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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0337

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322

V. Fürstliches Rangbewußtsein und dynastische Repräsentation

in Wolgast wachhalten.' ' Zwei bildliche Darstellungen, die im Auftrag des Herzogs an-
gefertigt wurden und von denen man die eine an einem Pfeiler der Stettiner Ottenkir-
che befestigte, erinnerten zusätzlich daran.' " Nicht zuletzt stellte noch das Epitaph des
Herzogs, das sein Sohn Barnim IX. für ihn anfertigen ließ - unabhängig von der darin
wiederzufindenden, allgemein auf Grabmälern und Altarbildern vorkommenden
Bildallegorie' -, Bezüge zur Jerusalemreise des Herzogs her, indem es ihn und seine
Familie vor dem Hintergrund des in Gold gehaltenen himmlischen Jerusalems kniend
und betend vor dem Gekreuzigten zeigtet

V.3.4 Antiquitas
Zum fürstlichen Grundverständnis zählte zudem die Überzeugung von der UHiäytühis
und Kontinuität der eigenen Dynastie. Gerade Historiographie und Genealogie boten
hierfür ein geeignetes »propagandistisches« Instrumentarium. Insbesondere seit der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde eine Reihe teilweise künstlerisch sehr an-
spruchsvoll gestalteter, handschriftlicher oder gedruckter Stammbäume angefertigt,
welche im Falle der pommerschen Greifen die Abstammung der damals lebenden Her-
zogsfamilie bisweilen geradezu überdimensioniert, wenn man an die vorkommenden
Größenverhältnisse von bis zu zweieinhalb Metern Länge denkt, vor Augen führten.^
Gemeinhin wiesen diese Stammbäume des 16. und 17. Jahrhunderts in direkter Linie die
Herkunft der regierenden Greifen von einem slawischen Fürsten namens Swantibor
nach, der laut Aussage etwa des heute in Wolfenbüttel befindlichen Greifenstamm-
baums ein Heyif Vn-C/zn'sf war und 1107 verstorben sein soll.'" Die Dynastie konnte
also auf eine rund 500jährige Geschichte zurückblicken. Das ist gewiß nicht wenig, doch
blieb die Greifendynastie mit einer solchen Zeitspanne tendenziell hinter anderen Für-
stenhäusern zurück, die zur selben Zeit nicht müde wurden, auf ihre antike Herkunft
zu pochen.^ An weiter in der Geschichte zurückgehenden Bemühungen und Ansätzen
fehlte es freilich auch in Pommern nicht: So löste zwar der Hofrat Jurga Valentin von
Winther sein 1614 gegenüber Philipp II. gegebenes Versprechen, er werde die pommer-
sche Genealogie bis zur Zeit Kaiser Ludwigs des Frommen, also rund dreihundert Jahre
vor Swantibor liegend, zurückverfolgen, nicht ein. Denn der Autor starb zu früh, und
sein Werk blieb lediglich ein Torso.' " 1574 hatte aber schon der Chronist Valentin

131 NoLTE 1998, S. 156.
132 Neben der schon zitierten Literatur auch (MuELLER) 1894, S. 68.
133 Siehe z. B. nur den Hochaltar im Güstrower Dom, auf dem seine beiden Stifter, die mecklenbur-
gischen Herzoge Balthasar und Magnus II., kniend und betend an der Kreuzigungsszene teil-
nehmen. Dazu FRÜNDT 1963, Abb. 25 (schwarz-weiß) und das farbige Detail in WERLiCH 2004b,
S. 139, Abb. 11.
134 Siehe die Abbildung bei WERLiCH 2004, S. 19; BETHE 1937a, S. 34; ÜEMCKE 1898. - Zum Epitaph
auch SCHMIDT 1996, S. 12; KoNOw 1974, S. 70f.; (MÜLLER) 1894a, S. 49ff.
135 Dazu zusammenfassend WERLiCH 2005. Auch zum Folgenden. - Mittelalterliche Vorläufer dieser
prächtigen Stammbäume waren in Pommern u. a. eine im Prämonstratenserstift Pudagla gemalte
Pergamenttafel genealogischen Inhalts (genaues Entstehungsdatum unbekannt), die sog. Cam-
miner Genealogie aus dem 14. Jahrhundert, ein Stammbaum im Stettiner Liber Sancti Jacobi von
1468 sowie eine entsprechende Partie in der im Stettiner Erbfolgestreit entstandenen Verteidi-
gungsschrift VofuL? snü's HoäiMz's [...]. Vgl. dazu auch ALVERMANN 2001, S. 143ff.
136 WERLiCH 2004, S. 25 (Abbildung). - Siehe auch LAG, Rep. 41, Nr. 16, Bl. 4.
137 Siehe z. B. für Habsburg LHOTSKY 1971.
138 BoLLNOw 1937 S. 32f. Auch zum Folgenden.
 
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