. 8a und 8b, 10. - Zur Einverleibung des Fürsten-
tums Werle-Wenden siehe auch den Abschnitt 1.3.3.2.3.
146 LAS, Bestand 11.11, Nr. 7163-7165; RKFrlll XX, Nr. 11.
147 LAS, Bestand 11.11, Nr. 22609. Magnus' Bruder Balthasar blieb entschuldigt fern; Bestand 1.1-1
Urkunden, Kaiserliche Lehnbriefe, Nr. 12; 11.11, Nr. 22668; RI XIV.l, Nr. 2110; RTA MR V.2, S. 1376
und passim.
148 So ließe sich zumindest die Quittung Maximilians für die von Magnus II. gezahlten 1.000 Rhein.
Gulden zusätzlich (!) zu der ihm auferlegten Eilenden Hilfe in Höhe von 1.200 Rhein. Gulden
verstehen: RI XIV.l, Nr. 2210. Maximilian sicherte allerdings die Rückzahlung der gesamten
Summe aus dem ersten Geld zu, das die Kommissare der sieben Reichsschatzmeister in Meck-
lenburg einnehmen würden.
149 Dieses Privileg beinhaltete die Verleihung aller auch den rheinischen Kurfürsten (!) verliehenen
Münzprivilegien. Siehe RI XIV.l, Nr. 2369 und die Bemerkungen in Abschnitt 11.3.7.
150 LAS, Bestand 1.1-2 Urkunden, Kaiserliche Privilegien, Nr. 2; 11.11, Nr. 22656L, 22695L; RI XIV.l,
Nr. 2009.
151 LAS, Bestand 11.11, Nr. 22659L, 22663, 22693 und passim; RI XIV.l, Nr. 1869, 2166. Siehe zu der
Auseinandersetzung und ihrem Hintergrund die Bemerkungen in Abschnitt 1.3.5.1.2.
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dem Kniefall vor dem Kaiser, einher. Mit der dann im Verlaufe des 16. Jahrhunderts ge-
steigerten Souveränität der Fürsten war der unterwürfige Kniefall immer weniger ver-
einbar, so daß seine publikumswirksame Inszenierung bald aus der Übung kam.'^
Die feierliche Belehnung hatte für die Reichsfürsten allerdings einen ganz konkre-
ten Nutzen in bezug auf ihre Handlungsspielräume. Denn im Umfeld der Belehnung
und bei der damit verbundenen persönlichen Begegnung mit dem Reichsoberhaupt
konnten sich die Fürsten oftmals wertvolle Privilegien sichern und die Unterstützung
des Königs im konkreten Bedarfsfall gewinnen.
Heinrich IV. der Dicke von Mecklenburg-Schwerin weilte etwa im Juni 1442 aus
Anlaß der feierlichen Krönung Friedrichs III. in Aachen, Köln und dann Frankfurt. In
Köln erlangte er am 24. Juni für sich, seinen Bruder Johann V. und seinen Vetter Hein-
rich d. Ä. von Mecklenburg-Stargard die Belehnung mit den mecklenburgischen Her-
zogtümern zur gesamten Hand und dabei erstmalig auch die königliche Bestätigung
der 1436 erfolgten Einverleibung des zuvor herrenlos gewordenen Fürstentums Werle-
Wenden.'U Am Tag darauf erwirkte Heinrich dann noch das Recht, die in Acht und Aber-
acht gefallene Stadt Rostock daraus zu entlassen und den Achtschatz einzubehaltenT"
Auf dem Wormser Reichstag von 1495 war Magnus II. mit seinem Sohn Heinrich V.
anwesend, wo sie am 15. Juli feierlich mit den mecklenburgischen Herrschaften belehnt
wurden.^ Im Umfeld der Belehnung erreichten die Mecklenburger von Maximilian -
wiederum übrigens nicht umsonst'^ - Privilegien, die für den weiteren Ausbau ihrer
Landesherrschaft wichtig waren und die ihnen somit mehr Handlungsspielräume ver-
schafften: das Recht zur Prägung von Goldmünzen, das den hohen fürstlichen Status
unterstrich^, und das Recht, daß sie und ihre Untertanen nicht vor die westfälischen
Femegerichte oder andere fremde Gerichte gezogen werden dürften - zentrale Voraus-
setzung für die Ausbildung landesherrlicher Gerichtshoheit.' ' Auch ihre schon länger
mit der Adelsfamilie Flotow um den Besitz des Landes Malchow und der Sommerbede
von Malchin ausgefochtenen Konflikte suchten sie damals mit königlicher Unterstüt-
zung in ihrem Sinne beizulegenU
hingewiesen, wie etwa bei Magnus II.: /Usf nhcMS Cnesnr Mfer^Mg meos /[...]/ H;'c ??n7ü JgMdo-
rum grntM &ÜM /ruf, nach KÜHNE 1896, S. 39.
144 Stattdessen wurde die Belehnung eines Fürsten, wenn er persönlich anwesend war, in einer
schlichten Zeremonie stehend in den Gemächern des Kaisers vorgenommen, oder aber fürstli-
che Gesandte nahmen diese entgegen. Dazu auch STOLLBERG-RiLiNGER 2006, S. 19.
145 LAS, Bestand 11.11, Nr. 71610; RKFrlll XX, Nr. 20. - EiBL 2006, S. 38. - Der Lehnsbrief wurde ihm
gegen Zahlung einer Gebühr in Höhe von 300 Gulden in zweifacher Ausfertigung ausgestellt:
LAS, Bestand 1.1-1 Kaiserliche Lehnbriefe, Nr. 8a und 8b, 10. - Zur Einverleibung des Fürsten-
tums Werle-Wenden siehe auch den Abschnitt 1.3.3.2.3.
146 LAS, Bestand 11.11, Nr. 7163-7165; RKFrlll XX, Nr. 11.
147 LAS, Bestand 11.11, Nr. 22609. Magnus' Bruder Balthasar blieb entschuldigt fern; Bestand 1.1-1
Urkunden, Kaiserliche Lehnbriefe, Nr. 12; 11.11, Nr. 22668; RI XIV.l, Nr. 2110; RTA MR V.2, S. 1376
und passim.
148 So ließe sich zumindest die Quittung Maximilians für die von Magnus II. gezahlten 1.000 Rhein.
Gulden zusätzlich (!) zu der ihm auferlegten Eilenden Hilfe in Höhe von 1.200 Rhein. Gulden
verstehen: RI XIV.l, Nr. 2210. Maximilian sicherte allerdings die Rückzahlung der gesamten
Summe aus dem ersten Geld zu, das die Kommissare der sieben Reichsschatzmeister in Meck-
lenburg einnehmen würden.
149 Dieses Privileg beinhaltete die Verleihung aller auch den rheinischen Kurfürsten (!) verliehenen
Münzprivilegien. Siehe RI XIV.l, Nr. 2369 und die Bemerkungen in Abschnitt 11.3.7.
150 LAS, Bestand 1.1-2 Urkunden, Kaiserliche Privilegien, Nr. 2; 11.11, Nr. 22656L, 22695L; RI XIV.l,
Nr. 2009.
151 LAS, Bestand 11.11, Nr. 22659L, 22663, 22693 und passim; RI XIV.l, Nr. 1869, 2166. Siehe zu der
Auseinandersetzung und ihrem Hintergrund die Bemerkungen in Abschnitt 1.3.5.1.2.