Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0332

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
V.3 Rangbewußtsein und Repräsentation im Nordosten um 1500

317

rieh III., im Jahre 1383". Ein Blick in die Chronistik offenbart kein anderes Bild: Thomas
Kantzow z. B. berichtet in den einzelnen Fassungen seiner pommerschen Chronik aus-
führlich, teilweise nahezu ausschließlich, von den Kriegstaten und Kriegserfolgen ver-
schiedener Angehöriger des Greifengeschlechts." Die Stammbäume, die auch mit Kurz-
informationen zu den Dargestellten versehen sind, führen in diesen Texten dergleichen
anC Es ging darum, bewaffnet für seine wie auch immer geartete Sache einzustehen.
Nochmals muß es also erstaunen, daß moderne Historiker den Greifen eine »passive
Grundhaltung« bescheinigen wollen und daß sie Pommern eine stabilisierende und
ausgleichende Rolle im zeitgenössischen »Mächtekonzert« zu weisen." Die Greifenher-
zöge waren nicht mehr und nicht weniger kriegerisch als andere Fürsten der Zeit. Und
diese Eigenschaft machte einen wichtigen Teil ihres Selbstbewußtseins in Wort und -
denken wir nochmals an die Verherrlichung Barnims III. als Kriegsfürsten auf dem Stet-
tiner Barnimgedenkstein - Bild aus. Wo sich den Pommern- und natürlich auch den
Mecklenburger Herzogen*" im Rahmen ihrer Möglichkeiten und im Kontext der dama-
ligen rechtlichen wie politischen Zusammenhänge die Gelegenheit zu aggressiver Poli-
tik bot, nutzten sie diese.

V.3.2 Largitas
Als weiteres Leitbild, das der fürstlichen Selbstsicht gewissermaßen implementiert war,
zählte allgemein und auch in unserem Falle die Herrschertugend des materiellen Desin-
teresses bzw. der Freigebigkeit, der DrgiUs also, »die über das Schenken Sympathien
schafft und die gesellschaftliche Kommunikation fördert«.*" »Mehr als die snperU'a, den
Hochmut, fürchtet der Edelmann die den knausrigen Geiz.«.Immer wieder
stoßen wir auf Motive fürstlicher Freigebigkeit und Großzügigkeit in den Texten. Als
der brandenburgische Markgraf Johann Cicero Herzog Bogislaw X. 1482 in Uecker-
münde einen Besuch abstattete, verwöhnte der Herzog seinen Gast mit einer reich ge-
deckten Tafel: Eine Bestellung der Hofküche nennt Hafer, vier Last Bernauer Bier, elf
Faß Pasewalker Bier, zwei Fäßchen Malvasier, eine Tonne Rheinwein, eine Tonne spani-
schen Weines, eine Tonne Griechenwein, Konfekt, zehn Pfund Zucker, neun Pfund Man-
deln, zwei Körbe Rosinen, 20 Pfund kleine Rosinen, zehn Pfund Gewürznelken, sechs
Pfund Zimt, ein halbes Buch Schaumgold zum Verzieren, ein halbes Pfund Anis, 50
Pfund Reis, zehn fette Schweine, eine halbe Tonne Honig, ein Wispel Weizen, Heidel-
beeren zum Färben, Essig, Zwiebeln, Eier, Ochsen, Schafe, Hühner, Wildbret, Biber-
schwanz, Dorsch, Hering, Trockenfisch, Flachfisch, Stockfisch, Pfeffer, Safran, Ingwer,

94 Siehe die entsprechenden Verse seiner Grabinschrift: Hie gnwifer cecidif, sienf gens pinrinm aidif, / ln
fornenmenfis snä e^ni ?noie pre?nenfis. / Dncifnr nd iecfrnn ^ne?n aisif pieäs iäi feefrnn, / Cernifnr nrinn, nd
Jnaif en?n ?Hedici?M,' / Lief poprdns, ?norif pnfre?n sepeiifnr [...], nach KÜHNE 1896, S. 38.
95 Z. B. Kantzow 1929, S. 123ff. (passim).
96 WERLiCH 2004, S. 23 (Abbildung zu Otto I.).
97 Zitate aus PETERSOHN 1983, S. 115. Auch zum Folgenden. Siehe dazu auch die Diskussion in Ab-
schnitt 1.3.3.
98 Siehe z. B. die entsprechenden Passagen in der Biographie zu Heinrich II. dem Löwen bei Niko-
laus Marschalk (RörcKE 1995, S. 103f. passim), Heinrich IV. (ebda., S. 114: [...] wnr [...] seinen Fein-
den erscdrecHicd.), Balthasar (ebda., S. 118: [...] so rdeirefe er docir aernnffeisf eines Mutigen dreijddrigen
Krieges [...] soicire i/nn äezeigefe SciwMcd.) usw. - Dazu auch G. WERNER 2002, S. 187.
99 ZoTz 2002, S. 188f.
100 PARAviciNi 2006, S. 404.
 
Annotationen