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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0234

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111.2 Aufgaben und Rollen von Verwandten

219

111.2.2 Verwandte als Streitschlichter und Vertragsgaranten''
Nochmals sei an den Neubrandenburger Hausvertrag erinnert, der 1520 zwischen den
um Erbteilung streitenden Brüdern Heinrich V. und Albrecht VII. von Mecklenburg ge-
schlossen wurdet Der Vertrag war auf Vermittlung ihres Onkels mütterlicherseits, Bo-
gislaw X. von Pommern, zustande gekommen; und dieser Onkel sollte im weiteren Kon-
fliktfall gemeinsam mit den mecklenburgischen Landständen auch als Schlichter
auftreten. Zuvor schon hatten die in Sachsen und Hessen sitzenden Schwager beider
Herzoge eine Einigung herbeizuführen gesucht. In solchen Bestimmungen wird eine
wichtige Funktion sichtbar, welche den Verwandten, insbesondere den Kognaten und
Heiratsverwandten, damals im dynastisch-politischen Handeln offensichtlich zukam:
Gemeint ist ihr Einsatz bei Streitschlichtungen und Vertragsgarantien!"" Die Geschichte
der Fürsten und Herren des südlichen Ostseeraumes hält hierfür eine Menge Beispiele
parat.
So vermittelte Herzog Rudolf II. von Sachsen im Jahre 1363 eine Aussöhnung zwi-
schen Bischof Burchard von Havelberg und Herzog Albrecht II. von Mecklenburg und
besiegelte in seiner Mittlerfunktion auch den entsprechenden Urkundentext.''' Rudolfs
gleichnamiger Vater war Albrechts Onkel mütterlicherseits gewesen und hatte kräftig
dabei mitgewirkt, daß Albrecht die Herzogswürde erlangte!""
Am 22. Mai 1441 einigten sich die Herzoge Wartislaw IX. und Barnim VII. von
Pommern-Wolgast sowie Joachim von Pommern-Stettin mit ihrem Kontrahenten Her-
zog Heinrich d. Ä. von Mecklenburg-Stargard, ihre Fehde durch einen Schiedsspruch
Barnims VIII. von Pommern-Wolgast (zu Barth) beilegen zu lassen, nachdem bereits ein
Vermittlungsversuch des brandenburgischen Kurfürsten gescheitert war.''" Beide Seiten
waren mit dem zum Schlichter erkorenen Fürsten auf verschiedene Weise verwandt. So
hatte Herzog Heinrich Margarethe von Pommern-Stettin zur Mutter und war selbst in
erster Ehe mit Judith von Werle und in zweiter Ehe mit Ingeburg von Pommern verhei-
ratet!^ Judith war ihrerseits die Tochter Nikolaus V. von Werle aus seiner Ehe mit Sophie
von Pommern-Wolgast, welche eine Schwester des besagten Schlichters war. Heinrichs
d. Ä. Tante Anna hatte Wartislaw VI. zum Mann, welcher der Großvater des Schlichters
war usw.
Am 29. August 1449 vermittelten die Herzoge Bernhard II. von Sachsen-Lauenburg
sowie Wartislaw IX. und Barnim VII. (oder VIII.) zwischen den Herzogen Heinrich d. Ä.
und d. J. von Mecklenburg einer- und Herzog Joachim von Pommern-Stettin anderer-
seits.^" Die vielfältigen dynastischen Beziehungen zwischen den Mecklenburgern und
den Pommern wurden eben angerissen. Bernhard II. war selbst mit Adelheid von Pom-
mern verheiratet - ihr Großvater Bogislaw V. und der Urgroßvater der beiden pommer-
schen Schlichter waren Brüder gewesen -, wohingegen seine Schwester Katharina die
Mutter Heinrichs d. J. von Mecklenburg war!"*

123 Siehe zu diesem Abschnitt insgesamt die Tafeln im Anhang, welche die Verwandtschaftsver-
hältnisse der Streitschlichter verdeutlichen.
124 Siehe dazu Abschnitt 111.1.2.
125 Siehe dazu auch SriESS 1993, S. 502ff. Die Garantie fassen wir regelmäßig, wenn nicht im Ver-
tragstext selbst, über den Siegelvorgang.
126 CDBI.2,Nr.37.
127 ScHWENNiCKE 1984,1, Tf. 82.
128 LAS, Bestand 1.1-12 Pommern, Nr. 49; 11.11, Nr. 6869.
129 Dazu und auch zum Folgenden ScHWENNiCKE 1984,1, Tf. 138 u. 143 sowie 111.1, Tf. 1-3.
130 LAS, Bestand 1.1-12 Pommern, Nr. 52f.; 11.11, Nr. 24613f.
131 SCHWENNICKE 1984,1, Tf. 80.
 
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