Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0297

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
282

IV. Die verfassungsrechtliche Stellung

fehlt'"/ so nicht ganz zutreffend ist: Es kam in einem solchen Fall auch auf den längeren
Atem (und ein gutes Gedächtnis) an und darauf, ob sich durch den Gang der Ereignisse
nicht doch noch eine Chance nicht zur juristischen oder gar militärischen, aber zur poli-
tischen Sanktion ergab. Friedrich III. war für seine Fähigkeit, Probleme auszusitzen,
sprichwörtlich bekannt; der Lauf der Dinge im Zusammenhang mit dem Stettiner Erb-
folgestreit bot ihm diese willkommene Chance.

IV.5 Reichstagsbesuche und Königsdienst

Das gerade zu Bogislaws Bemühungen, zur ersehnten Reichsunmittelbarkeit zu gelan-
gen, Gesagte deutete es bereits an: »Das Reich war keineswegs nur Lehnsverband, es
war darüber hinaus ein Verband aller derjenigen, die an bestimmten gemeinsamen, seit
dem ausgehenden 15. Jahrhundert herausgebildeten Institutionen Anteil hatten: an den
Reichstagen als zentralen politischen Beratungsinstanzen, den höchsten Reichsgerich-
ten und den Reichskreisen als regionalen Exekutivorganisationen.«"" Gerade die Reichs-
tage, auf denen auch die eben berührten Belehnungen erfolgten, spielten als zentrale
Bühne des politischen Geschehens und Kontaktbörse im Reich für die Fürsten eine
wichtige Rolle, um Handlungsspielräume zu gewinnen oder zu bewahren)""
Peter Moraw sieht den Hoftagsbesuch weltlicher Fürsten aus dem Reichsnorden bis
zum Ende des 15. Jahrhunderts schon wegen des deutschen Regionalismus als nur
punktuell und sporadisch an."" Der Befund wird durch die eruierbaren Daten grund-
sätzlich bestätigt, wenn freilich auch Quellenverluste in Rechnung zu stellen sind. In
der Zeit der Könige Wenzel, Ruprecht sowie Albrecht II. lassen sich z. B. gar keine Besu-
che mecklenburgischer oder pommerscher Fürsten belegen. Aber auch unter Karl IV.
und Friedrich III. (bis 1471), ja selbst unter Sigismund sind die Teilnahmen eher selten:
Zum Jahreswechsel 1356/57 war Johann I. von Mecklenburg in Metz anwesend, als
Karl IV. dorthin eine Reichsversammlung berufen hatte)"" In Nürnberg fand sich im
Juni/Juli 1360 Kasimir III. von Pommern-Stettin ein.'"" Kein Jahr später war er gemein-
sam mit seinem Vater Barnim III. auf dem nächsten Nürnberger Tag zugegenT" Wieder
in Nürnberg gab sich Wartislaw IX. von Pommern-Wolgast im September und Oktober
1414 ein Stelldichein)^ Von der Anwesenheit der Pommernherzöge in Konstanz 1417
164 KRIEGER 1979, S. 440ff. Dazu auch SriESS 2002, S. 43.
165 Zitat aus STOLLBERG-RlLINGER 2006, S. 19.
166 Vgl. etwa SCHUBERT 1979, S. 323ff. zur verfassungsgeschichtlichen Rolle des Reichstags im spät-
mittelalterlichen Reich. - Die andere Seite der Medaille war freilich der Geldaufwand, den ein
Reichstagsbesuch nötig machte, besonders wenn sich seine Dauer in die Länge zog. Zum Augs-
burger Reichstag des Jahres 1500 erfahren wir ausdrücklich von den hohen Kosten, die er den
Kurfürsten verursachte. Andere Fürsten und Herren seien deswegen nur mit einem kleinen Ge-
folge erschienen. So seien an einem Tag die vier Fürsten von Sachsen, Brandenburg-Ansbach,
Braunschweig und Mecklenburg gemeinsam mit nur 90 Reitern Gefolge eingeritten: RI XIV.3,
Nr. 10039.
167 MoRAw 1990, S. 60 und DERS. 2002, S. 27f.
168 ANNAS 2004, S. 62.
169 Ebda., S. 70.
170 Ebda., S. 82.
171 Ebda., S. 229. Er folgte dem König im Oktober des gleichen Jahres noch nach Heilbronn und im
November nach Aachen: Ebda., S. 235, 241.
 
Annotationen