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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0272

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IV. Die verfassungsrechtliche Stellung

Ähnlich eng wie die wirtschaftlich-finanzielle oder die familiär-dynastische Seite hängt
die verfassungsrechtliche Koordinate mit dem im ersten Kapitel abgehandelten Raum
zusammen: Je nach der politischen, aber auch wirtschaftlichen oder kulturellen Zuge-
hörigkeit zu einem bestimmten übergeordneten Raum nahm der Herrschaftsbereich
eines Fürsten oder Herren mehr oder minder starken Anteil an den verfassungs-
rechtlichen Verhältnissen, die in ebendiesem Raum bestanden bzw. geschaffen, entwi-
ckelt und verändert wurden/ Ein zentrales verfassungsgeschichtliches Movens war da-
bei im Mittelalter bekanntermaßen das Lehnswesen.' Welche Rolle es etwa als politisches
Gestaltungsmittel in Reaktion auf verschiedene Herausforderungen des Raums spielen
konnte, wurde hier bereits am Beispiel von Vasallitätswechseln und Mehrfachvasallitä-
ten untersucht/
Die verfassungsrechtlichen Verhältnisse beginnen für den südlichen Ostseeraum
im Verlaufe des 13. Jahrhunderts insgesamt klarer zu werden. Spätestens seit dieser Zeit
stellte für die Region - mit Ausnahme des noch fest in den dänischen Lehnsverband
eingefügten Fürstentums Rügeiü - das Reich den verfassungsrechtlichen Referenzrah-
men dar. Seit dem 14. Jahrhundert ist die Zugehörigkeit sowohl Mecklenburgs als auch
Pommerns zum Reich unbestritten, sieht man einmal von den besonderen Fällen Ro-
stock, Schwaan und Gnoien als dänische Lehen in Mecklenburg bzw. der Lande Lauen-
burg und Bütow mit ihrem strittigen Lehnsstatus im äußersten Osten Pommerns ab/

1 Der enge Konnex beider Bereiche trieb z.B. immer wieder Peter Moraw um. Siehe dazu etwa
MoRAw 2006 u. z. B. schon DERS. 1997a, auch 1998 u. 1987.
2 Diese Aussage trifft für die hier in den Blick genommene Zeit ab dem 12. Jahrhundert, unabhän-
gig von zurecht eingetretenen interpretatorischen Verunsicherungen bezüglich seiner politi-
schen Relevanz für das Früh- und Hochmittelalter, immer noch zu. Dazu zusammenfassend
DENDORFER 2004; KwiATKOwsKi 2004; SpiESS 2002.
3 Siehe dazu nochmals die Abschnitte I.3.1.1 u. 1.3.1.3.
4 Dazu HAMANN 1933. Dies stimmt uneingeschränkt freilich nur schon wieder für die Insel Rü-
gen, nicht aber für den zugehörigen Festlandsbesitz. 1326 erfolgte jedenfalls die Belehnung Her-
zogs Wartislaws IV. für Rügen durch den dänischen König Christof II. (PUB VII, Nr. 4183 -
DD 11.9, Nr. 270 [Regest]), 1350/51 bezeichneten die Pommernherzöge den dänischen König Wal-
demar IV. als Mse /;ere und Musen (zerren (DD 111.3, Nr. 335, 454), und noch 1376 huldigten die Her-
zoge Wartislaw VI. und Bogislaw VI. von Pommern-Wolgast König Olaf von Dänemark für das
Fürstentum Rügen (DD 111.3, Nr. 238f.). Erst im 15. Jahrhundert erfuhren diese Lehnsbindungen
keine Beachtung mehr, ohne daß ein offizieller dänischer Verzicht darauf erfolgt zu sein scheint
(BiEWER 1997) S. 39 schreibt freilich, daß Erich von Pommern Rügen 1438 aus der dänischen
Lehnshoheit entlassen habe. Ein Beleg dafür wird nicht geliefert). - Siehe dazu auch PETERSOHN
1983, S. 112f.
5 Dazu kurzgefaßt ScHLiNKER 1999, S. 149 bzw. PETERSOHN 1983, S. 113f. mit den dort angegebe-
nen weiterführenden Quellen und Literaturhinweisen. Nach wie vor kontrovers diskutiert wird
die Frage, wie weit sich zum Ausgang des 14. und zu Beginn des 15. Jahrhunderts der Vasallen-
status der Herzoge von Pommern-Stolp gegenüber dem polnischen König erstreckte. Unbestrit-
ten scheint der um diese Zeit angestrengte polnische Versuch, das Herzogtum - ob nun auf dem
Wege einer Union oder über ein dichtes Bündnisnetz - enger an Polen zu binden. Siehe dazu
 
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