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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0229

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III. Fürst, Familie und Dynastie

Landes, wie sie sich dann im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts allmählich verfesti-
gen und im Ergebnis zur zweiten Hauptlandesteilung von 1621 führen sollte.*"
Magnus II. setzte sich also mit seinem Wunsch, die Einheit der Dynastie und der
Landesherrschaft im Sinne einer Hausobservanz zu bewahren, nicht durch. Während
sein ältester Sohn sich daran halten wollte - ihm fiel das schon deswegen nicht schwer,
weil er von einer solchen Lösung am meisten profitieren mußte -, opponierte der jüngste,
Albrecht VII., dagegen, da ihn diese benachteiligte. Seine Opposition bereitete, länger-
fristig gesehen, die Teilung Mecklenburgs vor, wie sie für die weitere Geschichte des
Landes bestimmend werden sollte. Umgekehrt stellte der Wunsch nach einer Hausob-
servanz, die dem Jüngeren im Interesse der Gesamtdynastie einen Verzicht auferlegen
mußte, zusammen mit dem Verhandlungsgeschick des älteren Bruders^ für Albrecht
ein nicht zu unterschätzendes Hemmnis auf dem Weg zur Durchsetzung seiner Tei-
lungswünsche dar. Wie schwer es war, belegt die Tatsache, daß er sich trotz seiner jahre-
langen Bemühungen nicht vollständig gegenüber seinem Bruder durchzusetzen wußte.
Doch war diese Einschränkung seiner Handlungsspielräume wohlgemerkt nicht nur
eine Folge der von Heinrich verfochtenen Hausobservanz, sondern weil auch andere
Faktoren dem Teilungsvorhaben entgegenstanden: Auf der allgemeinen Ebene ist mög-
licherweise schon an das sich damals allmählich etablierende Prinzip der Primogenitur
zu denken, das auch der Historiograph Nikolaus Marschalk im Interesse seines Herrn
und Auftraggebers Heinrich im Rahmen seiner Opera propagierte^, im besonderen
mecklenburgischen Falle zudem an die zu diesem Zeitpunkt erreichte und von Heinrich
im eigenen Interesse begünstigte Machtstellung der Stände, die sich der Teilungspolitik
Albrechts in den Weg stellten, was seine innenpolitische Position sehr schwächte.
Es stellt sich die Frage, ob Albrecht sich nicht doch hätte durchsetzen können und
warum er 1534 unter der Vermittlung Lübecks und Rostocks in den Interimskompro-
miß einlenkte, der die Teilungsfrage um weitere 20 Jahre nach hinten verschob. Ange-
sichts des damals von beiden Fürsten erreichten Alters bedeutete eine solche Vertrags-
laufzeit für Albrecht faktisch auf Lebenszeit einen Verzicht auf vollständige Teilung. Bei
der Suche nach einer Antwort wird deutlich, daß hinter Albrechts hartnäckigem Wider-
stand nicht nur der Ehrgeiz stand, als Fürst selbständig agieren zu wollen, sondern daß
sich auch handfeste materielle Interessen dahinter verbargen: Der Zugriff auf die Res-
sourcen einer Landesherrschaft bildete nämlich die Grundlage für weitgesteckte außen-
politische Ambitionen, wie sie in seinem Eingreifen im dänischen Thronstreit zum Aus-
druck kommen sollten. Die außenpolitischen Verwicklungen waren es letztlich auch.

93 Siehe dazu ausführlich VÖGE 1994, S. 158ff.
94 In der 1522/23 ausgefochtenen Frage der Zulassung nichtmecklenburgischer Zeugen konterte
Fleinrich z. B. auf Albrechts Begründung der nach dem sächsischen und geistlichen Recht
grundsätzlich möglichen Teilbarkeit von Territorien, daß der Sachsenspiegel und das kirchliche
Lehnrecht für Mecklenburg nicht gelten würden. Dazu SELLMER 1999, S. 30; BEHNCKE 1927,
S. 121,128.
95 Marschalks Werk hob die altehrwürdige, natürliche wie unverbrüchliche Einheit von Land und
Dynastie besonders hervor (siehe G. WERNER 2002, S. 204). Das diente natürlich auch der Unter-
mauerung des Hausbewußtseins und des dynastischen Einheitsgedankens. Wie an sich nicht
anders zu erwarten, stellte sich Marschalk damit - zwischen den Zeilen, denn offen äußerte er
sich dazu nicht - gegen Albrechts VII. Teilungspolitik. So auch die Interpretation von STUDT
2005, S. 246 bzw. DiES. 2007) S. 50f., hier S. 50: »Offenbar sollten mit dieser dichten und vielgestal-
tigen Repräsentationskampagne sowohl das Hausbewußtsein gestärkt als auch die Stände, die
sich der von Albrecht (VII., O. A.) massiv vertretenen Teilungspolitik widersetzten, zur Unter-
stützung der von Heinrich (V., O. A.) favorisierten Hausordnung gewonnen werden.« - Wohl
nicht von ungefähr fiel daher Albrechts Lebensbeschreibung im Vergleich zu der Biographie
seines Bruders Heinrich, des Auftraggebers von Marschalk, im Umfang mehr als dürftig aus.
 
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