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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0279

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IV. Die verfassungsrechtliche Stellung

Obwohl die zeitgenössischen Quellen die Fürsten von Rügen nicht als Reichsfür-
sten ansprechen und ihnen daher auch die traditionelle Geschichtsschreibung den Rang
von Reichsfürsten verwehrt, legt also ein ganzes Bündel von Indizien die Mutmaßung
nahe, daß sich die slawische Dynastie der Rügenfürsten, wie ihre mecklenburgischen
und pommerschen Nachbarn, auf dem besten Wege in den Reichsfürstenstand befand
und daß sie diesen gewiß auch fortgesetzt hätte, wäre sie nicht vorher im Mannesstamm
erloschen. Ihre Ansiedlung auf genau einer rangmäßigen Stufe mit den Nachbarn ist
folglich angebracht. Damit hätten sich den Rügenfürsten ähnliche verfassungsrechtli-
che Optionen geboten, zu mehr Handlungsspielraum zu gelangen, wie sie die Herzoge
von Mecklenburg und Pommern dann tatsächlich auch nutzten.

IV.2 Von slawischen Magnaten zu Reichsfürsten

Von epochaler Bedeutung für die Zugehörigkeit zum Reichsfürstenstand wurde für die
Fürsten von Pommern und Mecklenburg die Regierungszeit Karls IVA Hintergründi-
ges Motiv seitens des Luxemburgers war offensichtlich die Intention, die Beziehungen
einer weitgehend autogenen Herrschaft zum Reich durch die Eingliederung in den
Reichslehnsverband zu festigen oder überhaupt erst zu begründen bzw. über die Erhe-
bung in den Reichsfürstenstand eine Integration des Reiches zu bewirken und seinen
inneren Zusammenhalt zu festigen^, während die politischen Auseinandersetzungen
mit den Wittelsbachern um die Königswürde und die Mark Brandenburg den vorder-
gründigen Anlaß hierzu lieferten. Doch wie stand es mit der Motivlage auf der Seite der
Pommern und Mecklenburger? Was konnten sie sich von einem Aufstieg in den sog.
Reichsfürstenstand versprechen und wie wirkte sich die Zugehörigkeit zu diesem kon-
kret aus?
Rein formal gesehen hatte das Reichsfürstsein - trotz und wegen der damit ver-
bundenen vor allem finanziellen ReichsverpflichtungeiV - einen unschätzbaren Vorteil

44 Umgekehrt ist es zu den größten Leistungen des Luxemburgers für das Reich zu rechnen, daß
ihm auf dem Wege von deren Anerkennung als Reichsfürsten die feste Einbeziehung Mecklen-
burgs und Pommerns in den Reichsverband gelang. Siehe dazu etwa SCHUBERT 1979, S. 80f.
45 Dazu ScHLiNKER 1999, S. 218f., 221f. gerade an Beispielen königsferner Räume am Niederrhein
und im Norden und Nordosten des Reiches, im gewissen Gegensatz zu KRIEGER 1979, S. 577ff.
Schlinker spricht demzufolge - zurecht - vom »Königtum als Promotor der Territorialisierung
des Reiches«. - Siehe auch SriESS 2002, S. 38; SANMANN-v. BÜLOw 1942, S. 48-51 speziell zu Pom-
mern und Mecklenburg. Zu den damaligen Integrations- und Konsolidierungsproblemen allge-
mein ISENMANN 1987.
46 Pommern z.B. konnte theoretisch Forderungen des Königs auf Unterstützung seiner Reichsre-
gierung als Druckmittel bei der gewünschten Anerkennung als reichsunmittelbares Fürsten-
tum einsetzen. So äußerten die königlichen Räte im Jahre 1495 die Befürchtung, daß der Pom-
mernherzog die Zahlung der damals gewünschten Hilfe in Höhe von 1.200 Rhein. Gulden
ablehnen könne, wenn seine lehnsrechtliche Abhängigkeit von der Mark Brandenburg von sei-
ten des Königs anerkannt werde: RI XIV.l, Nr. 2259. Und Bogislaw X. machte dies tatsächlich
auch praktisch. Im Jahre 1508 etwa entgegnete er auf die kaiserliche Aufforderung, den Reichs-
tag entweder persönlich oder durch bevollmächtigte Gesandte zu beschicken, daß er dem Kai-
ser oftmals versichert habe, daß er ihm in diesen und anderen Angelegenheiten jederzeit den
schuldigen Gehorsam leisten wolle, so /erre mir dos jirennigtze dos mir ois eynezzz /irrstem des rez'ctzs on
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